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grundschule Warnung vor Schulöffnung für alle

Für Schüler gelten ab Dienstag neue Regeln. Ab 8. Juni kehren die Grundschulen zum Regelbetrieb unter Auflagen zurück.

Von Alexander Walter 02.06.2020, 01:01

Magdeburg l Eine Woche vor Wiederaufnahme des eingeschränkten Normalbetriebs in den 448 Grundschulen Sachsen-Anhalts warnt die Bildungsgewerkschaft GEW vor unkalkulierbaren Folgen: „Das ist ein Experiment am lebenden Objekt“, sagte GEW-Vorstand Ingo Doßmann der Volksstimme. Er ist zugleich Schulleiter der Genthiner Grundschule „Stadtmitte“ mit 115 Schülern. Der Fahrplan des Bildungsministeriums:

● Ab heute beginnt der Unterricht an allen Schulen zunächst mit einem Wechselmodell. Um die Abstandsregeln zu wahren, findet der Unterricht dabei je nach Einrichtung tage- oder wochenweise in Kleingruppen, abwechselnd in der Schule oder zu Hause statt.

● Die weiterführenden Schulen gehen zwischen dem 8. und 15. Juni zur einfachen Klassenteilung über. Bisher werden Klassen mitunter auch dreimal geteilt, um den Mindestabstand von 1,5 Metern sicherzustellen.

● Die rund 70 000 Grundschüler sollen im Unterschied dazu ab 8. Juni, spätestens aber ab 15. Juni, generell in die Schulen zurückkehren. Geplant ist Unterricht in festen Gruppen mit festen Ansprechpartnern. In den Pausen sollen verschiedene Gruppen möglichst nicht zusammentreffen. Das gilt auch für die Zeit vor und nach dem Unterricht.

Allerdings: Im Unterricht darf der Mindestabstand von 1,5 Metern unterschritten werden – wenn dies unvermeidbar ist. Schulleiter Doßmann befürwortet das Wechselmodell. Die Regeln ab 8. Juni hält er aber für „fatal“. „Es gibt keine verlässliche Studienlage zur Infektionsgefahr durch Kinder“, sagte er. Die Abstandsregeln aufzugeben, sei riskant. Spätestens im Hort und in Schulbussen finde zudem eine Durchmischung statt.

GEW-Landeschefin Eva Gerth sagte, es sei zweifelhaft, für Grundschüler Regeln aufzuheben, die ansonsten für die gesamte Bevölkerung gelten.

Welche Rolle Kinder als Überträger von Covid-19 spielen, ist nicht geklärt. Erst vergangene Woche war ein Streit darüber entbrannt. In einer Studie hatte der Berliner Virologe Christian Drosten festgestellt: Kinder könnten ähnlich ansteckend sein wie Erwachsene. Sein Kollege Alexander Kekulé kritisierte Methoden und These der Studie. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) verteidigte die Grundschulöffnungen: „Die Regelungen vollziehen die aktuellen Vorgaben des Sozial- und Gesundheitsministeriums für Kindertagesstätten und Horte nach.“ Diese gehen heute in den Regelbetrieb unter Auflagen.

„Es ist niemandem zu erklären, dass die Betreuung von Grundschülern in Horten und Grundschulen nach unterschiedlichen Grundsätzen läuft“, sagte Tullner. Neben den schulischen Aspekten stünden bei den Jüngsten vor allem die sozialen Komponenten im Fokus.

Sachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein gingen überdies den gleichen Weg.

Für dasWechselmodell mit einfacher Klassenteilung erhält Tullner derweil Zustimmung von weiterführenden Schulen. Dieses sei ein guter Kompromiss, sagte Gymnasiallehrerverbands-Chef Thomas Gaube, zugleich Leiter des Giebichenstein-Gymnasiums in Halle. In seiner Schule könne dank der Regeln bis zu den Sommerferien ein Drittel der 900 Schüler täglich vor Ort unterrichtet werden. Das entspricht auch den Zielen Tullners: „Das Modell soll eine hohe Präsenz in den Schulen ermöglichen“, sagte der Minister.

Leiter Doßmann ergänzte indes zu den Regelungen an Grundschulen: „Mindestens wöchentliche Tests auf Corona für Schüler und Lehrer hätten sich bei vollständiger Öffnung gehört.“

Das Sozialministerium hat unterdessen eine neue Teststrategie erarbeitet, die auch Schulen einbeziehen könnte. In einem Konzept ist von einem Frühwarnsystem die Rede. So sollten nach den Ferien freiwillige Tests zunächst an Gymnasien angeboten werden. Fest steht aber noch nichts. Man sei dazu im Gespräch, teilte das Bildungsministerium mit.