E.ON Avacon überprüft Netz im Norden Sachsen-Anhalts Stromleitungen und Masten werden aus der Luft erkundet
Immer im Herbst kontrolliert der Strom- und Gasversorger E.ON Avacon das gesamte 110-kV-Netz im nördlichen Sachsen-Anhalt. Im vergangenen Jahr wurden Masten und Leitungen vom Boden aus erkundet, in diesem Jahr vom Hubschrauber aus. Eine volle Arbeitswoche dauert das Befliegen der insgesamt 730 Kilometer langen Trasse mit 2600 Stahlgittermasten.
Magdeburg. Bis auf zehn Meter bringt Pilot Siegfried Lange den Hubschrauber Bell Jet Ranger III an die Leitungen heran. Auf dem Plan steht zunächst der Trassenabschnitt Magdeburg-Hakenstedt – bei Sonnenschein, ein paar lockeren Wolken und leichtem Westwind. Lange und das Fluggerät gehören zu DHD Heliservice aus Groß Kreutz an der Havel. Die Firma mit Hauptsitz in Koblenz und einer weiteren Niederlassung in Dresden arbeitet seit Jahren mit E.ON Avacon bei den turnusmäßigen Netz-Kontrollen zusammen.
Für Ingenieur Thomas Seidel vom Betriebsmanagement des Energieversorgers und für Meister Horst Euen sind die Flüge eine schöne Abwechslung im Arbeitsalltag. Aber auch diese "Ausflüge" fordern die volle Konzentration. "Die Masten sind durchnummeriert, jeder wird sorgfältig kontrolliert", so Seidel. Es geht um den Allgemeinzustand der Anlagen, um Beschädigungen an Mastköpfen und Seilen, um den Zustand der Isolatorenketten.
Rabenvögel richten sich im Frühjahr gern auf den Querträgern der Masten ein. Ihre verlassenen Niststätten können später zum Problem werden, weil herabhängende Baumaterialien teilweise die Isolationsstrecke verkürzen und Lichtbogenüberschläge verursachen. Es kommt zu Spannungsschwankungen, die Isolatoren nehmen Schaden. Besonders groß ist diese Gefahr, wenn die Rabenvögel Drähte und Schnüre für den Bau ihrer Nester verwendet haben.
Mit Stift und Kamera werden alle Auffälligkeiten dokumentiert. Für Euen ist das die Grundlage für den Winterarbeitsplan. Bewuchs ist auf der Strecke Magdeburg Hakenstedt das Hauptproblem, hier und da ein altes Nest oder ein abgefallenes Schild. Die Seile sind in Ordnung. Das ist nicht überall so, berichten Thomas Seidel und Horst Euen: Entlang von Flüssen hängt auch schon mal eine Angelschnur in einer Leitung, und Schäden durch Schrot, mit dem ein Jäger auf Gänse geschossen hat, kommen auch mal vor.
Um den Bewuchs zu entfernen, ist Zeit bis zum März, dann beginnt die neue Nistsaison. "Die Büsche erzeugen ein Mikroklima, das Korrosion begünstigt", erklärt Euen, warum das "Grünzeug" an den Mastfüßen weg muss.
Siegfried Lange fliegt den Hubschrauber in Höhe der Leiterseile – 20 bis 25 Meter über dem Erdboden, mit Geschwindigkeiten von 15 bis 25 Stundenkilometern. Insgesamt mehr als 40 Flugstunden werden bei guten Witterungsbedingungen benötigt. Auf einem Teilabschnitt bei Wernigerode machte das Wetter dem Piloten und den Mitarbeitern von E.ON Avacon in der vergangenen Woche einen Strich durch die Rechnung. In den von Stromleitungen überspannten Tälern verstärkte der Düseneffekt die durch Starkwind verursachten Turbulenzen. Sicherheit geht vor: Die 25 Masten werden nun konventionell – mit dem Fernglas begutachtet.