Polizei übergibt Figur an Evangelische Kirche in Mitteldeutschland Verschollener Taufengel aus Ilsenburg auf Berliner Trödelmarkt aufgetaucht
Ein jahrelang verschwundener Taufengel aus der Schlosskirche in Ilsenburg ist wieder in der Hand der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Die Figur aus dem 17. Jahrhundert soll nach ihrer Restaurierung wieder ihren Platz in der Kirche einnehmen.
Magdeburg l Ein Restaurator aus Brandenburg hatte am 4. März 2012 den Taufengel auf einem Antik- und Trödelmarkt in der Straße des 17. Juni in Berlin entdeckt. Er kannte das Buch "Taufengel in Mitteldeutschland", in dem auch die 55 verschollenen Engel aus der früheren Kirchenprovinz Sachsen verzeichnet sind. (Die Kirchenprovinz bildet seit 2009 mit der Landeskirche Thüringens die Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland).
Der Mann fotografierte die Figur, die vermutlich aus der Zeit von 1695 bis 1700 stammt. Der Händler, der den Engel von einem anderen Händler erworben hatte, wollte rund 3000 Euro haben. Sein tatsächlicher Wert liegt schätzungsweise zwischen 10000 und 15000 Euro. Der Restaurator schaltete schließlich das Brandenburgische Landesamt für Denkmalschutz ein, das wie-derum informierte die EKM und schließlich kam in einer länderübergreifenden Polizeiaktion der Engel aus Hannover wieder nach Sachsen-Anhalt, berichtete Bettina Seyderhelm, Kunstreferentin der EKM. Er war am Mittwoch in Magdeburg an die Kunstexpertin übergeben worden. "Der Hannoveraner Kunsthändler hat sich sehr kooperativ gezeigt. Wir sind sehr froh, dass es nicht wie geplant zu einer Versteigerung gekommen ist." Dass der Engel vermutlich gestohlen worden war, davon hatte der Niedersachse, wie er gegenüber der Polizei angab, nichts gewusst. Über die Identität des Mannes sowie des Zwischenhändlers ist Stillschweigen vereinbart worden. Wann und auf welche Weise der Engel aus der Ilsenburger Schlosskirche verschwunden ist, ist nicht bekannt. 1955 war der Engel noch auf dem Dachboden der Schlosskirche fotografiert worden. In den 1980er Jahren wird er in einem Leihvertrag für Kunst- und Kulturgut genannt. Danach verliert sich seine Spur. Die Schlosskirche Ilsenburg bildete mit Schloss und Kloster ein gemeinsames Areal, war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Besitz des damaligen Fürsten zu Stolberg-Wernigerode. Ende der 60er Jahre war das Gelände von der Staatssicherheit genutzt worden, später als Ferienheim des Rates des Bezirkes Magdeburg. Für die Bevölkerung war das Areal nicht zugänglich. Die Kirche konnte nicht mehr genutzt werden. Nach der Wende wurde sie wieder hergerichtet und wird inzwischen wieder genutzt.
Dass es zu so einer schnellen Übergabe der rund 1,50 Meter großen Figur kommen konnte, ist auch der Inventarisierung durch die Landeskirche zu danken, die Anfang der 2000er Jahre begonnen hatte. Der vermutete Diebstahl ist inzwischen verjährt. Da an gestohlenem Gut kein Eigentum erworben werden kann, lief die Übergabe aufgrund der Nachweise durch die EKM reibungslos.
Der hölzerne Ilsenburger Tauf-engel, der sich noch in Originalfarben zeigt, soll jetzt umfassend restauriert werden. Dafür hat die Kunststiftung 5000 Euro bereitgestellt. Es wird somit noch eine Weile dauern, bis das "geflügelte Taufgerät", wie der Engel auch genannt wird, dem nächsten Täufling die Taufschale schwebend von der Decke entgegenhält.
Die kirchliche Kunststiftung hat für ihre Taufengel, die zumeist einer Restaurierung bedürfen, eine Patenaktion ins Leben gerufen. Für 60 der insgesamt 215 Taufengel wurden bereits Paten gefunden. Spendenkonto und weitere Informationen unter