Fälle innerhalb kurzer Zeit verdreifacht Wegen 2G: In Sachsen-Anhalt boomt der Handel mit gefälschten Impfpässen
Die Verbreitung von gefälschten Corona-Impfzertifikaten ist in Sachsen-Anhalt sprunghaft angestiegen. Denn die Manipulation der Hefte ist einfach.

Halle/MZ - Erst 2G, jetzt begrenzte Impfpflicht: Zunehmende Einschränkungen für Ungeimpfte befeuern den Handel mit gefälschten Impfnachweisen in Sachsen-Anhalt. Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) hat sich die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Nutzung und Verbreitung gefälschter Corona-Impfnachweise in den vergangenen sechs Wochen verdreifacht.
Demnach wird derzeit in insgesamt 115 Fällen ermittelt - bis Oktober waren es noch 37. Rund drei Viertel der Ermittlungen richten sich gegen Käufer, der Rest gegen Händler. „Wer einen gefälschten Impfpass gebraucht, macht sich wegen Urkundenfälschung strafbar“, betonte LKA-Sprecher Jens Waldmann gegenüber der MZ.
Am häufigsten werden gefälschte Pässe von Apothekern entdeckt. Und zwar dann, wenn die Nutzer ihren illegalen Nachweis in ein digitales Zertifikat übertragen wollen. Nach Angaben der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt werden die Mitarbeiter etwa dann skeptisch, wenn die Impfung laut Arztstempel weit entfernt vom Wohnort stattgefunden haben soll oder die Chargennummer nicht gelistet ist. „Je weiter die Möglichkeiten Ungeimpfter eingeschränkt werden, desto häufiger treten diese Fälle auf“, sagte Kammersprecherin Katrin Pohl - und betonte: „Jeder, der nicht geimpft ist und vorgibt, geimpft zu sein, gefährdet sich und andere.“
Bis zu zwei Jahre Haft für Fälscher
Doch die Strafverfolgung der Impfbetrüger stockte bislang: Erst mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes Ende November hatte die Bundesregierung die Strafen für Impfbetrüger verschärft. Dem LKA in Sachsen-Anhalt sind jedoch bereits seit Mai derartige Fälle bekannt. Seit November droht Fälschern und Käufern nun eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Zuvor sei die Gesetzeslage unklar gewesen, sagte Heike Geyer, Oberstaatsanwältin in Halle. Das habe den Schwarzmarkt angefacht. „Auch im südlichen Sachsen-Anhalt haben wir immer mehr Fälle“, berichtete die Staatsanwältin.
Die Prüfung auf Echtheit ist indes nach wie vor eine Hürde. Denn anders als etwa Personalausweise tragen die gelben Heftchen keine Sicherheitsmerkmale wie etwa Hologramme. Die Impfung wird lediglich durch eine Unterschrift des Arztes, einen Praxisstempel und die Chargennummer der Impfstofflieferung verifiziert. „Damit kommen wir nicht weit“, sagte Geyer.
Apotheker sollen Fälschungen entlarven
Das Bundesgesundheitsministerium pocht indes auf die Sicherheit der Impfpässe: Die Hersteller sorgten dafür, dass Chargennummern nur einmal vergeben werden, sagte ein Sprecher auf MZ-Nachfrage. Die Nummer könne dann etwa von Apothekern beim Paul-Ehrlich-Institut abgefragt werden. „Diese sind in der Regel gut geübt, so dass Fälschungen dort durchaus auffallen dürften“, so der Sprecher. Für die Apotheker bedeutet das: Verdächtige Pässe müssen bei Impfstelle und Institut überprüft werden. Gefälschte Nachweise sollen sie dann umgehend der Polizei melden.
Doch die Prüfung über die Chargennummer greift in der Regel nicht, wenn die gelben Hefte in Geschäften oder Kneipen vorgelegt werden. Dort haben die Mitarbeiter meist keinen Zugang zur Datenbank oder keine Zeit für eine umfassende Kontrolle. Die gelben Hefte auf Echtheit zu prüfen, sei zudem „eher schwierig“, sagte LKA-Sprecher Waldmann. Die Pässe sowie Druckvorlagen für die Chargen-Etiketten seien im Handel frei erhältlich. Zudem sei die Verfolgung von Passfälschern nicht Aufgabe von Apothekern, betonte Kammersprecherin Pohl. Gut gemachte Fälschungen könne man nicht immer erkennen.