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Sommercamp Studieren im Zeltlager

Für eine Woche ist die Uni Magdeburg zugleich auch Jugendherberge: Auf der Campus-Wiese zelten Oberstufenschüler.

Von Hagen Eichler 14.06.2016, 01:01

Magdeburg l Solarmodule, Kabel, Widerstände – emsig bauen zwölf Schüler einen Schaltkreis zusammen und schon – surr! – dreht sich ein kleiner Propeller. 0,07 Watt erzeugt jede Solareinheit. „Wie viele von denen bräuchten wir, um einen Fön zu versorgen?“, fragt Seminarleiterin Regina Funke. Zwölf Schüler zücken ihre Handys und rechnen. „22 321“, sagt eine Schülerin. Bingo.

Die sechs Jungs und sechs Mädchen aus den Klassenstufen zehn bis zwölf müssten eigentlich in der Schule sitzen. Für diese Woche aber sind sie befreit: Sie besuchen das Technik-Sommercamp der Uni Magdeburg, sind quasi Studenten auf Probe. Während die zwölf in einem Seminarraum am Krökentor Bauteile zusammenstecken, startet anderswo gleich ein Vortrag mit dem geheimnisvollen Titel „Batch Preferential Crystallization“. Das Programm ist vollgestopft, von morgens um neun bis 21 Uhr gibt es Angebote.

25 Teilnehmer besuchen das diesjährige Sommercamp, die Anmeldezahl ist begrenzt. Dennoch ist die Uni froh über jeden, der ein wenig Interesse an Technik zeigt. Die Nachfrage nach diesen Studiengängen ist mau, Technik gilt als unsexy. Für ein achtwöchiges Probestudium in den Sommerferien zahlt die Uni den Teilnehmern sogar 200 Euro Taschengeld.

Das Technik-Sommercamp hingegen lockt mit Klassenfahrt-Atmosphäre. Die Teilnehmer wohnen direkt auf dem Campus: Vor Gebäude 16 haben sie am Morgen vier Groß-Zelte errichtet, drumherum stehen bunte Bänke aus alten Euro-Paletten. Manchen Uni-Mitarbeiter erinnert das an Flüchtlingslager. „Das gefällt nicht jedem“, räumt Rosemarie Behnert ein, die das Camp organisiert. Nachts hält ein studentischer Mitarbeiter zwischen den Zelten Wache. „Aber da passiert nichts, über die Stränge schlagen die nicht“, versichert die Uni-Mitarbeiterin.

Josephine John vom Magdeburger Norbertusgymnasium hat keine Berührungsängste gegenüber technischen und naturwissenschaftlichen Fächern. Sie will später Mathe studieren, wie schon Vater und Großvater. „Ich finde gut, dass es hier viele Experimente gibt, mehr als in der Schule“, sagt die 16-Jährige. Am Dienstag will sie Verfahrenstechnik kennenlernen. „Da weiß ich gar nicht, was das ist“, sagt sie und lacht.

Für den Abend sind Vorlesungen unter freiem Himmel geplant. Zumindest am Montag wird daraus nichts: Am Nachmittag beginnt es zu schütten, Behnert stapft in Gummistiefeln über den Rasen. „Aber das macht nichts“, sagt sie unverdrossen, „Wir verlegen das einfach in den Hörsaal.“