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Stahlknecht kritisiert Tumulte in Zast: "Kein Verständnis"

In der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in Halberstadt kommt es am Wochenende zu tumultartigen Szenen. Der Innenminister ist aber gegen eine dezentrale Unterbringung.

06.04.2020, 16:29

Halle/Halberstadt (dpa/sa) - Ungeachtet tumultartiger Szenen in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (Zast) lehnt Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eine dezentrale Unterbringung der Bewohner ab. "Die Diskussion halte ich momentan für deplatziert", sagte Stahlknecht am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Oberste Priorität habe die Gesundheit aller Menschen im Land. Zuvor hatte unter anderen die Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt mit Verweis auf das Infektionsschutzgesetz gefordert, die Geflüchteten getrennt unterzubringen.

Die knapp 850 Bewohner der Einrichtung stehen seit Ende März wegen eines Corona-Falls unter Quarantäne. Am Samstag war es auf dem Gelände zu einem Zwischenfall mit rund 100 bis 150 Bewohnern der Unterkunft gekommen. Auslöser sei demnach die Qualität des Essens gewesen, sagte eine Sprecherin des Landesverwaltungsamts am Montag. Beteiligte warfen demnach Zäune um und machten so ihrem Unmut über die Bedingungen in der Unterkunft Luft.

Innenminister Stahlknecht kritisierte am Montag, "dass Missfallen, zum Beispiel weil das Essen nicht geschmeckt hat, tumultartig und aggressiv zum Ausdruck gebracht wird". Nach Angaben der Behördensprecherin gab es unterdessen Gespräche mit Vertretern der Geflüchteten. Diese seien positiv verlaufen.

"Die meisten Geflüchteten waren schockiert und verängstigt", sagte eine Sprecherin des Vereins Zora, der Initiativen für die Geflüchteten der Zast bündelt, am Montag. Die Stimmung sei in der vergangenen Woche sehr angespannt gewesen. Der Großteil der Bewohner habe in dem Vorfall am Samstag allerdings eine Gefährdung der eigenen Gesundheit gesehen. Eine Quarantäne sei keine Form der Bestrafung, sondern medizinische Notwendigkeit, so die Sprecherin. Ein Großteil der Geflüchteten habe diese Notwendigkeit erkannt und akzeptiert.

Aufgrund der Corona-Beschränkungen sei die Kantine der Zast derzeit geschlossen, sagte die Sprecherin des Landesverwaltungsamts weiter. Ein Cateringunternehmen übernehme die Essensversorgung. Vermutlich habe es nicht alle Geschmäcker getroffen. Zudem habe es Probleme mit dem W-LAN gegeben. Daraufhin kam es zu den Szenen. Bereits vor dem Vorfall habe es die Möglichkeit gegeben, Essenswünsche an den neuen, externen Anbieter zu schicken, hieß es.

Die Landesfraktion der Linken zeigte sich in einem offenen Brief vom Wochenende entsetzt über die Zustände in der Unterkunft. "Unter den Bedingungen der Massenunterbringung lässt sich der Gesundheitsschutz der Geflüchteten nicht ausreichend sicherstellen", heißt es darin. Die notwendigen Maßnahmen, die das Infektionsschutzgesetz erfordere, seien nicht umsetzbar. Unter anderem forderte die Linke eine dezentrale Unterbringung der Bewohner. Auch das Antirassistische Netzwerk Sachsen-Anhalt hat die Zustände in der Zast in einem offenen Brief kritisiert.

Laut Polizei mussten am Sonntag mehrere Menschen, die eine Versammlung für die Rechte der Geflüchteten vor der Zast planten, auf dem Weg zur Unterkunft gestoppt werden. Die Gruppe verstieß gegen das Infektionsschutzgesetz, wie die Polizei am Montag mitteilte. Gegen zehn Menschen im Alter von 20 bis 36 Jahren wurden Ermittlungen eingeleitet.

Nach bisherigen Angaben des Landkreises Harz sind die Zast-Bewohner wegen eines Corona-Falls derzeit weiter unter Quarantäne gestellt. Ein ehemaliger Bewohner, der inzwischen in Halle lebt, war positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden.

Offener Brief Linken-Landesfraktion

Antirassistisches Netzwerk Sachsen-Anhalt