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Harz-Tourismus Landesregierung sagt Kurtaxen-Ausgleich im Harzkreis ab

Der Harz lebt vom Tourismus. Damit die Gäste kommen, braucht es eine gute touristische Infrastruktur. Und dafür braucht es Geld: die Kurtaxe. Doch die fällt wegen Corona flach. Ein finanzieller Hilferuf an die Landesregierung blieb ungehört. Der Tourismus im West-Harz hingegen wird vom Land Niedersachsen gefördert.

Von Kaya Krahn Aktualisiert: 24.4.2021, 09:55

Magdeburg/Wernigerode. Landrat Thomas Balcerowski (CDU) ist wütend. Vor mehr als vier Monaten bat er das Land um finanzielle Unterstützung für den Ost-Harz – nun kam die Absage von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und dem Finanzministerium. Der Grund: Man sehe die Notwendigkeit nicht, außerdem seien die Landesgelder in der Pandemie begrenzt.

Durch die Absage wird die Konkurrenz zum West-Harz verschärft. Dort zahlt das Land Niedersachsen einen Ausgleich für fehlende Kurtaxe und Gästebeiträge – ein Wettbewerbsvorteil, wie der Landrat findet. Gerade jetzt, wo der Sommer vor der Tür steht und mit ihm wieder vermehrt Wanderer im Harz unterwegs sind. Denn die Pflege von Wegen und anderen touristischen Attraktionen kostet Geld – Geld, das der Harz normalerweise über die Kurtaxe stemmt.

Für die acht Orte im Landkreis, die sie erheben dürfen, darunter etwa Ilsenburg oder Wernigerode, fällt sie wegen der Pandemie weg. Die Konsequenz: Touristische Infrastruktur, wie Museen, die Harzer Schmalspurbahn oder eben Wanderwege, kann nicht ausreichend gepflegt werden. „Wir stehen jetzt mit leeren Händen da“, sagt Balcerowski.

Er wünscht sich ein Konzept wie im West-Harz. Öffentliche Tourismusgesellschaften bekommen dort zusätzlich zu den Ausgleichszahlungen der Gewerbesteuer Geld. Maximal einen Euro für jede erfasste Übernachtung im Jahr 2019.

Die Förderung wurde aufgelegt, „weil sie (die Tourismusgesellschaften) von den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Sofort- und Überbrückungshilfeprogrammen des Bundes ausgeschlossen waren“, sagt Julia Wolffson vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium. Wie viel Geld Niedersachsen für den Tourismus schlussendlich ausgegeben hat, wollte das zuständige Ministerium „aus Datenschutzgründen“ nicht sagen.

Übernachtungszahlen im Harz stark eingebrochen

Im Harz sind die Übernachtungszahlen im Pandemiejahr 2020 im Vergleich zu 2019 deutlich zurückgegangen: Im West-Harz um 36,6 Prozent und im Ost-Harz um 32,3 Prozent. Bei der Kurtaxe fehlten dem Ost-Harz im Vergleich zum Vorjahr rund 1,5 Millionen Euro.

Die Ausgangslagen in dem Tourismusgebiet sind ähnlich, der Umgang der Länder verschieden. Für das Finanzministerium Sachsen-Anhalt ist das aber kein Problem: „Wir sehen hier keinen Wettbewerbsnachteil“, sagt der Pressesprecher Wolfgang Borchert.

Durch den Ausgleich der Gewerbesteuer und zusätzliche Zahlungen aus dem Nachtragshaushalt seien hohe Summen bereitgestellt worden. Laut dem Finanzministerium sei das genug, um den Einbruch der Kurtaxe „wahrscheinlich mehr als zu kompensiert.“

Rein rechnerisch stimmt das. Allein die Zahlungen aus dem Nachtragshaushalt für Wernigerode, Halberstadt und Blankenburg belaufen sich auf 1.621.000 Euro. Damit wären die Kurtaxeausfälle für den gesamten Ost-Harz im Jahr 2020 gedeckt. Die Zahlungen sind jedoch an alle Kommunen des Landes gegangen – berechnet nach der Einwohnerzahl.

Marcus Weise (CDU), Kreischef des Städte- und Gemeindebundes, sagt dazu: „Da vergleicht man Äpfel und Birnen. Diese Gelder werden an anderen Stellen gebraucht, sie sind kein Ausgleich für die Kurtaxe und keine spezielle Entlastung für Reiseregionen. Mit ihnen können wir nicht auch noch die touristische Infrastruktur instandhalten.“

In Niedersachsen kam das Tourismus-Geld auch aus einem Nachtragshaushalt – die Gelder wurden nur eben nicht an alle ausgezahlt, sondern ging im Rahmen des Sonderprogramms Tourismus und Gastronomie gezielt an Tourismusorganisationen.

Alles eine Frage der Zuständigkeit?

Das Finanzministerium sieht bisher keinen Grund zusätzliche Landesgelder auszugeben. Endgültig abgeschlossen sei die Prüfung aber erst in etwa zwei Wochen. Dabei wird jedoch nicht der Spielraum für ein Konzept wie im Nachbarland überprüft, sondern nur die finanzielle Situation der Kommunen. Und bisher sei keine davon wegen fehlender Kurtaxebeiträge in Zahlungsschwierigkeiten. „Um die finanziellen Mittel für ein Vorgehen wie etwa in Niedersachsen zu prüfen, muss uns das Wirtschaftsministerium erst einmal ein Konzept vorlegen“, sagt Borchert.

Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es hingegen, dass man das Anliegen aus dem Harz teile, jedoch nichts machen könne, auch kein Konzept schreiben, da das Finanzministerium „aus finanzwirtschaftlicher Sicht keine Notwendigkeit für eine weitere Hilfszahlung gesehen hat.“

Wer bei dem Hin- und Hergeschacher der Zuständigkeiten auf der Strecke bleibt: Die Gemeinden im Ost-Harz. Mit dem Ausgleich der Gewerbesteuer können keine Wanderwege in Schuss gehalten werden, Corona-Überbrückungshilfen sind für Unternehmen zugänglich und nicht für Kommunen – genau wie die November- und Dezemberhilfe.

Auch die Einnahmen der Gastronomie durch die Modellöffnungen in der Reiseregion reichen laut Landrat Thomas Balcerowski nicht, um die Einbußen wiedergutzumachen. „Da Übernachtungen noch immer verboten sind, gibt es weiterhin keine Kurtaxe für uns.“

Mit Landesgeldern wird dem Ost-Harz nach aktuellem Stand wohl nicht geholfen werden. Doch es gibt einen Lichtblick: Das Wirtschaftsministerium strebt ein Investitionsprogramm mit EU-Geldern an, um beim touristischen Neustart nach Corona zu helfen. Momentan berate man laut Sprecher Matthias Stoffregen mit dem Finanzministerium und der Staatskanzlei.