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Sendeanstalten ARD und Co. sollen „Ballast abwerfen“

Für die Anhebung des Rundfunkbeitrags gibt es weiter keine Mehrheit in Sachsen-Anhalt. Eine Schlüsselrolle spielt die CDU.

Von Alexander Walter 10.09.2020, 01:01

Magdeburg l Steigt der Rundfunkbeitrag für ARD und Co. im kommenden Jahr von 17,50 auf 18,36 Euro im Monat? Ausgerechnet das im Vergleich recht kleine Sachsen-Anhalt könnte zum Zünglein an der Waage werden.

Denn: Für die geplante Änderung des Rundfunkstaatsvertrags müssen alle 16 Länderparlamente zustimmen. Gestern hat der Magdeburger Landtag nun zumindest die Weichen für weitere Beratungen freigemacht.

Bei zwei Enthaltungen verwies das Parlament das Thema in den Medienausschuss. Im November könnte das Plenum abschließend abstimmen.

Insgesamt stehen die Zeichen dabei weiter auf ein Nein Sachsen-Anhalts: CDU und AfD sind gegen die Beitragserhöhung – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Grüne und SPD befürworten sie. Die Linke hält sich ihre Position nach einer früher eher ablehnenden Haltung inzwischen offen. Marcus Kurze, medienpolitischer Sprecher der Union, sagte gestern: „Wir haben das Ziel der Beitragsstabilität in den Koalitionsvertrag geschrieben.“ Die CDU bleibe daher bei ihrem Nein zur Anhebung.

Zur Begründung nutzte Kurze einen Vergleich aus der Seefahrt: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich von kleinen Schnellbooten in der Nachkriegszeit zu einem riesengroßen Tanker entwickelt.“ Der aber verbrauche viel zu viel Diesel. „Es gilt, Ballast abzuwerfen“, sagte Kurze.

So wichtig die Öffentlich-Rechtlichen seien, es sei unverständlich, warum sich diese 74 Radiosender und 21 Fernsehanstalten leisteten (Reaktion des MDR s. Infokasten). Kurze forderte mehr Bemühungen zur Umsetzung von Einsparpotenzialen, wie von Experten einer unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Sender (KEF) vorgegeben.

Wenn sich ARD und Co. bei Einnahmen von 88 Milliarden Euro zwischen 2017 und 2028 zu Einsparungen von 888 Millionen Euro verpflichtet hätten, sei das zu wenig. Kurze bekräftigte auch Kritik an Inhalten: „Man kann nicht alles hinter Satire stellen“, sagte er. Eine Anspielung auf einen Satire-Beitrag der Online-Plattform „funk“, die vom ZDF betreut wird. In dem Online-Clip hatten sich Autoren satirisch mit Alltagsrassismus in der Polizei befasst. Kurze und CDU-Landesgeneralsekretär Sven Schulze hatten den Stil scharf kritisiert: „Nicht nur deshalb ist es richtig, dass die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht kommen wird“, schrieb Schulze im August bei Twitter.

Der Kenia-Koalitionspartner SPD warnte die Union gestern vor der Verknüpfung der Debatte um die Beitragsanhebung mit Kritik an Inhalten: „Der Versuch, über die Finanzierung auf die Programminhalte einzuwirken, überschreitet eine rote Linie und ist geeignet, die Rundfunkfreiheit zu untergraben“, sagte Medienpolitiker Holger Hövelmann.

Die CDU habe ihrem Anliegen, die Beitragsanpassung zu verhindern, damit „einen Bärendienst erwiesen.“ Im Übrigen bekannte sich die SPD zur von der KEF empfohlenen Anhebung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent – dies entbinde die Anstalten aber nicht von nötigen Reformen.

Klar hinter die Erhöhung stellten sich die Grünen: „Gerade in Zeiten von Fake News wird der Mehrwert der öffentlich-rechtlichen Medien deutlich“, sagte Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. Die von der KEF festgelegte Summe sei jene, die den Sendern „verfassungsmäßig zusteht“. Wenn die Kenia-Partner sich Beitragsstabilität als Ziel in den Koalitionsvertrag geschrieben hätten, sei auch die Teuerung zu berücksichtigen. „Das verstehen wir unter Stabilität.“

Die Linke hielt ihr Abstimmungsverhalten im Herbst gestern offen. Die Fraktion stehe zum Öffentlich-Rechtlichen, wolle aber Qualität statt Quote und mehr Engagement im Osten, sagte Medienpolitiker Stefan Gebhardt. Auch die Höhe der Intendantengehälter sieht die Linke kritisch. WDR-Chef Tom Buhrow etwa erhielt zuletzt rund 395.000 Euro Bezüge im Jahr.

Die AfD lehnt nicht nur die Beitragserhöhung ab. Es brauche eine „Marktliberalisierung“ der Öffentlich-Rechtlichen, sagte der medienpolitische Sprecher, Tobias Rausch. Bürger sollten selbst entscheiden können, welche Medien sie nutzen (aktuell ist der Rundfunkbeitrag von jedem Haushalt zu zahlen). Zudem leisteten sich die Sender weiter astronomische Gehälter für Intendanten. Von Einsparungen könne da keine Rede sein.