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Strafanzeigen Corona-Hilfen: 665 Fälle von Betrugsverdacht

In bis zu 665 Fällen haben Unternehmer in Sachsen-Anhalt beim Antrag auf Corona-Soforthilfen des Staates betrogen.

Von Alexander Walter 07.09.2020, 21:00

Magdeburg l In bis zu 665 Fällen haben Unternehmer in Sachsen-Anhalt beim Antrag auf Corona-Soforthilfen des Staates betrogen. Das geht aus Zahlen des Wirtschaftsministeriums hervor. Ausgezahlte Summe: 2,8 Millionen Euro. In 73 Fällen hat die Investitionsband Anzeige erstattet.

Umsatzausfälle in Geschäften und Restaurants, Auftragseinbrüche bei Friseuren oder Gebäudereinigern – während des Lockdowns hat die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt stark gelitten. Allein im Einzelhandel sah sich zuletzt jeder vierte Unternehmer in Existenznöten. Um Insolvenzen zu verhindern, bauten Bund und Land den Firmen eine Brücke: Das Soforthilfe-Programm „Sachsen-Anhalt Zukunft“. Daraus konnten Solo-Selbständige sowie Klein-Unternehmer mit bis zu 50 Mitarbeitern in der Phase des Lockdowns zwischen März und Mai staatliche Hilfsgelder beantragen.

Nicht jeder war dabei allerdings ehrlich. Aus 37.000 bewilligten Anträgen fischte die zuständige Landesinvestitionsbank rund 900 potenzielle Betrugsfälle heraus. In 665 Fällen erhärtete sich der Verdacht, teilte das Wirtschaftsministerium gestern auf Anfrage mit. In diesen Fällen wurden rund 2,8 Millionen Euro ausgezahlt.

Häufige Betrugsmasche: Das Unternehmen hat es nie gegeben, oder: Es gab die Firma irgendwann zwar, aber nicht mehr während der Corona-Krise. Nicht selten seien Daten auch verfälscht worden, sagte ein Ministeriumssprecher. So stimmte in einigen Fällen zwar der Empfänger der Bankverbindung. E-Mail und Telefonnummer aber waren falsch oder führten ins Nichts.

Konkrete Beispiele nannte das Ministerium aus den Datenschutzgründen nicht. Medial bekannt wurde allerdings der Fall eines Gebäudereinigers aus Berlin. Der selbstständige Bobby K. hatte für fünf Gesellschaften, die gar nicht existierten und sein Einzelunternehmen Corona-Soforthilfe beantragt. 21.500 Euro bekam er ausgezahlt, flog später aber auf.

Ein Amtsgericht verhängte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Der Unternehmer musste neben allen Zuschüssen auch 2000 Euro Strafe zahlen. Urteile, wie dieses sind aus Sachsen-Anhalt bisher nicht bekannt. In 73 Fällen hat die zuständige Landes-Investitionsbank inzwischen aber Strafanzeige erstattet. Im Ländervergleich sind die Zahlen aus Sachsen-Anhalt eher gering. Laut NDR ermitteln Staatsanwaltschaften in Niedersachsen bereits in 720 Fällen. Die Schadenssumme dort beläuft sich demnach auf 6,5 Millionen Euro.

In Nordrhein-Westfalen musste die Landesregierung die zunächst ohne Bankdaten-Check digital organisierte Zahlung der Corona-Hilfe zwischenzeitlich gar stoppen. Internetbetrüger hatten versucht, mit gefälschten Antragsseiten Daten von Firmen abzugreifen und Corona-Hilfen auf eigene Konten umzuleiten. In Sachsen-Anhalt war das laut Investitionsbank so nicht möglich. Anträge seien nicht nur digital, sondern stets auch von einem Mitarbeiter geprüft worden, sagte ein Sprecher.

Insgesamt wurden in Sachsen-Anhalt 288 Millionen Euro Hilfsgeld bewilligt.