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Parteitag  SPD stellt sich neu auf

Am Sonnabend wird in Halle ein neuer Landesvorstand gewählt. Burkhard Lischka bewirbt sich als Parteichef.

Von Michael Bock 02.04.2016, 01:01

Herr Lischka, in welcher Verfassung ist die SPD knapp drei Wochen nach der Landtagswahl?

Burkhard Lischka: Die SPD hat eine ganz bittere Wahlniederlage erlitten. Das Ergebnis zeigt, dass die Sozialdemokraten nicht immer Recht haben, dass wir auch Fehler machen. Das müssen wir aufarbeiten, und zwar von unten nach oben. Die SPD muss sich jetzt neu aufstellen, mit guten Köpfen und mit ehrlicher Politik.

Direkt nach der Wahl sind heftige Flügelkämpfe in der SPD ausgebrochen. Sind diese befriedet?

Es gibt noch viele Wunden, die erst verheilen müssen. Aber: Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir nur dann Erfolg haben, wenn wir gemeinsam in dieselbe Richtung marschieren.

Welche Fehler hat die SPD gemacht?

Die Fehleranalyse darf sich nicht nur auf die letzten Wochen und Monate beschränken. Unsere Politik war in den vergangenen Jahren nicht immer für jeden erkennbar. Viele Menschen wussten nicht, wofür die SPD im Land eigentlich steht. Sie muss wieder ehrlicher und glaubwürdiger werden. Wir müssen mehr mit den Menschen statt über sie reden und uns um ihre Sorgen und Probleme kümmern. Wir müssen die Kümmerer-Partei in Sachsen-Anhalt sein.

Um welche Themen wird sich die SPD vorrangig kümmern?

Wir dringen darauf, die finanzielle Ausstattung der Kommunen deutlich zu verbessern. Viele Städte und Gemeinden leben ausschließlich von der Substanz. Es ist aber nicht vernünftig, nur noch auf Verschleiß zu fahren. Deshalb brauchen wir auch ein kommunales Investitionsprogramm.

Das Personalkonzept des scheidenden SPD-Finanzministers Jens Bullerjahn ist gescheitert. Plötzlich verlangen alle Parteien mehr Personal. Was genau fordern Sie?

Jens Bullerjahn ist ganz sicher nicht gescheitert. Er hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern über Jahre hinweg für ausgeglichene Haushalte gesorgt. Das ist wichtig für die Zukunft unseres Landes. Jetzt müssen wir weitere wichtige Schwerpunkte für Sachsen-Anhalt setzen. Das bedeutet: Wir brauchen 16 100 Lehrer und pädagogische Mitarbeiter für eine gute Unterrichtsversorgung und mehr Ganztagsschulen im Land. Und: Wir benötigen 6400 Polizisten. Dies bedeutet, dass jährlich 450 junge Polizisten neu eingestellt werden müssen. Denn es sind bei der Polizei neue Aufgaben hinzugekommen, etwa die Terrorismusbekämpfung oder Zusatzbelastungen durch die Aufnahme von Flüchtlingen.

Daneben darf auch die Alltagskriminalität nicht aus den Augen verloren werden. Jüngstes Beispiel: Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt, die Aufklärungsquote liegt bundesweit bei gerade mal rund 15 Prozent. Das ist ein Armutszeugnis. Damit kann und darf sich der Rechtsstaat nicht abfinden.

Wie soll es mit dem Kinderförderungsgesetz weitergehen?

Das KiföG muss noch einmal angefasst werden. Ziel ist es, Kommunen und Eltern zu entlasten. Zudem ist sicherzustellen, dass die Erzieher fair bezahlt werden. Das müssen wir jetzt angehen.

All das wird jährlich hunderte Millionen Euro zusätzlich kosten. Ist das nicht eine Abkehr von der bisherigen Sparpolitik?

Das ist eine Schwerpunktsetzung, die wir dringend brauchen. Natürlich werden wir auf eine vernünftige Haushaltsführung achten und in guten Zeiten auch keine Schulden machen. Momentan helfen uns die sprudelnden Steuereinnahmen und das niedrige Zinsniveau.

Sie treten am heutigen Sonnabend als neuer Landesvorsitzender an. Was für ein Typ sind Sie?

Meine Wahl vorausgesetzt: Ich werde mit Sicherheit kein autoritärer Parteivorsitzender. Alle, die das von mir erwarten, muss ich leider enttäuschen. Ich kann zuhören und ein Stückchen weit ausgleichen. Ich trete für eine offene Diskussionskultur in der SPD ein, die von einem respektvollen Miteinander und nicht von einem misstrauischen Gegenein­ander getragen wird.