Sonderschau auf Schloss Wernigerode Zeugnisse über den Anfang vom Ende einer Epoche
Wernigerode l "Pomp and Circumstance. Das deutsche Kaiserreich und die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg" ist der Titel einer Ausstellung auf Schloss Wernigerode. Sie soll ab Ende Juli 2014 zu sehen sein. Das Projekt wird von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse mitfinanziert.
Über Geld verliert Wilfried Schlüter grundsätzlich kein Wort. Auch nicht unmittelbar vor Weihnachten. Fakt ist lediglich: Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Harzsparkasse, deren Vorstand er ist, beteiligen sich gemeinsam an der Finanzierung der Sonderausstellung "Pomp and Circumstance. Das deutsche Kaiserreich und die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg".
"Es ist eine ganz erhebliche Summe", hält sich Christian Juranek ebenfalls bedeckt. Der Geschäftsführer der Schloß Wernigerode GmbH spricht lieber über das Projekt. Anlass dafür ist der Beginn des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Historiker bezeichnen dieses Ereignis als "die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts". In ganz Deutschland werden deshalb Expositionen, Symposien und Publikationen vorbereitet. Auch in Sachsen-Anhalt. Hier wird unter Leitung des Museumsverbandes an einer Wanderausstellung gearbeitet. Schwerpunkt ist allerdings der Erste Weltkrieg selbst.
Juranek: "Deshalb haben wir schnell gesagt, wir kümmern uns um die Vorgeschichte." Und: "Das ist ein schwieriges Thema, weil von dieser Zeit kaum etwas gesammelt worden ist." Dennoch dürfte mit etwa 250 bis 300 Exponaten zu rechnen sein. Gezeigt werden Stücke aus dem eigenen Fundus ebenso wie Leihgaben renommierter Museen und Privatsammlungen. Der Geschäftsführer: "Zusagen gibt es unter anderem bereits von der Hessischen Schlösserverwaltung, vom Militärhistorischen Museum der Bundeswehr, der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland und von der Museumslandschaft Hessen-Kassel."
Doch die Besonderheit des Vorhabens liegt nicht nur in dem Thema, das von europaweiter Bedeutung ist. Erstmals wird eine Sonderausstellung über die sechs dafür vorgesehenen Räume hinaus auf die beiden Rundgänge des Schlosses erweitert. Der Geschäftsführer will damit für den Besucher einen Dialog entstehen lassen. "Zwischen dem, was da ist, und dem, was dazu kommt."
"Den Äbtissinnenstab gibt es noch. Auch ihn werden wir zeigen" - Christian Juranek, Geschäftsführer
Denn historische Bezüge zu Wernigerodes Wahrzeichen gibt es reichlich, erläutert Christian Juranek. So war der Bauherr des Schlosses in seiner heutigen Gestalt, Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode (1837-1896), von 1878 bis 1881 Vize-Reichskanzler unter Otto von Bismarck (1815-1898) - also noch während der Regierungszeit von Kaiser Wilhelm II. (1859-1941). Der Monarch weilte mehrfach auf dem Schloss. So führte er 1906 persönlich Magdalene Gräfin zu Stolberg-Wernigerode (1875-1955) in ihr Amt als Äbtissin des Klosters Drübeck ein. Der Geschäftsführer: "Den Äbtissinnenstab gibt es noch. Auch ihn werden wir zeigen."
Einen besonderen Grund hat auch die Wahl des Ausstellungstitels "Pomp and Circumstance". Laut Juranek handelt es sich dabei um den Titel eines Militärmarsches von Sir Edward Elgar (1857-1934). Der englische Komponist hatte ihn zwischen 1901 und 1909 geschrieben. Heute erklingt er zum Abschluss jeder "Last Night" bei den Wernigeröder Schloßfestspielen.
"Pomp" steht dabei für die nach außen wirksame Selbstdarstellung und -inszenierung zu Zeiten der Herrschaft in Deutschland unter Kaiser Wilhelm II.. Unter "Circumstances" sind hingegen die verschleierten politischen Sachverhalte zu verstehen, die letztlich zum Glanz wie zur Tragödie der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg beigetragen haben.
Christian Juranek beschreibt den Zustand der damaligen Gesellschaft als janusköpfig. Einerseits rückwärtsgewandt und im Historismus gefangen. Andererseits fortschrittlich und modern, wie etwa in Wissenschaft und Kunst sowie bei sozialen Reformen.
Zeugnisse vom Anfang des Endes einer Epoche werden von Ende Juli bis Anfang November 2014 auf Schloss Wernigerode zu sehen sein. Uniformen, Waffen, Akten, Urkunden, Gemälde und sogar originale Möbel, die dem letzten Monarchen gehörten. Eventuell obendrein ein Exponat, dass die Besucher schmunzeln lassen dürfte. Der Geschäftsführer hat das Stück vor einiger Zeit erworben. Den Nachttopf, den Otto von Bismarck bei seinen Besuchen im Harz zu benutzen pflegte.