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Schulen Generationenauftrag Integration

Die Zahl der Zuwandererkinder in Sachsen-Anhalts Schulen steigt seit Jahren. Für die Großstädte wird die Integration zur Mammutaufgabe.

Von Alexander Walter 07.11.2017, 00:01

Magdeburg l Es war nur eine Meldung vor wenigen Tagen, und doch ließ sie viele Lehrer aufhorchen: Von September 2016 bis Mai 2017 ist die Zahl der Kinder ohne oder mit schlechten Deutschkenntnissen an Sachsen-Anhalts Schulen von 7600 auf fast 8800 angestiegen. Das Bildungsministerium selbst war im September 2016 noch von 4100 Schülern im zweiten Halbjahr ausgegangen. Das Land hatte daraufhin in zwei Stufen 180 befristet eingestellte Sprachlehrer ziehen lassen. Die frei werdenden Stellen wurden durch reguläre Lehrer ersetzt.

War das verfrüht? Ist die Integration von Kindern mit Sprachförderbedarf in Sachsen-Anhalt etwa nicht nur vorübergehende Aufgabe, sondern vielleicht doch eher Generationenauftrag? Und welche Schlüsse müsste die Politik daraus ziehen? Über Fragen wie diese diskutierten Teilnehmer der Tagung „Integration durch Bildung“, ausgerichtet von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, am Wochenende in Magdeburg.

Für Torsten Klieme (SPD), früherer Chef des Landesschulamts, galt dabei als ausgemacht, dass auch mittelfristig kaum weniger Kinder mit Sprachförderbedarf die Schulen im Land besuchen werden. „Deutschland bleibt attraktiv.“ Vor allem die Großstädte Magdeburg und Halle blieben auf Jahre hinaus mit der Herausforderung der Integration konfrontiert, prognostizierte er.

Beispiel Grundschule „Am Umfassungsweg“ in Magdeburg: Hier ist die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund von 10 Prozent im Schuljahr 2008/09 bis heute auf 65 Prozent gestiegen. Während vor den Sommerferien (Zuwandereranteil: 60 Prozent) noch drei Sprachlehrer Kinder ohne Deutschkenntnisse förderten, sei es aktuell noch eine Kraft mit gerade 21 Stunden pro Woche, sagte Leiter Dirk Schumeier. „Die Schulen müssen entlastet werden“, forderte er.

Dabei sprach sich der Leiter vor allem für eine stärkere Verteilung von Kindern mit Sprachförderbedarf auf verschiedene Grundschulen aus. „Ich habe viele ausländische Eltern, die möchten, dass ihr Kind mit deutschen Schülern lernt.“ In Magdeburg gebe es 10 bis 15 Prozent Grundschüler mit Migrationshintergrund. „Wenn wir sie gerecht verteilen könnten, hätten wir das Problem nicht.“ Vonseiten der Politik würden aber vor allem Hürden für entsprechende Regelungen aufgebaut. „Das Land hätte aus schlechten Erfahrungen in Berlin oder Frankfurt/Main lernen können“, sagte Schumeier. Diese Chance sei bereits vertan.

Zustimmung bekam er von Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Die Grundschule „Am Umfassungsweg“ sei Beispiel für einen Trend. Fast ein Viertel der Kinder im Land mit Migrationshintergrund lerne inzwischen an Schulen in Magdeburg. Es hätten sich bereits „Schwerpunktschulen“ gebildet. Kinder würden im Unterricht sitzen und kein Wort verstehen. Trümper forderte - nicht zum erste Mal - mehr Rechte für die Kommunen bei der Verteilung von Kindern auf Grundschulstandorte. Festgeschrieben werden sollten diese im neuen Schulgesetz, das derzeit zur Beratung in den Landtags-Ausschüssen liegt.

Zugleich warnte Trümper vor einem Scheitern der Integration: Ältere Schüler ohne Deutschkenntnisse hätten kaum noch die Möglichkeit aufzuschließen und drohten im Hartz-IV-Bezug zu landen. „Bei der Integration zu versagen, wird uns viel Geld kosten.“