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Wenn die Holzheizung gemütlich bullert ...

Von Andreas Stein 12.12.2012, 09:08

Die Swiderskis aus Havelberg sind Pioniere. Vor rund zehn Jahren stellte die Familie ihr Haus als erstes in der Region auf eine Holzheizung um. So wird die Umwelt geschont – und Swiderskis sparen jährlich Tausende Euro Heizkosten.

Havelberg/Magdeburg ● Das Notariat in der Lindenstraße kennt
fast jeder. Viele Havelberger sind in der Villa zu DDR-Zeiten in den
Kindergarten gegangen, liehen sich dort Bücher aus, nachdem die Stadtbibliothek eingezogen war. Mehr als 100 Jahre alt ist das Haus, wurde ursprünglich von einem Bäckermeister gebaut und beherbergte nach dem Krieg die russische Kommandantur.

Eins der Überbleibsel aus alten Zeiten ist ein großer grauer gusseiserner Heizkörper im Wartezimmer des Notariats. Er funktioniere sogar noch. Ganz ursprünglich standen überall Kachelöfen, erzählt Peter Swiderski, dessen Frau das Notariat leitet. Als die Familie vor elf Jahren das leerstehende Gebäude von der Stadt kaufte, entschied sie sich neben Entkernung und Dämmung des Daches auch dafür, die Sanitär- und Heizungsanlagen komplett zu modernisieren – zu hoch waren die
Kosten der städtischen Fernwärmeheizung.

"Das Haus mit seinen dicken Wänden und dem Fachwerk im Obergeschoss war ein Glücksgriff für uns", sagt Peter Swiderski heute. Ursprünglich kommt die Familie aus dem Harzvorland, wohnte ganz normal in einer Mietwohnung, bevor seine Frau Notarin in Havelberg wurde. Doch womit heizen, wenn Fernwärme zu teuer ist und auch die Heizöl- und Gaspreise immer weiter steigen?

Swiderskis holten sich Hinweise und Angebote von ortsansässigen Firmen und entschieden sich am Ende für die Firma Dieter Schulenburg aus dem Havelberger Ortsteil Sandau. Die Firma riet der Familie zu einer Hackschnitzel-Holzheizung. Mit einem Kamin oder Holzofen hat die Anlage in Peter Swiderskis Keller nur noch wenig gemein. "Das ist ein vollautomatischer Kessel, der selbst startet, zündet und das Brenngut über eine Förderschnecke aus dem Lagerraum abholt. Das macht wenig Arbeit", freut sich der 45-Jährige.

Natürlich: Die Anlage für das 300 Quadratmeter große Haus war teurer in der Anschaffung als eine Ölheizung. "Aber vor zehn Jahren waren die aus Baumresten gewonnenen Holzhackschnitzel viel günstiger als Öl. Nach weniger als drei Jahren hatte sich die Anlage amortisiert, seitdem heizen wir viel günstiger", sagt Peter Swiderski. Heute seien Öl und auch Holz natürlich teurer als vor einer Dekade.

"Aber ich spare jährlich im Vergleich zur Ölheizung immer noch 40 bis 50 Prozent oder rund 3000 Euro." Die Familie hat gleichzeitig eine Solaranlage auf dem Dach installiert, die von Mai bis September warmes Wasser liefert. So sparen Swiderskis noch mehr und
schonen die Umwelt. Der Naturschutzaspekt spiele eine Rolle, aber für uns war die Geldersparnis entscheidend, sagt Peter Swiderski pragmatisch. Bis heute läuft die Anlage störungsfrei, bis auf kleine Verschleißteile habe noch nichts ausgetauscht werden müssen. Hat die Anlage auch Nachteile? Wie bei Feststoff heizungen üblich, gebe es im Keller eine feine Staubschicht, die Peter Swiderski durch Türen aussperrt. Alle ein bis zwei Wochen muss er die Asche entnehmen und der Schornsteinfeger kommt viermal im Jahr. Ungefähr genauso oft liefert ein Lkw Hackschnitzel, die der Hausherr mit einer Art Riesen-Staubsauger in den 20 Quadratmeter großen Lagerraum einbläst. "Ich kann meine Anlage nur weiterempfehlen", sagt Peter Swiderski.

Heizungsbauer Dieter Schulenburg denkt gern an diese erste Anlage zurück. Mittlerweile hat er 70 in ganz Mittel und Norddeutschland verbaut. Hackschnitzel-Holzheizungen empfiehlt er Häuslebauern ab mindestens 150 Quadratmeter Grundfläche, aber vor allem bei großen Altbauten wie Bauern- oder Gutshäusern und Villen rentiere sich die Anlage. "Viele Landwirte können ihre horrenden Heizölrechnungen kaum noch bezahlen", erzählt Schulenburg. Den Brennstoff für die neue Anlage könnten sie sogar selbst erzeugen, denn bald könnten auch pflanzliche Heizstoffe wie Stroh-, Laub- oder Heupellets verbrannt werden. Die Verbrennung von Holzresten sei auch umweltfreundlich, bestätigt Annette Leipelt vom NABU Sachsen-Anhalt. "Holz ist CO₂-neutral, da die gleiche Menige Kohlendioxid freigesetzt wird, die während des Wachsstums aufgenommen wurde", sagt sie. "Allerdings sollte die energetische Nutzung von Holz immer am Ende der Verwertungskette stehen.

Keinesfalls dürfte Starkholz in Form noch weiter zu nutzender
Baumstämme verbrannt werden, so der NABU. Die energetische Nutzung von Landschaftspflegematerial begrüßen die Umweltschützer
ausdrücklich. Das sei allemal besser als der großflächige Kulturanbau
von nachwachsenden Rohstoffen (Energiepflanzen) und löse gerade für Landwirte Entsorgungsprobleme. Die Technik sollte weiterentwickelt werden, fordert Annette Leipelt.