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Saisonarbeit Spargelernte mit Hilfe aus Rumänien

80 Saisonarbeiter kommen jedes Jahr zum Spargelhof Garlipp in der Altmark. Sie stammen zum Großteil aus Rumänien.

Von Uta Müller 26.04.2019, 01:01

Magdeburg l Die Enden sollen saftig sein, die Spitzen möglichst geschlossen. Die Stangen sollen glänzen und am besten ordentlich quietschen, wenn man sie aneinanderreibt.

Frischer Spargel ist zur Zeit wieder in aller Munde. Zum Frühlingsanfang treiben die zarten Stangen in den sandigen Dämmen nach oben. Die ersten Stangen des Edelgemüses wurden bereits gestochen. „Wir haben Ende März angefangen“, sagt Spargelbauer Tim Garlipp. Gemeinsam mit Sohn Arne ist er Herr über die 65 Hektar Spargelfelder, die zum Familienbetrieb in der Altmark gehören. Auf dem Spargelhof sind rund 80 Erntehelfer im Einsatz, um den Spargel aus den Feldern zu holen.

Florentin Buga aus Rumänien ist einer von ihnen. Er spricht kaum ein Wort Deutsch. Trotzdem ist er einer der besten Mitarbeiter von Tim und Arne Garlipp und gehört fest zum Team der beiden Spargelbauern. Der 23-jährige Rumäne stammt aus Suceava und fährt schon seit einigen Jahren jedes Jahr zu Saisonbeginn 1900 Kilometer auf den Spargelhof nach Schelldorf bei Tangerhütte. „Spargel ist ein Edelgemüse, weil die Ernte reine Handarbeit ist“, sagt Tim Garlipp. Zwar sind auf den Feldern Erntemaschinen im Einsatz, aber der Spargel muss von Hand gestochen werden. Maschinell unterstützt wird dagegen das Sortieren der Stangen. Vom Bleichspargel, so der Ausdruck für die weißen Stangen, werden pro Spargelsprosse sechs Bilder mit einer Kamera gemacht, danach rechnet der Computer blitzschnell aus, in welche Kiste die Sprosse fallen sollen: dicke zu dicken, dünne zu dünnen Stangen.

Gute Leute zu finden, wird für die Spargelbauern von Jahr zu Jahr schwieriger. Trotz des Mindestlohns. Das liege vor allem an der wirtschaftlichen Entwicklung in den Heimatländern. Nur wenige Wochen im Jahr kann der Spargel geerntet werden, und das Stechen ist eine Quälerei. „Die Erntearbeit ist kein Honigschlecken“, so der Seniorchef. Bis zu zwölf Stunden am Tag stehen die Arbeiter bei jedem Wetter unter der Erntemaschine und stechen Spargel. Ganz umsonst gibt es lahme Arme und Rückenschmerzen dazu. Der Lohn ist niedrig, der Arbeitsplatz auf die Saison befristet. Unter diesen Bedingungen arbeiten fast ausschließlich Arbeitskräfte aus dem Ausland. Deutsche als Erntehelfer sind eher selten auf den Feldern anzutreffen.

Die Saisonkräfte des Familienbetriebes kommen schon seit Jahren aus Rumänien. Garlipp selbst ist in das Land gereist, um seine Arbeiter anzuwerben. Und er wurde belohnt. Die Fluktuation in seinem Betrieb ist verhältnismäßig nie­drig. „Rund 70 Prozent kommen jedes Jahr wieder“, sagt Tim Garlipp. In Rumänien liegt der derzeitige Mindestlohn bei 2,61 Euro die Stunde. Die Ernte­helfer bei den Garlipps verdienen den Mindestlohn von 9,19 Euro. Geht es richtig los mit der Spargelernte, wird zusätzlich nach Leistung bezahlt. Je nach geschafftem Kilogramm können es dann auch 12 bis 13 Euro sein. „Das können pro Saison dann schon mal fünf bis sechstausend Euro sein“, So Tim Garlipp. Die Frauen und Männer sind auf dem Hof untergebracht, gegen eine geringe Abgabe für Kost und Logis.

Da die Spargelsaison in jedem Jahr nur bis zum 24. Juni andauert, müssen die Spargelstecher also möglichst schnell arbeiten – an sieben Tagen in der Woche.

Kaum ein anderer Saisonstart wird so sehnlich erwartet, wie der des weißen Goldes. Das milde Wetter führt dazu, dass die Spargelsaison 2019 so früh wie selten beginnt. Damit die Spargelernte relativ früh im Jahr starten kann, decken die Gemüsebauern ihre Felder nicht nur mit einer schwarz-weißen Folie ab, sondern nutzen zusätzlich zwei weitere Folien. Die Folie schütze den Boden davor, auszutrocknen. Sie könne das Wachstum sowohl durch Wärmeaufnahme beschleunigen als auch später im Jahr verzögern, wenn die weiße Seite nach oben gekehrt wird. Somit ist garantiert, dass es bis zum traditionellen Ende der Spargelsaison am Johannistag immer etwas zu ernten gibt.

Via App auf dem Handy hat Sohn Arne ständig das Thermometer im Auge. Wird es zu warm, staut sich die Hitze unter der Folie und der Spargel zerkocht regelrecht im Erdreich. Dann müssen die Folien wieder runter von den Erddämmen. Ist es dagegen zu kalt, müssen die Spargelbauern die Spargelreihen wieder mit der Folie zudecken. Bis zu drei Schichten Folie liegen auf und zwischen den Spargeldämmen und heizen die Erde darunter auf zehn bis zwölf Grad auf – wie in einem Treibhaus. Dann sprießt der Spargel früher und kann schon ab Ende März gestochen werden. „Spargel und Frühling gehören einfach zusammen – und mit steigenden Temperaturen wächst der Spargel und auch der Spargelhunger“, sagt André Stallbaum vom Landesbauernverband Sachsen-Anhalt. Etwa 1500 Arbeitsstunden dauert es, um den Spargel auf einem Hektar Land zu ernten und für den Verkauf aufzubereiten, heißt es vom Deutschen Bauernverband.

Für den Familienbetrieb Garlipp ist der Spargelanbau auch deshalb so attraktiv, weil er ähnlich wie Kartoffeln und Erdbeeren gut in der Direktvermarktung funktioniert. Zwar sei im Handel mit Lebensmitteln der Preisdruck für Spargel aus Südeuropa groß, jedoch gebe es bei den Verbrauchern ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Qualität von Spargel aus regionaler Produktion, so Garlipp. Und wie essen die beiden Gemüsebauern ihren Spargel am liebsten? „Auf jeden Fall mit Sauce Hollandaise oder zerlassener Butter.“