Anfang Oktober beginnt das neue Studienjahr / Eine aufregende Zeit vor allem für die Anfänger. Von Kristin Schulze Start an der Uni: Tür auf für die Erstsemester
Kein Platz im überfüllten Hörsaal, Orientierungslosigkeit auf dem Campus und die Frage nach dem leckersten Mensaessen. Für viele Studenten kommt der erste Tag an der Universität einem Kulturschock gleich. Die Volksstimme hat drei von ihnen bei den Vorbereitungen begleitet.
Magdeburg l Anders als damals bei der Einschulung kann man am ersten Tag in der Universität nicht nach Muttis Hand greifen, sich herumführen lassen und sich auf die Schultüte freuen. Eigeninitiative und Vorbereitung sind gefragt.
An der Magdeburger Hochschule (HS) gibt es dafür die Late-Summer-School. 285 Erstsemester haben das Angebot in diesem Jahr genutzt, erzählt der Pressesprecher der HS, Norbert Doktor. Auf dem Programm stand einiges: Ein sprachlicher Einstufungstest für Studenten aus dem Ausland, Deutschkurs, Campus-Führung ...
"Auf Wasserwirtschaft bin ich im Internet gekommen."
Und ein Mathe-Kurs. Einer der Teilnehmer des Mathe-Kurses ist Fabian Elsterkamp. Der 19-Jährige aus Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen) hat im Juli sein Abitur bestanden. "Mit einem Schnitt von 2,6 und eher sprachenorientiert", verrät er. Trotzdem hat er sich für einen Studiengang entschieden, bei dem die Naturwissenschaften im Mittelpunkt stehen. "Auf Wasserwirtschaft bin ich im Internet gekommen", sagt Fabian. Hier finden sich viele seiner Interessen wieder: Biologie, Angeln und der damit zusammenhängende Naturschutz.
Bestätigt hat ihn in seiner Wahl ein zweimonatiges Praktikum in einer Bio-Station in Nordrhein-Westfalen. Dort hat er bei Naturschutz-Maßnahmen geholfen. "Hört sich toll an", sagt Fabian. "Aber eigentlich haben wir nur Pflanzen rausgezogen."
Um die möglichen Studenten kennenzulernen und Magdeburg-Vorurteile abzubauen, gibt es an der Hochschule einen Bewerbertag. Auch Fabian war da: "Ein wunderschöner Campus, viel Grün und der Kompromiss zwischen Großstadt und Ruhe - Magdeburg hat mir auf Anhieb gefallen."
"Mir nicht", sagt Michael Meyer. Auch der 21-Jährige aus Velden (Bayern) beginnt im Oktober mit einem Studium der Wasserwirtschaft. "Ich war an meinem ersten Tag in einer furchtbaren Pension untergebracht", erinnert er sich. Auch die Gegend habe ihn überhaupt nicht überzeugt. Überzeugen konnten aber Campus und Lehrangebote. Wie Fabian packte auch Michael seinen Koffer und zog nach Magdeburg. Beide leben in eigenen Wohnungen. "Eine Wohngemeinschaft mit Fremden kam für mich nicht in Frage", sagt Fabian, und Michael stimmt zu: "Lieber erst zusammenziehen, wenn man sich sicher ist, dass man sich auch mag."
Gelegenheit, Leute kennenzulernen, hatten beide bei der zweiwöchigen Late Summer School. Um 9 ging es los, Mathe-Vorlesungen und Übungen wurden ebenso angeboten wie individuelle Seminare. Fabian hatte sich für "Wie schreibe ich eine wissenschaftliche Arbeit?" entschieden. "Davon hatte ich bisher gar keine Ahnung."
Außerdem arbeiten Fabian und Michael gemeinsam am Late-Summer-School-Projekt Elbehochwasser 2002.
Auch Rebecca Groß (18) ist schon Wochen vor dem Semesterstart mit den Vorbereitungen beschäftigt. Von ihrem Elternhaus in Melle bei Osnabrück ist sie nach Magdeburg gezogen. "Ich kann nicht alleine sein, darum kam nur eine WG in Frage." Eine Fünfer-WG mit drei Frauen und zwei Männern in Stadtfeld ist es geworden. Schon vor dem Abitur (Schnitt 2,1) war Rebecca klar, dass sie Maschinenbau studieren möchte. "Mich faszinieren Autos, Technik finde ich spannend." Ein siebenwöchiges Praktikum in einer Firma, die Scharniere für Schubladen herstellt, festigte ihre Entscheidung. "Dort habe ich natürlich auch die Grundlagen wie Feilen, Sägen und Stanzen gelernt."
Neben Madeburg hatte Rebecca Zusagen für die Unis in Dortmund und Bochum. Punkte für Magdeburg brachte das Hochschulranking. Nur grüne Punkte gab es in Rebeccas Wunschfach Maschinenbau. Zwei Wochen vor Semesterbeginn ist Rebecca nach Magdeburg gekommen. Mit einer dicken Erkältung im Gepäck. "Die kommt vom vielen Abschied-Feiern", erzählt sie. Unzählige Grillveranstaltungen bei nicht immer optimalem Wetter liegen hinter ihr.
Bevor es am 8. Oktober richtig losgeht, stehen trotzdem zwei Vorbereitungskurse an.
"Am ersten Tag des Mathe-Vorkurses gab es gleich einen Test." Rebecca schrieb eine glatte fünf. "Die Fünf hat mir gezeigt, dass so ein Vorkurs für mich absolut angebracht ist."
"Voll die ranzige Stadt und eine fünf im ersten Test."
"Voll die ranzige Stadt", war das erste, was vielen Freunden von Rebecca zu Magdeburg einfiel. Nach ein paar Tagen weiß die 18-Jährige es besser: "Allee-Center, Hundertwasserhaus, Elbe... Was ich bisher gesehen habe, gefällt mir richtig gut." Natürlich ist nicht alles nur toll. "Meine Freunde sind 300 Kilometer weit weg und leben einfach ohne mich weiter", sagt Rebecca. Auch Fabian und Michael bestätigen: "Familie und Freunde fehlen schon sehr." Da ist er wieder, der Wunsch nach Mamas Hand und der Schultüte. Aber dieses Mal muss es ohne sie gehen.