Großaufträge für Wernigeröder Elektromotorenbauer VEM rüstet Walzwerke in Indien und der Türkei aus
Die VEM-Gruppe begeht in diesem Jahr drei Jubiläen: 125 Jahre Elektromaschinenbau in Dresden, 50 Jahre Warenzeichenverband VEM, 10 Jahre Technischer Tag in Wernigerode. Im Volksstimme-Gespräch kann Jürgen Sander, Geschäftsführer der VEM motors GmbH Wernigerode, auf zwei Aufträge für Großprojekte und ein 21-prozentiges Umsatzplus im laufenden Geschäftsjahr verweisen.
Wernigerode. Dass die Marke VEM auf der ganzen Welt zu Hause ist, macht folgende Anekdote deutlich: Wernigerodes VEM-Chef Jürgen Sander erhielt dieser Tage eine Mail von einem Italiener, der als Manager für Siemens arbeitet. Die Nachricht enthielt ein Foto, das in einem neueröffneten Café in einer nordchinesischen Millionenstadt einen Elektromotor zeigt. Auf dessen Typenschild steht deutlich zu lesen: "VEM VEB Elektromotoren-Werk Wernigerode".
Wie Sander im Volksstimme-Gespräch sagt, wurden solche Motore bis 1961 im Harz gebaut. 1961 ist übrigens jenes Jahr, in dem der sogenannte Warenzeichenverband VEM gegründet wurde, hervorgegangen aus der Vereinigung Elektro-Maschinenbau von 24 Betrieben aus Mittel- und Ostdeutschland. Dieser Verband ist verantwortlich für die Pflege der Marke VEM, die weltweit in 65 Ländern geschützt ist. Im Jahr 2000 erfolgte im Markenamt im spanischen Alicante der Eintrag als Europäische Marke. Laut Sander ist VEM eine der wenigen verbliebenen DDR-Industriemarken. Zum 40-jährigen Bestehen hatte die VEM-Gruppe erstmals im Harz eine wissenschaftliche Tagung ausgerichtet – seinerzeit mit 30 Teilnehmern.
Heute wird in Wernigerode der "10. Technische Tag" eröffnet. Dafür haben sich 253 Wissenschaftler, Industriepartner, Kunden und Mitarbeiter der VEM-Gruppe aus 17 Ländern angemeldet. Themen der 20 Fachvorträge der zweitägigen Konferenz sind Energieeffizienz und moderne Systeme der Energieerzeugung aus regenerativen Quellen. Mit dieser bundesweit einzigartigen Industriekonferenz wolle VEM zudem ein deutliches Zeichen setzen, für technische Berufe und die Branche werben, hob der Chef des Wernigeröder VEM-Werkes hervor.
Die aktuelle Schuldenkrise im Euro-Raum habe bislang keine Folgen für die VEM-Gruppe, schätzt Sander ein. 40 Prozent beträgt die Exportquote, die Aufträge werden nahezu ausschließlich in Euro abgewickelt. Als weltweiter Lieferant für Antriebslösungen für die Petrochemie, Stahl- und Walzwerkindustrie, Windkraftanlagen und Umwelttechnik, Verkehrstechnik und Schiffbau sei man mit einem breiten Branchenmix gut aufgestellt.
Für das Werk in Wernigerode kann er einen neuen Großauftrag vermelden. Ein indisches Walzwerk erhalte 31 große Elektroantriebe, Wert des Geschäfts 2,5 Millionen Euro. Ein ähnliches Projekt in der Türkei beginne ab dem Jahr 2013.
Blickt der VEM-Manager auf die weltweite Wirtschaftskrise zurück, so kann er auf der Habenseite verbuchen, keinen Kunden verloren zu haben. Allerdings hätten diese ihre Projekte oftmals zeitlich gestreckt und/oder abgespeckt – nicht ohne Folgen für die Hersteller. Kunden haben neue Eigentümer, und die Fragen von Energieeffizienz haben jetzt einen ganz anderen Stellenwert.
Umsätze zeigen positive Tendenz
Zwei Jahre lang ist bei VEM motors Wernigerode kurzgearbeitet worden. Die Krise konnte deswegen ohne betriebsbedingte Kündigungen und ohne Defizite sowie Eigenkapitalverluste gemeistert werden, sagt der Geschäftsführer. Die rund 500 Harzer Elektromotorenwerker werden in diesem Jahr einen Firmenumsatz von 85 Millionen Euro nach 70 Millionen Euro im Vorjahr erwirtschaften. Dieser Wert liegt leicht über den Planungen, für 2012 sind 90 Millionen Euro vorgesehen. Für Sander erfreuliche Werte, weil sie eine positive Tendenz vorweisen. Allerdings, auch darauf muss er hinweisen, deutlich unter dem bisherigen Spitzenwert von 120 Millionen Euro im Vorkrisenjahr 2008. Zu den Planungen für das kommende Jahr gehört deshalb, das Wernigeröder Werk wieder zu 100 Prozent auszulasten.
Die heftigen weltweiten Turbulenzen, erst auf den Finanzmärkten, später in der Realwirtschaft, haben das eigene Verhalten geändert, sagt Sander: "Wir handeln und wir arbeiten heute viel aktiver." Beispielsweise verfüge man über ein vierköpfiges Kompetenzteam, das sich ausschließlich dem Stahlmarkt widmen kann. Als Servicepartner begleite man jetzt die Kunden in neue Märkte, könne sich dabei an Projekten in China, Russland oder Singapur beteiligen. Zudem will VEM mehr als Systemlieferant auftreten. Eigens dafür ist in diesem Frühjahr die Berliner Firma transresch Antriebssysteme (50 Mitarbeiter/12,5 Millionen Euro Jahresumsatz) übernommen worden. Die Produktkette Motor, Umrichter, Schaltschrank soll deutlich machen, VEM könne mit hoher Kompetenz beim Thema Antrieb aufwarten.
Jürgen Sander verweist auf eine internationale Studie. Demnach gehöre die VEM-Gruppe mit ihren Werkstandorten in Dresden, Zwickau und Wernigerode nach Siemens und vor ABB zur internationalen Spitzengruppe der Elektromotorenhersteller. Die Abkehr vom Massengeschäft und die Neuausrichtung als Systemanbieter wird dabei genauso hervorgehoben wie es heißt, dass die Marke mit hoher Qualität aufwarten könne und ein positives Image besitzt. Laut Jürgen Sander verdienter Lohn für 50 Jahre harte Arbeit.