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Schuldnerberatungen erwarten Ansturm im Herbst

Das Coronavirus bringt viele Menschen in finanzielle Nöte. Was passiert, wenn alle Reserven aufgebraucht sind?

04.07.2020, 09:41

Magdeburg (dpa/sa) - Trotz der Corona-Krise ist es in den Schuldnerberatungsstellen im Land derzeit noch ruhig. Der Andrang von Menschen mit finanziellen Problemen wird gegen Ende des Jahres erwartet, wie eine dpa-Umfrage ergibt. Gerade könnten viele Menschen noch von ihren Reserven zehren und es sei kein erhöhter Beratungsbedarf zu spüren, teilte die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Magdeburg mit. "Das wird sich alles nach hinten schieben und dann mit einem Knall kommen", sagte eine Mitarbeiterin. Diese Erfahrungen machen auch andere Beratungsstellen im Land. "Der Ansturm zeichnet sich jetzt ab und nach dem Sommer wird es mehr werden", sagte Monika Fehrmann von der Caritas-Beratungsstelle in Wittenberg.

Weil die Beratungsstellen wegen der Corona-Einschränkungen zunächst wochenlang schließen mussten, gab es nach Angaben der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt zunächst sogar einen Rückgang der Beratungen. "In zahlreichen telefonischen Anfragen wurde deutlich, dass die Ratsuchenden, etwa um Unterlagen zu sichten, auf eine Möglichkeit der Vor-Ort-Beratung warten wollten", sagte Gerdi Stock von der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle Halle. "Viele wissen noch nicht, dass wir wieder persönliche Beratungen durchführen", sagte auch Fehrmann in Wittenberg.

Die aktuellen Hygienemaßnahmen und Einschränkungen wie die Maskenpflicht machen die Lage nicht einfacher. "Viele sagen, dann warte ich mit der Beratung, bis das wieder vorbei ist", teilte die AWO-Beratung in Magdeburg mit. Zur Zeit kämen überwiegend Privatpersonen, die schon über einen längeren Zeitraum verschuldet gewesen seien. Für die Zukunft erwarte man aber eher die Betreiberinnen und Betreiber von kleinen Gewerben. "Ein Eindruck der letzten 14 Tage ist, dass zunehmend Freiberufler und Kleinstunternehmer, also Selbstständige, Rat suchen", sagte Stock von der Verbraucherzentrale in Halle.

Zwar verhielten sich die Banken gerade zurückhaltend, was die Rückzahlung von Krediten angehe und auch das Kurzarbeitergeld zeige Wirkung, sagte die Leiterin der Schuldnerberatungsstelle in Stendal, Ina Bombach. Allerdings greifen die bisherigen Stundungsregeln im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie seit dem 1. Juli nicht mehr, teilte die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt mit. Viele Menschen in finanziellen Nöten müssten sich neu orientieren.

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Justizministeriums 2536 Anträge auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt. Im ersten Quartal 2020 waren es demnach 615 Anträge.