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Sachsen-Anhalt Grünen fordern Einlenken der CDU

Im Streit um höhere Rundfunkbeiträge haben die Grünen bei einem kleinen Parteitag den Koalitionspartner CDU scharf kritisiert.

Von Michael Bock 28.11.2020, 06:28

Magdeburg l Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann sagte, die Kenia-Koalition sei als „Bollwerk gegen Rechts“ angetreten. Das drohende „Nein“ von CDU und AfD zum Rundfunkvertrag treffe die Grundfesten der Koalition. „Wenn das Bollwerk gegen Rechts fällt, ist auch die Geschäftsgrundlage dieser Koalition weg“, betonte Lüddemann.

Umwelt- und Argarministerin Claudia Dalbert sprach von einer „extrem belastenden Situation“. Es drohe ein „Dammbruch auf der rechten Seite“. Die CDU gefährde Regierung und öffentlich-rechtlichen Rundfunk. „Völlig klar: Da werden wir nicht mitmachen.“ Die Regierung bleibe nur zusammen, wenn sich die CDU besinne, und dem Rundfunkvertrag zustimme.

Bundesgeschäftsführer Michael Kellner betonte, es wäre ein „ungeheuerlicher Vorgang“, sollte die CDU mit der AfD stimmen. Es bleibe nicht ungestraft, wenn die CDU mit Verfassungsfeinden gemeinsame Sache mache. Die Bundestagsabgeordnete Steffi Lemke sagte, sollten CDU und AfD zusammen den Vertrag ablehnen, „kann ich mir nicht vorstellen, wie es eine weitere Regierungszusammenarbeit geben soll“.

Die Fraktionsspitze der Linken hat sich deweil mit einem offenen Brief an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gewandt. „Wir fordern Sie auf, die von ihnen postulierte Brandmauer gegen Rechts zu halten“, heißt es. Gerade in Zeiten von „Fake News“ und Online-Desinformation habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine besondere Bedeutung. „Die demokratischen Parteien dürfen den demokratiefeindlichen Kräften, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angreifen, nicht den Weg bereiten.“ Ein Scheitern des Rundfunkvertrags durch eine Abstimmung von CDU und AfD würde „als einer der größten bundespolitischen Erfolge der AfD gewertet werden“.

Hintergrund: Auf Empfehlung einer Kommission soll der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2021 erstmals seit 2009 steigen – um 86 Cent auf 18,36 Euro monatlich. Alle Ministerpräsidenten haben unterschrieben, also auch Haseloff. Es müssen aber auch alle 16 Länderparlamente zustimmen. Nur ein Land wackelt – Sachsen-Anhalt. SPD, Linke und Grüne wollen für den Vertrag stimmen. CDU und AfD haben sich auf ein „Nein“ festgelegt. Mit ihrer Mehrheit könnten sie den Rundfunkvertrag kippen. Der jetzige Beitrag wäre zunächst festgefroren.

SPD und Grüne haben 2016 im Koalitionsvertrag zwar „Beitragsstabilität“ mit unterschrieben, wollen nun aber doch der Beitragserhöhung zustimmen. Festgeschrieben wurde seinerzeit zudem, dass sich die Regierungspartner bei Uneinigkeit enthalten. Das aber kommt für die Koalitionäre in diesem Fall nicht in Betracht. Dann nämlich könnte die AfD ganz allein den Rundfunkvertrag kippen.

Ministerpräsident Haseloff, der zurzeit auch Bundesratspräsident ist, will eine gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD verhindern. Hinter den Kulissen werden alle möglichen Ideen geprüft, wie man aus der Zwickmühle kommen kann. Erörtert wird etwa, ob die Landesregierung den Rundfunkvertrag zurückziehen kann, um so eine Abstimmung im Parlament zu vermeiden. Doch bereits jetzt erteilt CDU-Medienpolitiker Markus Kurze solchen Ideen eine Abfuhr. „Wir wollen uns auf keine Taschenspielertricks einlassen“, sagte er gestern. „Das schadet der Demokratie.“

Eine im Auftrag des WDR veröffentlichte Umfrage kommt aktuell zum Ergebnis, dass 54 Prozent der Sachsen-Anhalter einer Beitragserhöhung zustimmen. 44 Prozent lehnen sie ab. Unter CDU-Anhängern ist laut Umfrage die Pro-Quote mit 58 Prozent sogar noch höher. Den größten Widerstand gibt es im AfD-Milieu: 78 Prozent sagen Nein. Die größte Zustimmung kommt von den Anhängern der Grünen – 84 Prozent.

In der CDU wird aber die Art und Weise der Fragestellung kritisiert. Diese sei manipulativ gewesen. Denn: Es wurde nicht gefragt, ob man für oder gegen eine Erhöhung sei. Stattdessen so: „Der vorgesehenen Anpassung des Beitrags um 86 Cent müssen alle 16 Landtage zustimmen. 15 Landtage haben bereits zugestimmt oder planen zuzustimmen. Allein in Sachsen-Anhalt ist diese Entscheidung noch offen. Sollte aus Ihrer Sicht der Landtag in Sachsen-Anhalt ebenfalls zustimmen?“ Meinung