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Schulaktion Bunte T-Shirts erzürnen AfD

Eine Aktion gegen Rassismus am Osterburger Gymnasium schlägt hohe Wellen. AfD-Landeschef André Poggenburg sieht seine Partei verunglimpft.

Von Alexander Walter 07.10.2017, 01:01

Osterburg l Aktionen für Vielfalt gehören zum Alltag an Sachsen-Anhalts Schulen. Spätestens seitdem der Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ 2003 erstmals vergeben wurde, finden sie regelmäßig statt. So auch am Freitag vor den Herbstferien am Markgraf-Albrecht-Gymnasium in Osterburg. „Es waren die Ergebnisse der Bundestagswahl, die Schüler zu der Aktion bewogen“, sagt Leiterin Elke Hein.

Schüler der Courage-Projektgruppe hätten ihre Mitschüler aufgerufen, bunt gekleidet zur Schule zu kommen. Damit wollten sie ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt setzen, sagt die Leiterin. Viele der fast 700 Gymnasiasten waren dem Aufruf gefolgt. Mit dem Projekt entsprach die Schule dem Auftrag des Titels „Schule ohne Rassismus“, sagt Cornelia Habisch, von der Landeszentrale für politische Bildung, die das Programm koordiniert. Der Beiname sei Verpflichtung für die Schulen, mit Projekten für demokratische Werte zu werben.

Nie schlug ein Projekt dabei aber so hohe Wellen wie dieses. Auslöser war ein Beitrag der Altmark-Zeitung vom Folgetag. Die Zeitung hatte wörtlich berichtet, die Schule „setzte ein Zeichen gegen das Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl".

Für AfD-Landeschef André Poggenburg wäre diese Zielsetzung inakzeptabel. Poggenburg fand Anfang der Woche martialische Worte für die Aktion: „Lehrer betreiben bewusst Gehirnwäsche an Kindern, um politisch Andersdenkende verächtlich zu machen, wie wir es aus dunkler deutscher Geschichte kennen“, sagte er.

Der AfD-Chef wirft Lehrern der Schule vor, ihre Neutralitätspflicht verletzt zu haben. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) forderte er auf, einen Erlass gegen „antidemokratische Hetze“ herauszugeben. Zudem kündigte Poggenburg an, Dienstaufsichtsbeschwerde gegen alle beteiligen Lehrkräfte einleiten zu wollen.

Der AfD-Chef ist nicht der Einzige, der sich empört. Die ehemalige konservative CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach sprach im sozialen Medium Facebook von „politischem Kindesmissbrauch“. Bei Twitter wird das Thema seit Tagen emotional diskutiert. Auch die Schule sieht sich mit heftigen Reaktionen konfrontiert. „Wir haben mehr als hundert E-Mails erhalten, darin schlägt uns teils blanker Hass entgegen“, sagt Leiterin Elke Hein. Die Vorwürfe der AfD weist sie entschieden zurück. Die Aktion habe sich explizit nicht gegen eine Partei gerichtet, sondern für demokratische Werte werben wollen. „Die AfD wurde mit keiner Silbe erwähnt.“

Der Anstoß zur Aktion sei zudem von den Schülern gekommen. Die Lehrer hätten sie im Sinne des Programms „Schule ohne Rassismus“ unterstützt. Tatsächlich belegt ein Video mit der Ansprache eines Lehrers, das der Volksstimme zur Verfügung steht, dass der Name AfD nicht erwähnt wurde. „Es lässt sich bisher nicht nachvollziehen, dass diese Veranstaltung eine problematische Qualität hatte“, sagt Stefan Thurmann, Sprecher des Bildungsministeriums.

Unabhängig davon werde geprüft, ob das Neutralitätsgebot verletzt worden sei. Das Gebot besagt, dass Lehrer sich parteipolitisch neutral verhalten müssen. Das heiße nicht, dass Schüler nicht von sich aus aktiv werden dürften, betont der Sprecher. „Wir wollen, dass sie mündige Staatsbürger werden.“

Mit den Erkenntnissen konfrontiert, kündigte AfD-Chef Poggenburg eine Überprüfung an: „Sollte sich herausstellen, dass sich die Aktion nicht gegen uns gerichtet hat, werden wir sie neu bewerten“, sagte er. Für diesen Fall will der Landeschef, das Gespräch mit der Schule suchen. „Die Leitung sollte dennoch klarstellen, dass sie nicht gegen die AfD agieren wollte.“

Was aber darf Schule? Diese Frage steht nach dem Projekt in Osterburg im Raum. „Natürlich sind Lehrer zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet“, sagt Cornelia Habisch von der Landeszentrale für politische Bildung.

Dort aber, wo problematische Inhalte wie Rassismus auftreten, sollte sich Schule engagieren. „Nicht gegen eine Partei, sondern für eine demokratische Gesellschaft.“