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Schädling Raupe schadet Radtourismus

Der Eichenprozessionsspinner wütet weiter in Sachsen-Anhalt. Nun droht sogar eine vorläufige Sperrung des Elberadwegs.

21.03.2017, 11:09

Seehausen/Göttingen (dpa) l Im Norden Sachsen-Anhalts sorgt die rasante Ausbreitung des Schädlings Eichenprozessionsspinner für Aufregung – so sehr, dass sich an diesem Mittwoch der Umweltausschuss des Landtags mit dem Thema befasst. Das kündigte dessen Vorsitzender, Jürgen Barth (SPD), an. Hintergrund ist der öffentliche Hilferuf von Bürgermeistern aus der Altmark. Die Kommunen fühlen sich bei der Bekämpfung des Schädlings von der Landesregierung alleingelassen.

Sie drohen damit, den Elberadweg wegen der möglichen Gefährdung für den Menschen zu sperren. Seine Nester und Gespinste können Allergien auslösen. Auch das Nesselgift ist bei Hautkontakt gefährlich – alles nicht eben positiv für Radfahrer.

Die Strecke ist der beliebteste Radwanderweg Deutschlands und eines der wichtigsten touristischen Aushängeschilder Sachsen-Anhalts. Die Sperrung in der Ende April beginnenden Saison würde nicht nur aktuell einen wirtschaftlichen Schaden für die Fremdenverkehrsbranche in der Region bedeuten, sagt Mandy Hodum, Geschäftsführerin des regionalen Tourismusverbandes. Sie fürchtet auch einen nachhaltigen Imageschaden für den Altmark-Tourismus insgesamt.

"Das können und dürfen wir uns nicht leisten", erklärt Barth. Unter Leitung des Landeszentrums Wald müsse in den kommenden Tagen geklärt werden, wie der Eichenprozessionsspinner erfolgreich bekämpft werden könne, so der Umweltausschussvorsitzende. Herkömmliche Methoden hatten sich bisher als wenig effektiv erwiesen.


Große Hoffnung war deshalb in ein Forschungsprojekt mit Fadenwürmern gesetzt worden, dem Schädling biologisch beizukommen. Eine Studie dazu wurde an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen jetzt zwar abgeschlossen. Klar ist aber auch: Ohne großen Erfolg. "Es funktioniert, aber für den Praxiseinsatz noch nicht ausreichend", sagt der Leiter der Abteilung Waldschutz, Michael Habermann, der Deutschen Presse-Agentur. Weitere Untersuchungen müssten folgen.

"Im Labor klappt alles wunderbar", erklärt der Wissenschaftler. Die von den Fadenwürmern befallenen Raupen sterben ab. Noch nicht ausgereift sei hingegen die technische Umsetzung in der Natur. Die Würmer (Nematoden) seien Bodenlebewesen, die Feuchtigkeit für das Überleben brauchen. Die Idee: Hubschrauber besprühen die betroffenen Wäldern mit einer entsprechend präparierten Wasserlösung. Das Problem bestehe darin, die Fadenwürmer direkt auf die Haut der Larven der Eichenprozessionsspinner zu bekommen. Es reiche nicht aus, die Baumkronen zu benetzen, sagt Habermann.

Die Raupen ernähren sich von den Blättern ihrer Wirtsbäume. Das kann zum Absterben der Pflanzen führen. Der Kontakt mit den Brennhaaren kann beim Menschen schwere allergische Reaktionen auslösen, selbst wenn die Falter längst geschlüpft sind. Allergie auslösend sind auch verbliebene Nester und Gespinste.

Eine Bekämpfung ist im Frühjahr – wenn die Tiere noch im Larvenstadium sind – am wirkungsvollsten, sagt Habermann. Da das Absaugen der betroffenen Bäume sehr teuer und zeitaufwendig ist, setzt man dabei in erster Linie auf den Einsatz von Hubschraubern und Chemie. Aber auch das habe seinen Preis. Auf 200 bis 300 Euro pro Hektar beziffert Habermann die Kosten, die in der Regel die betroffenen Kommunen zu tragen haben.

Auch die Natur könne ihren Beitrag dazu leisten, um die Plage einzudämmen. Für den aus dem Mittelmeerraum stammenden Spinner sei eine milde und trockene Witterung ideal. Feuchtes und kaltes Frühjahrswetter hemme dagegen seine Entwicklung. Ebenso habe die Elbeflut 2013 die Situation deutlich entlastet. Die Larven seien verhungert und erfroren, sagt der Experte.

Habermann und sein Team möchten weiter am Nematoden-Projekt zur natürlichen Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners forschen. Die Anträge zur Finanzierung seien gestellt. Für die jetzt beginnende Saison werde man aber weiter auf die klassischen Bekämpfungsmaßnahmen angewiesen sein. Mit Ergebnissen sei erst in den nächsten Jahren zu rechnen, so Habermann.