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UnterstützungParteiwerbung im Salzlandkreis

Nach dem Rückzug aus der AfD greift Frauke Petry mit dem Bürgerforum Blaue Wende neu an. Doch der Weg zurück dürfte mühsam werden.

25.05.2018, 23:01

Löderburg l „Ist das schön hier“, sagt Frauke Petry, als sie am Löderburger See im Salzlandkreis aus dem Auto steigt. Sofort richten sich im Biergarten des kleinen Lokals alle Blicke auf sie. Gefolgt von drei Personenschützern, ihrem einjährigen Sohn und dessen Babysitterin erzeugt Petry Aufmerksamkeit.

Diese will die Ex-AfD-Chefin vor allem auf ihre neue Bewegung („Blaue Wende“) lenken. Petry reist derzeit quer durch Deutschland. Doch das Interesse war schon größer als in Löderburg. Nur 34 Zuhörer und ein Hund sitzen vor ihr, als sie über Bildung referiert. Kleines Auditorium in der Provinz statt Berliner Politikbetrieb.

Petry spult ihr Programm ab. Sie redet frei, ist rhetorisch beschlagen. Minutenlang wettert die 42-Jährige über die Absenkung schulischer Standards, kritisiert den Lehrermangel, macht sich für Ausbildungsberufe stark. Sie lobt, was zu „DDR-Zeiten“ alles gut geklappt hat. Muttersprache vor Fremdsprache ist so ein Credo. Gesittetes Kopfnicken im Publikum. Bierzeltatmosphäre wie bei der Alternative für Deutschland findet man hier nicht.

„Bei der AfD geht es um Posten, Satzungen und Parteitage, aber nicht mehr um die Bürger.“

Petry träumt von einem neuen Bürgerforum – ohne Scharfmacher wie die AfD-Größen André Poggenburg und Björn Höcke. Bundesweit soll die Blaue Wende auf Kommunalebene mit Bürgerinitiativen zusammenarbeiten und Listen mit parteilosen Kandidaten in die Parlamente bringen. Anders als in den Parteien soll es nicht um Posten gehen, sondern ausschließlich um den Dialog und die Interessen der Bürger, verspricht Petry. Bei Landtags- und Bundestagswahlen sollen diese Leute dann auch für die „Blaue Partei“ kandidieren können, die gleich mitgegründet wurde.

Es ist ein sehr idealistisches Modell, das Petry mit Eifer verkauft. Alles soll ganz anders laufen als in ihrer früheren politischen Heimat. „Die AfD war einmal inhaltlich das, was CDU und FDP haben liegen gelassen. Aber das ist sie nach ihrer Radikalisierung leider schon lange nicht mehr. Damit ist die Blaue Partei die einzige konservativ-liberale Alternative in Deutschland.“

Die AfD verwende 80 Prozent ihrer Zeit dafür, ihre Parteistrukturen am Laufen zu halten, kritisiert sie. „Es geht um Posten, Satzungen und Parteitage, aber schon lange nicht mehr um die Bürger.“

Doch wo ist die Nische im Parteienspektrum? Die CDU ist mit der Flüchtlingskrise wieder stärker nach rechts gerückt. Die Blauen sehen trotzdem die Chance, sich als konservative Kraft zwischen Union und AfD zu etablieren. Damit kämpft die Bundestagsabgeordnete aktuell auch gegen die Geister, die sie einst selbst mit rief. Als AfD-Chefin hetzte sie gegen Migranten, wollte diese an der Grenze notfalls mit Waffengewalt stoppen oder abgelehnte Asylbewerber und illegal Eingereiste auf Inseln außerhalb Europas abschieben.

Zu dieser Thematik fällt in Löderburg kaum ein Wort. Einmal sagt sie, es müsse weniger Geld für die „Asylanten“ ausgegeben werden. Doch die fünffache Mutter versucht ansonsten, einen Neuanfang zu verkörpern.

Inhaltlich knüpft sie an die Anfangsjahre der AfD an: Steuersystem vereinfachen, Mindestlohn abschaffen, restriktive Einwanderungspolitik, weniger EU – mehr Nationalstaat. Der erste Meilenstein soll die Landtagswahl 2019 in Sachsen werden. „Wir wollen mitregieren oder eine Regierung tolerieren“, gibt sich die Bundestagsabgeordnete selbstbewusst. In Sachsen begann 2014 der Siegeszug der AfD. Der Einzug in den Dresdner Landtag hätte eine „Signalwirkung“ gehabt, meint Petry. „Ohne uns wäre der Partei in Thüringen und Brandenburg der Sprung ins Parlament nicht gelungen. Was 2014 funktioniert hat, geht mit der Blauen Wende 2019 noch einmal.“

„Politiker müssen Angst haben, dass ein Scheiß-Gesetz wieder abgeschafft wird.“

Mit Petry als Galionsfigur mag das in Sachsen gar nicht so unrealistisch sein. Doch die 42-Jährige weiß auch, dass es woanders ganz schwer werden wird. Eine Art sächsische CSU würde sie auch nehmen, wenn mehr nicht drin ist, lässt sie durchblicken.

Hauptsache, Frauke Petry kann den politischen Betrieb weiter aufmischen. Kühn und kämpferisch geht sie voran. Die Blauen wollen dafür sorgen, „dass sich in diesem Land etwas ändert“. Mehr Bürgerbeteiligung ist der Schlüssel, sagt Petry. „Damit Politiker immer die Angst haben müssen, dass ein Scheiß-Gesetz wieder abgeschafft wird.“