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Verfahren Prozess gegen Dieselpanscher geplatzt

90 Verhandlungstage sind im Diesel-Prozess absolviert - nun geht der Vorsitzende Richter in den Ruhestand. Die Auswirkungen sind gravierend.

Von Bernd Kaufholz 29.08.2018, 17:53

Magdeburg l Eigentlich sollte der Prozess bis Ende August 2018 beendet sein. Spätestens dann sollten die sechs Männer und Frauen verurteilt sein. Ihnen wird vorgeworfen, in Burg fast ein Jahr lang eine Anlage zur Herstellung von Biodiesel betrieben und den Sprit, ohne Energiesteuer zu entrichten, verscherbelt zu haben.

Doch am Mittwoch musste die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Magdeburg das Handtuch werfen. Der Grund: Gerhard Köneke, der Vorsitzende Richter der 4. Großen Strafkammer, geht in den Ruhestand.

Die Auswirkungen auf den Prozess sind gravierend. Scheidet ein Richter wegen langer Krankheit, Ruhestand, Befangenheit oder Tod aus, so muss die Hauptverhandlung mit neuer Besetzung des Gerichts komplett von vorn beginnen.

Die Strafkammer war im Herbst 2015 davon ausgegangen, dass der Prozess, der damals am 18. Dezember beginnen sollte, bis zur Pensionierung des Vorsitzenden längst vom Tisch ist. Aber da hatte sich die Kammer verrechnet. Der Prozess zog sich und zog sich. Am Dienstag wurde ihm in der aktuellen Besetzung der Gnadenstoß versetzt. Sieben Beweisanträge wurden von den Angeklagten gestellt und zwölf weitere angekünddigt. Es lag auf der Hand, dass das Gericht nicht in der Lage sein würde, die Hauptverhandlung bis zum Abschied des Vorsitzenden zu beenden.

Wie die Volksstimme aus Juristenkreisen erfuhr, hatte Köneke darauf gehofft, dass er per Landtagsbeschluss über sein Penionierungsalter hinweg weiter machen könnte. Doch der Landtag habe sich „schwer getan“, das Landesrichtergesetz zu ändern. Nach der Novellierung des Gesetzes vom 13. Juni 2018 können Juristen zwar nun bis zum 67. Lebensjahr weitrichten, aber für Köneke kam die Änderung zu spät. Sein Geburtsjahr liegt über der Kappungsgrenze: 1953.

Ein Ergänzungsrichter, der ohne Verzögerung des Prozesses hätte einspringen könnte, war aus verschiedenen Gründen der Kammer nicht zur Seite gestellt worden. Zum einen wäre ein vierter Berufsrichter gebunden worden, zum anderen wollte das Gericht verhindern, dass dadurch die Verfahrenskosten noch höher werden und der Steuerzahler noch einmal zusätzlich zur Kasse gebeten wird. Ein Vorhaben, was durch den Neustart allerdings ad absurdum geführt wurde. Etwa 90.000 Euro sind den Bach herunter. Wann der Prozess gegen die letzten vier verbliebenen Angeklagten fortgeführt werden kann, steht in den Sternen.

Den „Dieselprozess 2“ mit bereits 100 Verhandlungstagen vor derselben Kammer betrifft das Ausscheiden des Richters nicht. In diesem Fall war im September 2016 ein Ergänzungsrichter hinzugezogen worden.