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Verband: Testpflicht für Reiserückkehrer schwer umzusetzen

Seit einer Woche müssen sich Urlauber aus Risikogebieten nach ihrer Rückkehr auf das Coronavirus testen lassen - oder in Quarantäne bleiben. Doch wie finden die Behörden die Betroffenen überhaupt?

14.08.2020, 16:15

Magdeburg (dpa/sa) - Die angeordnete Corona-Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten ist nach ersten Einschätzungen der Amtsärzte in Sachsen-Anhalt schwierig umzusetzen. Zwar gebe es bei Urlaubern, die per Flugzeug, Busreise oder mitunter auch der Bahn zurückkehrten sogenannte Aussteigerkarten, mit denen die Behörden informiert würden, sagte der Magdeburger Amtsarzt und Landeschef des Verbands der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst, Eike Hennig.

Doch diese Informationen würden zum einen zunächst den Gesundheitsämtern übermittelt, wo die Rückkehrer deutschen Boden betreten und von dort weitergeleitet. Zum anderen seien sie oft unvollständig, weil etwa Telefonnummern oder Kontaktadressen fehlten. Für die Gesundheitsämter bedeute die Betreuung der Reiserückkehrer daher einen immensen zusätzlichen Aufwand.

Als Beispiel nannte Hennig eine erste Statistik aus seinem Magdeburger Gesundheitsamt: Demnach waren bis Donnerstag 92 Fälle bekannt, in denen Magdeburger aus Risikogebieten eingereist sind. Von ihnen konnte aber mit 31 nur etwa ein Drittel abgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass die Gesundheitsbehörden keinen Überblick haben, ob sich wirklich alle Rückkehrer aus Risikogebieten bei ihnen melden, auch wenn sie dazu verpflichtet sind.

Wer aus Risikogebieten zurückkehrt, muss entweder einen aktuellen negativen Coronatest vorweisen, zuhause einen machen oder zwei Wochen in heimischer Quarantäne bleiben. Diese Anordnung gilt bundesweit seit einer Woche. Zudem hat seitdem jeder, der aus dem Ausland zurückkehrt, das Recht, kostenlos auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet zu werden.

"Wir merken, dass das Reisegeschehen zum Einschleppen neuer Fälle führt", sagte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums, Ute Albersmann. Die Nachweise summierten sich in der laufenden Woche auf den höchsten Wert seit zwei Monaten. Am Freitag wurden im Vergleich zum Vortag 15 neue Infektionen gemeldet, 8 davon allein in Magdeburg.

Die Entwicklung führe dazu, dass es an vielen verschiedenen Orten im Land neue, voneinander unabhängige Fälle gebe, die zu Infektionsherden führen könnten, wenn sie nicht schnell erkannt würden, erklärte Albersmann. Die Listen der infizierten Reiserückkehrer zeigten überdies, dass die Ansteckungsgefahr auch in Ländern bestehe, die nicht als Risikogebiete gelten. "Deswegen ist es so wichtig, viel zu testen."

Das Gesundheitsministerium registriert bei den Sachsen-Anhaltern laut Albersmann durchaus eine erhöhe Aufmerksamkeit für die Problematik. Es gebe viele Anrufe und Nachfragen zu Testmöglichkeiten und den geltenden Bestimmungen. Manche Urlauber riefen dafür sogar noch von ihrem Feriendomizil im Ausland aus an.

Die Stadt Dessau-Roßlau meldete am Freitag beispielsweise ein positiv auf das Coronavirus getestetes Kind, das sich zuvor im Ostsee-Urlaub angesteckt hatte. Die Infektion wurde entdeckt, nachdem eine Familie aus einem anderen Bundesland positiv getestet und alle Kontakte nachverfolgt worden waren. Der Schulhort, in dem das Kind nach dem Urlaub wieder betreut wurde, ist vorerst geschlossen. Kinder und Erzieherinnen der Einrichtungen werden ebenfalls getestet.

Angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens in Europa geht Amtsarzt Hennig davon aus, dass künftig mehr Rückkehrer verpflichtend auf das Virus getestet werden müssen und das weit über die Ferienzeit hinaus. Allein in Magdeburg seien zwei Stellen nötig, um die Aufgaben rund um die Reiserückkehrer zu stemmen.

Anders als im Frühjahr sei es schwerer, personelle Unterstützung aus der Verwaltung zu bekommen, berichtete Hennig. Damals hätten viele Ämter wegen des weitgehend heruntergefahrenen öffentlichen Lebens Kapazitäten für andere Aufgaben gehabt, jetzt aber laufe der reguläre Verwaltungsbetrieb wieder. Das dürfte vor allem kleinere Gesundheitsämter fern der großen Städte Halle und Magdeburg vor große Herausforderungen stellen.