Ob der SPD-Landtagsabgeordnete die Anhörung als Zeuge verweigern darf, ist noch unklar Verwirrung um Graners Aussage im Finzelberg-Prozess
Stendal l Matthias Graner (SPD) sollte am Freitag einer der wichtigsten Zeugen für Lothar Finzelberg in seinem Berufungsprozess werden. Doch der Landtagsabgeordnete verweigerte vor dem Landgericht Stendal die Aussage. Graner hatte bei zwei vorhergehenden Amtsgerichtsterminen einmal ausgesagt und einmal die Aussage verweigert.
"Er weiß mehr, als er bei seiner ersten Vernehmung zugegeben hat", sagte Lothar Finzelberg anschließend der Volksstimme. Denn Graner sollte ihn entlasten, indem er ihn als Beschuldigten vor dem Untersuchungsausschuss zum Müllskandal ausweist.
Um Hinweise darauf zu bekommen, ließ Richter Gundolf Rüge am Freitag die gesamte Befragung im Ausschuss vom Tonband abspielen: "Die Stimmlagen könnten beweisen, ob der Angeklagte bedrängend befragt wurde und sich als Betroffener fühlte." Wurde Finzelberg nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigter vernommen, hätte er anders belehrt werden müssen.
Matthias Graner saß damals mit im Untersuchungsausschuss. Ob er von einem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen darf, ist noch unklar. Der SPD-Politiker beruft sich auf den Paragrafen 53 der Strafprozessordnung. Darin heißt es, dass er als Landtagsmitglied berechtigt ist, die Aussage über Personen zu verweigern, wenn die sich ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter anvertraut haben. Staatsanwaltschaft und Verteidigung sind sich über die Auslegung des Paragrafen uneinig. "Die Frage ist, ob der Zeuge bestimmte Gespräche in seiner Funktion als Landtagsabgeordneter oder eben privat geführt hat", sagte Verteidiger Andreas Meschkat. Und spielt damit auf ein Gespräch Graners mit einem weiteren Zeugen an.
Der Verwaltungsbeamte Jörg Börstler hatte im ersten Prozess ausgesagt, dass Graner ihm gegenüber von kriminellen Machenschaften im Kreis und dem Landrat als Hauptschuldigen im Müllskandal gesprochen habe. Trotz der Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1000 Euro äußerte sich Graner im Oktober 2012 nicht zu diesem Vorwurf.
Ob das auch im Berufungsprozess ohne Sanktionen möglich ist, will der Vorsitzende Richter Gundolf Rüge bis zum nächsten Verhandlungstag prüfen. Matthias Graner muss kommenden Freitag erneut im Landgericht erscheinen.
Lothar Finzelberg, parteiloser Landrat des Jerichower Landes, wird zur Last gelegt, vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Müllskandal gelogen zu haben.