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Studie Kinderarmut in Sachsen-Anhalt

Viele Kinder wachsen in Armut auf. Jetzt veröffentlichte eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aktuelle Zahlen zu Sachsen-Anhalt.

Von Michael Bock 23.07.2020, 01:01

Magdeburg/Gütersloh l In Deutschland wächst mehr als jedes fünfte Kind in Armut auf. Das sind hochgerechnet 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine gestern veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung. Für zwei Drittel der betroffenen Kinder und Jugendlichen sei die Armut ein Dauerzustand, heißt es. Die Armut verharre trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung seit Jahren auf hohem Niveau. Und: „Die Corona-Krise wird die Situation für arme Kinder und ihre Familien weiter verschärfen.“

Die Untersuchung berücksichtigt Kinder aus Familien, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt. Und es sind Heranwachsende im Grundsicherungsbezug eingerechnet, deren Familien Hartz IV erhalten.

Laut Studie lebten 2019 bundesweit 13,8 Prozent der Kinder in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. In Westdeutschland stagniere die Quote – sie lag 2019 bei 13,1 Prozent (2014: 12,9 Prozent). Im Osten gab es seit 2014 (22,1 Prozent) einen Rückgang auf 16,9 Prozent.

Das Risiko für ein Kind in Sachsen-Anhalt, in Armut aufzuwachsen, ist regional sehr unterschiedlich. Der Studie zufolge lag der Anteil der Kinder und Jugendlichen, deren Familien Grundsicherung erhielten, im vorigen Jahr landesweit bei 18,6 Prozent. Das ist im Vergleich zu 2014 eine deutliche Verbesserung – seinerzeit lebten 24,4 Prozent der Kinder in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften.

Im Ländervergleich kommt Sachsen-Anhalt mit Nordrhein-Westfalen auf Platz elf – mit deutlichem Abstand zum Spitzenreiter Bayern (6,3 Prozent), jedoch auch zum Schlusslicht Bremen (31,6 Prozent). In Ostdeutschland hat Sachsen den besten Wert (12,2 Prozent).

Auch auf kommunaler Ebene zeigt die Erhebung drastische Unterschiede. Der Studie zufolge ist die Armut in den Städten deutlich stärker ausgeprägt. Besonders viele Jungen und Mädchen wachsen in Bremerhaven (35,2 Prozent) und Wilhelmshaven (33,8 Prozent) in finanziell schwachen Verhältnissen auf. Durch Armut belastet sind auch etliche Städte im Ruhrgebiet wie etwa Gelsenkirchen (41,5 Prozent) oder Dortmund (30,1 Prozent). In den Städten in Bayern oder Baden-Württemberg sieht es deutlich besser aus.

In Sachsen-Anhalt ist die Stadt Halle mit 29,7 Prozent Spitzenreiter, gefolgt von Magdeburg (24,5 Prozent) und Mansfeld-Südharz (21,6 Prozent). Am besten schneiden der Bördekreis (10,1 Prozent), der Altmarkkreis Salzwedel (12,8 Prozent) und der Harz (13,1 Prozent) ab.

Laut Studie können zwei Drittel der armen Kinder mit ihrer Familie nicht einmal eine Woche im Jahr in Urlaub fahren. Bei vielen reiche das Geld nicht für einmal im Monat Kino, Konzert oder Essengehen. Klassenfahrten, Schüleraustausch oder Einladungen nach Hause seien schwierig.

Eva von Angern, Fraktionsvize der Linken in Sachsen-Anhalt, sagt: „Das Thema Kinderarmut wird seit Jahren stiefmütterlich behandelt. Wir brauchen im Bund dringend eine eigenständige Kindergrundsicherung.“

Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, warnt vor einem deutlichen Armutsanstieg in der Corona-Krise. Die Folgen der Pandemie träfen Eltern benachteiligter Kinder besonders hart. Sie arbeiteten häufiger in Teilzeit oder als Minijobber und gehörten zu der Gruppe, die als erste ihren Job verliere, kaum oder kein Kurzarbeitergeld erhalte. Zugleich würden viele Angebote für bedürftige Heranwachsende wegfallen.

Man gehe mit vielen Maßnahmen gegen Kinderarmut vor, heißt es aus dem Bundesfamilienministerium. So sei der Kinderzuschlag eine Leistung für Familien mit geringem Einkommen – der Zugang dazu sei erweitert worden.