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Restaurantkritik So schmeckt es im Kaffeehaus Wittekind in Halle

Das nahe dem Saale-Ufer gelegene Haus unweit des halleschen Zoos kommt nicht nur beim Ambiente in einer Mischung aus traditionell und modern daher. Auch bei den Speisen ist Vielfalt angesagt - von Sülze oder Kalbsschnitzel bis zu Burger oder Bowl.

Von Antonie Städter 21.01.2024, 15:00
Konrad Paulus Sonnenburg und seine Frau Anna Krischer führen das Kaffeehaus und Restaurant Wittekind gemeinsam.
Konrad Paulus Sonnenburg und seine Frau Anna Krischer führen das Kaffeehaus und Restaurant Wittekind gemeinsam. (Foto: Andreas Stedtler)

Halle/MZ - Es wird sich als eine gute Entscheidung herausstellen, im halleschen Kaffeehaus und Restaurant Wittekind die Vorspeise einmal Vorspeise sein zu lassen. Nicht, weil das Angebot nicht verlockend wäre. Da sind etwa die Suppen, wie Soljanka oder eine (vegane) Minestrone. Doch als kulinarisches Finale dieses Samstagabends locken noch ganz andere Köstlichkeiten, das wird schon beim Ankommen in dem zum Haus gehörenden Pavillon deutlich: Da fällt der Blick gleich auf eine Vitrine, in der Tortenstücke auf mehreren, sich drehenden Etagen präsentiert werden. Viele, ganz verschiedene Torten sind das. Passionsfrucht-Quark, Thüringer Mohn, Schokomousse-Mango, New York Cheesecake... Ein Traum für Freunde des Süßen.

Also heute keine Vorspeise. Wobei die Karte dieses Restaurants, das nahe dem Saale-Ufer und unweit des halleschen Zoos gelegen ist, ohnehin nicht klassisch nach Vor- und Hauptspeisen sortiert. Und das ganz bewusst, wie der Inhaber Konrad Paulus Sonnenburg im späteren Telefoninterview erzählt. Man wolle den Gästen schlicht nicht vorschreiben, was sie in welcher Reihenfolge essen. Viele schafften ja auch gar nicht die oft üblichen drei Gänge. „Und es gibt auch Leute, die drei Suppen als Hauptgericht essen möchten – oder eben nur einen Kaiserschmarrn“, berichtet er.

Gemütlichkeit im Jugendstilsaal

Zunächst haben wir die Wahl zwischen zwei Plätzen im hellen Pavillon-Bereich – der mit den Torten – und im großen Jugendstilsaal. Wir entscheiden uns für Letzteren. Hier ist das Licht gedimmter, an den nachtblauen Wänden hängt großformatige Kunst, über den Tischen leuchten die zum Stil des Raumes passenden Lampen. Man habe sich bei der Gestaltung auch an typischen Kaffeehäusern wie in Paris orientiert, sagt Sonnenburg. Wir nehmen auf der cognacbraunen Lederbank und an der anderen Tischseite auf einem der gemütlichen Kaffeehausstühle Platz. Im Hintergrund läuft leise Jazz. Dazu ein nicht zu lautes Stimmengewirr im gut gefüllten Saal. Schön hier.

Dieser Mix aus Tradition und Moderne macht sich auch auf der Speisekarte bemerkbar, wobei das Hauptaugenmerk auf der traditionellen Küche liegt. Da gibt es Altbewährtes wie Sülze, Schweinebäckchen und Kalbsschnitzel, auch ein Crémant-Risotto ist auf der Karte zu finden.

Daneben werden beispielsweise Burger oder die heute ebenso beliebten Bowls angeboten. Die Gerichte in der Schale tragen hier Namen wie „Amtsgarten-Bowl“ (mit gebeiztem Lachsfilet) oder „Roter-Ochse-Bowl“ (mit rosa gebratenen Kalbsstreifen). Der Bezug zu seiner Heimatstadt Halle ist dem Inhaber immer sehr wichtig gewesen bei seinem mitten in der Corona-Krise 2021 eröffneten Haus.

Er habe seine Kindheit ganz in der Nähe verbracht – „dazu gehörte auch regelmäßig der Gang zur Konditorei, die Paul Hering 1909 gebaut hatte und die später von der Familie Schade betrieben wurde“. Als sich Konrad Paulus Sonnenburg und seine Frau dafür entschieden hatten, das Haus nach einigen Jahren des Leerstands zu übernehmen, sei völlig klar gewesen, dass es darin wieder eine Konditorei, Bäckerei und ein Restaurant geben sollte. Trotz der großen Herausforderungen in der Corona-Zeit habe auch niemals zur Debatte gestanden, diesen Traum aufzugeben.

Blick auf die vielfältigen Tortenkreationen
Blick auf die vielfältigen Tortenkreationen
(Foto: Andreas Stedtler)

Mittlerweile arbeiten zwischen 35 und 40 Menschen im Kaffeehaus und Restaurant Wittekind, wie Konrad Paulus Sonnenburg erzählt. Insgesamt hat das Haus etwa 150 Plätze, davon jeweils ungefähr die Hälfte im Innen- sowie im Terrassenbereich. Das Publikum bestehe zum Großteil aus Leuten 40 plus, so der Inhaber, sehr viele Senioren seien darunter.

Im Hauptgang soll es für uns einmal das traditionelle Gericht „Gezupftes Kassler mit Kartoffelstampf, Bayrisch Kraut und karamellisierten roten Zwiebeln“ (24,90 Euro) sein, auf der anderen Seite wird von dem kundigen wie freundlichen Kellner die „Pulverweiden-Bowl“ (19,50 Euro) serviert, die mit Falafel, Couscous, Erbsen, Tomatensalsa, Salat und einem Tahini-Soja-Dip ganz ohne tierische Zutaten auskommt. Und sich als echte Köstlichkeit herausstellt.

Bei einem puristischen Gericht wie diesem wird schnell deutlich, dass Wert auf qualitativ hochwertige Produkte gelegt wird. Auch das zarte Kasslerfleisch und seine Begleiter sind eine Gaumenfreude. Der Clou dabei sind die karamellisierten Zwiebeln, die das Ganze mit etwas aromatischer Süße ergänzen.

Gezupftes Kassler mit Kartoffelstampf und Bayrisch Kraut
Gezupftes Kassler mit Kartoffelstampf und Bayrisch Kraut
(Foto: Andreas Stedtler)

Und dennoch gebe es zwei große Themen, die immer wieder als Kritik – wie auch bei anderen Gastronomen – an sie herangetragen werden, erzählt der Inhaber: die Geschwindigkeit, mit der ein Gericht auf dem Tisch steht, und der Preis. „Uns ist es aber wichtig, die Gerichte frisch aus guten Zutaten zuzubereiten – das hat seinen Preis und dauert auch seine Zeit“, so Sonnenburg.

Das Fleisch etwa erhalte man von einem regionalen Fleischsommelier; und wenn ein Kalbsschnitzel eben nicht fertig paniert aus dem Tiefkühler komme, sondern frisch gebraten werde, sei das nicht in einer Viertelstunde zu machen. „Uns geht es um Qualität, das wollen wir nicht verändern.“

Auch beim Dessert schmeckt man das. Da ist zum einen die tolle Kombi aus einer locker-sahnigen Schokomousse und einer Mangoschicht in einem Tortenstück (4,60 Euro), zum anderen das Tiramisu (9,90 Euro) mit selbst gebackenem Löffelbiskuit und einer nicht zu schweren Creme. Dazu ein Cappuccino Brulée (5,60 Euro), daneben doppelter Espresso (3,50 Euro). Was will man mehr?