Corona Warum Unternehmen in Sachsen-Anhalt Kontrollen auf freiwilliger Basis anbieten
Corona-Pflichttests in Betrieben? Diese Frage beschäftigt Politik und Unternehmen gleichermaßen. Viele Firmenchefs halten es wie Klaus Olbricht, Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg, der keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung sieht.

Magdeburg. Wir testen für ihre Sicherheit, steht schon an der Eingangstür zur Heizungs- und Sanitär-GmbH Schünemann in Magdeburg. Und das schon seit Oktober 2020. Und seit Anfang des Jahres einmal wöchentlich. Zwei Mitarbeiter wurden vom Betriebsarzt in Barleben dafür ausgebildet. Eine davon ist Kauffrau Julia Schütze, die gestern ihren Chef getestet hat. „Nach anfänglicher Skepsis steht die Belegschaft voll dahinter“, sagt Geschäftsführer Robert Schimke. Die Tests seien Teil eines umfassenden Hygienekonzepts. Schimke: „Ich investiere lieber Geld und Zeit in ein Hygienekonzept, als Ausfälle durch Krankheit und Quarantäne bezahlen zu müssen. Außerdem haben wir eine große Verantwortung gegenüber unseren Kunden.“
Wer nicht mitziehe und sich nicht testen lassen wolle, mit dem werde ausführlich gesprochen. „Fruchtet das nicht, bleibt als letzter Weg nur, den Betreffenden in den unbezahlten Urlaub zu schicken.“ Doch bisher war das nicht nötig. Lediglich zwei Mitarbeiter hatten Probleme. Einer davon nach einer Nasenoperation. Deshalb bietet das Unternehmen nicht nur Nasentests, sondern auch Spucktests an. Von einer Testpflicht hält Schimke nichts. „Die Verantwortung für sich selbst und die Kunden ist bei uns gegeben.“Viele FragenDie Präsidenten der Handwerkskammern Magdeburg, Hagen Maurer und Halle Thomas Keindorf, sind sich einig: „Die Anordnung einer Testpflicht erfordert im Vorfeld die Beantwortung einer Vielzahl von Fragen.“ So müsse beispielsweise klar sein, wer zum Testen verpflichtet werden soll. „Die Betriebsstruktur des Handwerks ist in Sachsen-Anhalt vielgestaltig. Die Mehrzahl der Unternehmen sind Soloselbständige ohne Mitarbeiter. Wie verhält es sich mit Unternehmen, deren Belegschaft zum Teil in Heimarbeit tätig ist oder sich in Kurzarbeit befindet? Wie sind Betriebe betroffen, deren Mitarbeiter bereits geimpft sind? Welchen Weg haben Firmen zu beschreiten, die über Filialen an verschiedenen Standorten oder sogar in unterschiedlichen Bundesländern verfügen?“
Zudem sei die Verfügbarkeit der Tests zu hinterfragen. Bei aktuellen Lieferzeiten von bis zu mehreren Wochen könnte eine Testpflicht aus objektiven Gründen ins Leere laufen. „Und wer soll die Test bezahlen? Gerade bei kleinen Betrieben, die dem pandemischen Beschäftigungsverbot unterlagen oder teilweise noch unterliegen, sind dafür keine finanziellen Reserven vorhanden.“ Klaus Olbricht, Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg, sagt: „Die Unternehmen tun das, was sie selbstverständlich tun müssen. Sie bieten in hoher Eigenverantwortung und auf Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten Tests an.“ Er halte diese Selbstverpflichtung für ausreichend und sehe keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung.
Daniel Trutwin, Geschäftsführer der Eloxal GmbH, meint: „Sicherheit geht vor. Seit Wochen werden unsere 220 Mitarbeiter in Wernigerode und Osterwieck getestet.“ Nur wenige Mitarbeiter lehnten Tests ab. Einer gesetzlichen Pflicht steht auch Trutwin ablehnend gegenüber: „Zuerst müssten dann die Voraussetzungen geschaffen werden, dass auch genügend Tests auf dem Markt angeboten werden können.“ Außerdem gibt er zu bedenken: „Wenn Tests in einen gesetzlichen Rahmen gegossen werden, wie soll ich dann reagieren, wenn sich jemand dagegen ausspricht? Soll ich den Mitarbeiter nach Hause schicken?“ Auch bei Eloxal habe es in der Vergangenheit schon Positiv-Fälle gegeben. „Durch die Tests haben wir die Fälle schnell erkannt und mussten nicht ganze Bereiche schließen.“
Stefan Albrecht, Fachkraft für Arbeitssicherheit von Ifa in Haldensleben, sagt, dass beim Automobilzulieferer schon seit dem vergangenen Jahr freiwillig getestet wird. „Zunächst mit dem Fieberzentrum in Hadmersleben, bietet Ifa seit dem 26. Februar wöchentlich Testungen in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH an und seit März arbeiten wir mit einer ansässigen Hausarztpraxis zusammen, um genügend medizinische Tests gewährleisten zu können. Seit drei Wochen haben die 1600 Mitarbeiter zweimal pro Woche die Möglichkeit, sich selbst zu testen“, sagt er. Thomas Michaelis ist bei der Bodeta Süßwaren GmbH in Hadmersleben für die Arbeitssicherheit zuständig und hat während der Pandemie für den Corona-Schutz der 120 Mitarbeiter den Hut auf. „Wir fangen demnächst mit dem Testen an“, sagt er. „Es hat Probleme gegeben, Tests zu besorgen. Wir haben uns in Apotheken erkundigt, da hieß es immer: Keine da.“ Von einer Pflicht hält er auch aus diesem Grunde nichts. „Wir sind doch nicht Siemens oder Mercedes, denen die Tests nachgeworfen werden“, sagt er.