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AfD wehrt sich juristisch gegen Verfassungsschutz

Die AfD kämpft in Deutschland auf verschiedenen Ebenen dagegen, dass der Verfassungsschutz sie beobachtet. Auch die AfD in Sachsen-Anhalt will das abwehren. Nicht nur juristisch - sondern auch mit Sprachregelungen.

06.02.2021, 12:02
Ronny Hartmann
Ronny Hartmann dpa-Zentralbild

Magdeburg (dpa/sa) - Die AfD in Sachsen-Anhalt will sich mit juristischen Mitteln gegen eine nachrichtendienstliche Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz wehren. "Es ist korrekt, dass wir in einem abgestuften Verfahren mit rechtlichen Mitteln gegen eine mögliche Beobachtung des Verfassungsschutzes vorgehen", sagte Landesparteichef Martin Reichardt am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" (Samstag) über ein Schreiben an die AfD-Mitglieder berichtet. In dem Brief werden die rechtlichen Schritte angekündigt sowie weitere Mittel vorgeschlagen, um eine Beobachtung des Inlandsgeheimdienstes zu stoppen und mehr über das Ausmaß der Ausspähung zu erfahren.

Landeschef Reichardt wollte sich dazu nicht äußern. Das Schreiben liegt auch der dpa vor. Darin heißt es unter anderem, alle Mitglieder sollten die über sie selbst gespeicherten Daten bei der Behörde abfragen und die Erkenntnisse mit der Partei teilen.

Zudem sollen sich die rund 1400 Mitglieder laut Empfehlung des Vorstands in ihrer Wortwahl mäßigen und als Verharmlosung der Nazi-Herrschaft auslegbare Äußerungen ebenso unterlassen wie Anleihen an die Sprache von Neonazis. Als Beispiel nannte der Landesvorstand Wörter wie "Volkstod" und "Passdeutsche". Bei Äußerungen über den Islam solle bedacht werden, dass die Glaubensfreiheit auch für Muslime gelte und Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft Deutsche seien - egal seit wie vielen Generationen ihre Familien den Pass habe.

Die AfD in Sachsen-Anhalt wird nach dpa-Informationen und mehreren Medienberichten seit Mitte Januar vom Landesverfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Das ist laut Landesrecht nur möglich, wenn der Behörde genügend Anhaltspunkte vorliegen, dass die Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt. Die Behörde äußert sich dazu unter Berufung auf die Rechtslage in Sachsen-Anhalt nicht, informierte aber das geheimtagende Kontrollgremium des Landtags, das den Verfassungsschutz kontrolliert. Auch die AfD ist dort mit einem Abgeordneten vertreten. Die AfD-Fraktion stellte nach dem Bekanntwerden der Einstufung Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Geheimnisverrats.

Schon länger bekannt ist, dass der Bundesverfassungsschutz den AfD-"Flügel" als erwiesenermaßen extremistische Bestrebung einstuft, ihm weiterhin 7000 Mitglieder zurechnet und den sachsen-anhaltischen Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider namentlich als einen der führenden "Flügel"-Köpfe nennt.

Derzeit steht im Raum, dass auch die gesamte Bundespartei zu einem Verdachtsfall Rechtsextremismus erklärt und mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgespäht werden könnte. Die Bundes-AfD will gerichtlich verhindern, dass der Bundesverfassungsschutz sie so einstuft und das öffentlich macht. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus. Der sächsische AfD-Chef Jörg Urban kündigte an, "koordiniert über den Bundesverband" gegen eine Einstufung als Verdachtsfall juristisch vorzugehen.

Der sachsen-anhaltische Landesverband beauftragte dem Schreiben an die Mitglieder zufolge eine Kölner Anwaltskanzlei, das Landesamt für Verfassungsschutz abzumahnen und sich in einem Eilverfahren gegen eine mögliche Beobachtung zu wehren. Damit geht die AfD in Sachsen-Anhalt den gleichen Weg wie die Bundespartei und der Landesverband im benachbarten Sachsen. Er kommt nicht überraschend. Schon nach den Medienberichten über eine nachrichtendienstliche Beobachtung hatte Parteichef Reichardt angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Aus Sicht der Partei ist eine Beobachtung nicht gerechtfertigt.

© dpa-infocom, dpa:210206-99-326034/3

Bericht der Mitteldeutschen Zeitung zum Schreiben des AfD-Vorstands wegen der Verfassungsschutzbeobachtung

Ronny Hartmann
Ronny Hartmann
dpa-Zentralbild