1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Schnellverfahren für Blechschäden

Straßenverkehr Schnellverfahren für Blechschäden

Blechschäden durch Autokarambolagen nimmt Sachsen-Anhalts Polizei ab 12. Juli in einem vereinfachten Verfahren auf. Wichtige Änderungen.

Von Matthias Fricke 09.07.2016, 01:01

Magdeburg l Bisher nahmen Sachsen-Anhalts Polizisten alle Unfälle – vom Parkplatzrempler bis zum schweren Zusammenstoß – nach dem gleichen Prinzip auf. Zumindest für die Blechschäden, bei denen keine Bußgelder erhoben werden müssen oder Straftaten vorliegen, gibt es nun ein verschlanktes Verfahren.

Was ändert sich für den Autofahrer?

Der Unterschied ist zunächst nur der, dass er statt einer einfachen Tagebuchnummer das fertige Protokoll erhält. Dieses hat insgesamt vier Durchschläge: Eines ist für die Bußgeldstelle (ein Verwarngeld muss in der Regel immer einer der Beteiligten zahlen), eins für die Polizei, jeweils eines für die Beteiligten. Die Wildunfallbescheinigung wird damit gleich mitgeliefert. Das Papier kann der Autofahrer dann bei seiner Versicherung einreichen.

Was hat die Polizei davon?

Die verspricht sich am Ende eine Zeitersparnis und einen geringeren Verwaltungsaufwand. Die Polizisten müssen nicht mehr, wie noch bei der qualifizierten Unfallaufnahme, ein sechsseitiges Protokoll im Computersystem ausfüllen und eine elektronische Skizze anfertigen. Das erfolgt jetzt in dem vereinfachten Verfahren per Hand. Bisher mussten die Beamten auch bei den Blechschäden Bildmappen anlegen. Außerdem entfallen die Nachfragen der Versicherungen.

Gibt es keine Fotos mehr für die Beweissicherung?

Nicht zwangsläufig. Die Polizei empfiehlt ohnehin jedem Autofahrer ein Foto von seinem Schaden und dem des anderen Unfallbeteiligten anzufertigen. Für viele Smartphones ist das heute kein Problem mehr. Eine Pflicht für eine Fotodokumentation oder gar Bildmappe besteht nicht mehr. Wenn die Polizei Fotos anfertigt, werden diese unter der Vorgangsnummer gespeichert.

Wenn die Polizei gleich vor Ort die Unfallaufnahme abschließt und einen Verursacher benennt, ändert sich etwas am Rechtsanspruch?

Nein. Auch schon früher hat die Polizei mit „01“ den Verursacher und „02“ den Unfallgegner benannt. Dadurch wird aber nicht der Rechtsanspruch ausgehebelt. „Man kann natürlich weiter wie bisher Widerspruch einlegen“, sagt Landespolizeidirektor Michael Schulze. Weil in Sachsen-Anhalt ohnehin keine Verwarngelder mehr vor Ort kassiert werden, ist es sogar möglich gegen die Entscheidung erst mit dem Bescheid der Bußgeldstelle Widerspruch einzulegen, selbst wenn man die Schuld vor Ort zugibt. Außerdem werde laut Schulze das vereinfachte Verfahren nur dann angewendet, wenn aus Sicht der Polizei die Rechtslage klar ist. Ist dies nicht der Fall, werde das qualifizierte Verfahren wie bisher angewendet.

Akzeptieren die Versicherungen das vereinfachte Verfahren?

Die Versicherungen regulieren nach Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungen (GdV) Schäden nach Bagatellunfällen sogar ohne Beteiligung der Polizei. Hasso Suliak vom GdV: „Beim überwiegenden Teil aller Blechschäden ist eine polizeiliche Unfallaufnahme gar nicht nötig. Uns reicht die Beantwortung der fünf W-Fragen (wann, wer, wo, wie, warum), eine einfache Skizze und ein Foto mit dem Handy.“ Im Zweifel könne man auch unter der Zentralen Rufnummer der Autoversicherer unter (0800) 2 50 26 00 um Hilfe bitten.

Sieht bei der Aushändigung der Durchschläge der Unfallgegner alle meine Daten?

Nein, persönliche Angaben wie das Geburtsdatum sind entsprechend auf den Formularen geschwärzt und nur auf den Durchschlägen für die Polizei und die Bußgeldstelle einsehbar. Bei der Entwicklung der Unfallprotokolle ist der Datenschutzbeauftragte des Landes mit einbezogen worden.

Die Unfallbeteiligten erhalten den Hinweis, dass sie den Unfallbericht sorgfältig aufheben sollen. Was passiert, wenn das Blatt doch abhanden kommt?

Die Polizei bewahrt den Durchschlag drei Jahre lang auf, so dass eine Kopie noch einmal ausgehändigt werden könnte.

Wenn die Polizei vor Ort nur noch per Hand die Protokolle für Blechschäden und Wildunfälle ausfüllt, werden diese dann überhaupt statistisch erfasst?

Ja, die Polizei kommt zu jedem Unfall, zu dem sie gerufen wird. Die Zusammenstöße werden dann auch statistisch erfasst. Polizeioberrat Marco Weigel, Verkehrsreferent im Innenministerium: „Die Statistik ist schon allein für die Analysen für Unfallschwerpunkte wichtig.“

Das vereinfachte Verfahren wird in einem neuen Un­fallerlass geregelt. Was ist da noch vorgesehen?

Das alte Papier ist 21 Jahre alt und wird durch Neuerungen ergänzt. So sollen Polizisten im qualifizierten Verfahren auch digitale Spuren beachten. In den Fahrzeugen gibt es davon, durch den Einsatz von Sensoren und dem Bordcomputer, immer mehr. Auch der Einsatz von 3D-Kameras ist darin unter anderem geregelt.