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Social Media Facebook-Chaos in der Landesregierung

Sachsen-Anhalts Staatskanzlei legt wohl als bundesweit erste Regierungseinrichtung ihre Facebook-Präsenz still.

Von Alexander Walter 13.06.2019, 21:07

Magdeburg l Ob Sport, Jugendwettbewerbe oder Landesfeste – fast täglich informiert Sachsen-Anhalts Staatskanzlei auf ihrer Facebook-Seite über die Landespolitik – nicht ohne Erfolg. Fast 12.000 Nutzern gefällt die Seite, Tendenz zuletzt steigend.

Damit aber ist es jetzt vorerst vorbei: „Die Staatskanzlei wird die Seite in den nächsten Tagen stilllegen“, bestätigte Regierungssprecher Matthias Schuppe Donnerstag. Anlass seien massive rechtliche Bedenken des Landes-Datenschutzbeauftragten Harald von Bose. Er berät die Landesregierung in Datenschutz-Fragen. Konkret geht es darum, dass Nutzer von Facebook-Seiten automatisch Informationen über sich hinterlassen. „Wir wollen unsere Bürger über digitale Kanäle erreichen, können ihnen im Fall von Facebook aber nicht sagen, wohin die Daten gehen und was mit ihnen gemacht wird“, erklärte Schuppe.

In anderen Bundesländern sorgt der Vorstoß indes für Verwunderung. „Für uns ist Facebook ein wichtiger Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit“, sagte Sachsens Regierungssprecher Ralph Schreiber gestern. Trotz unbestrittener rechtlicher Probleme sei eine Stilllegung kein Thema. Hamburgs Senatssprecher Marcel Schweitzer betonte den Informationsauftrag staatlicher Stellen. Im Übrigen habe Facebook rechtlich problematische Funktionen bereits abgestellt.

Aus Sicht des obersten Landesdatenschützers von Boses verstößt das Land mit seinen Facebook-Seiten dennoch gegen geltendes Recht. Von Bose bezieht sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2018. Nicht nur Facebook, sondern auch Betreiber von Facebook-Seiten sind demnach für die Verwendung persönlicher Daten verantwortlich. Sie können damit bei Missbrauch ebenfalls zur Rechenschaft gezogen werden. Solange Facebook keinerlei Einblick in seine Datenverarbeitung gewähre, gehe die Seite daher offline, so Schuppe. Von Bose ergänzte, er hoffe, dass nun andere Landeseinrichtungen nachziehen werden.

Danach sah es am Donnerstag nicht aus. Das Umweltministerium verwies auf eine erst im Februar abgestimmte Social-Media-Ausrichtung der Landesregierung. Eine Sprecherin sagte, man habe die Entscheidung „mit Interesse“ zur Kenntnis genommen. Eine eigene Facebook-Seite mit 3500 Abonnenten werde aber weiter betrieben. Auch die Uni Magdeburg will ihre Seite wegen „der großen Bedeutung von Facebook“ weiter bespielen. Das Wirtschaftsministerium, das bislang nur eine Twitter-Seite betreibt, erklärte: „Eine Facebook-Seite ist in Planung.“ Man wolle dort sein, wo die Bürger sind.

Bevor die Seite ans Netz gehe, wolle man aber ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abwarten. Es wird für September erwartet. Die Richter sollen prüfen, ob Facebook in Deutschland bereits Datenverstöße begangen hat. Sollten sie zu diesem Schluss kommen, könnten viele Facebook-Seiten vor dem Aus stehen.