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Befragung im Fall Jalloh soll im Rechtsausschuss stattfinden

Die Aufklärung des Falles Jalloh sorgt wieder für Streit - und Zweifel am Aufklärungswillen des Staates. Befragungen von Richtern sollen nun im Rechtsausschuss stattfinden. Die Linke bezweifelt, dass dabei viel raus kommt.

08.07.2020, 16:52
Ronny Hartmann
Ronny Hartmann dpa

Magdeburg (dpa/sa) - Die umstrittene Befragung von Richtern und Staatsanwälten durch externe Berater im Fall Jalloh soll kurzfristig in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses stattfinden. Der Termin sei für Freitag dieser Woche oder Mittwoch kommender Woche geplant, sagte die Obfrau der Linken im Rechtsausschuss, Eva von Angern, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Der genaue Termin hängt demnach davon ab, wann die betroffenen Beamten Zeit haben. Die Befragung hatte zuvor für Kritik am Justizministerium gesorgt.

Oury Jalloh war im Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben gekommen. Er wies starke Brandverletzungen auf und war an Händen und Füßen gefesselt. Trotz zweier Gerichtsverfahren sind die Umstände seines Todes bis heute ungeklärt. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte statt eines Untersuchungsausschusses vor zwei Jahren zwei Sonderberater einbestellt und beauftragt, einen Bericht dazu anzufertigen. Den sollen sie im Spätsommer vorlegen. Der Auftrag des Landtags sah auch vor, dass die beiden Berater involvierte Justizbeamte befragen können. Das lehnt das Justizministerium nun ab.

Die Linke, aber auch Politiker aus den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen, hatten dem Justizministerium daraufhin vorgeworfen, die Aufklärung des Falles zu behindern. SPD und Grüne kündigten an, die Sache im Koalitionsausschuss nächste Woche zu thematisieren. Die Grünen kündigten zudem an, im Zweifel wieder einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema unterstützen zu wollen.

Ein Kritikpunkt von Grünen und Linken war, dass das Innenministerium den beiden Beratern des Rechtsausschusses die Befragung ohne weiteres erlaubt hatte. Das bestätigte das Innenministerium am Mittwoch. "Das Innenministerium unterstützt vollends die unabhängige Aufklärungsarbeit im Fall Oury Jalloh", sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) der dpa. "Die uneingeschränkte Transparenz seitens des Innenministeriums ist mir wichtig, damit alle Fragen beantwortet werden können."

Erste Gespräche führten die Berater nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums bereits mit Angehörigen der Landespolizei. "Zudem ermöglicht das Ministerium für Inneres und Sport die Inaugenscheinnahme des Gewahrsamstraktes des Polizeireviers Dessau-Roßlau." Dort war Jalloh 2005 ums Leben gekommen.

Unter anderem die Innenexpertin der Linken, Henriette Quade, hatte bereits darauf hingewiesen, dass das Innenministerium in der Befragung durch die Berater kein Problem sehe. Quade hatte das Thema am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Landtag zur Sprache gebracht. Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) hatte daraufhin zugesichert, den Rechtsausschuss bei der Aufklärung zu unterstützen. Die Vorgesetzten der betroffenen Richter und Staatsanwälte hätten die Befragung aus verfassungsrechtlichen Bedenken abgelehnt. Zu einer Debatte kam es im Parlament aber nicht: Quade hatte nur Zeit für eine Frage gehabt, anschließend lehnte die Mehrheit der Abgeordneten eine Verlängerung der Regierungsbefragung ab.

Quade bezeichnete das im Anschluss als "bedauerlich und bezeichnend". Die 15 Jahre lange Aufarbeitung sei bisher vor allem am mangelnden Aufklärungswillen staatlicher Stellen gescheitert. Die fehlende Bereitschaft, über Kollegen und Vorgesetzte und deren Fehlverhalten zu reden, sei "das kennzeichnende Moment des Falls Jalloh", sagte Quade. Auch der nun geplanten Befragung im Rechtsausschuss steht sie skeptisch gegenüber. Da die Ausschüsse des Landtages öffentlich tagen, sei es sehr fraglich, wie viel die Beamten bei der Befragung überhaupt sagen können.