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Social Media Von Corona ins Netz gedrängt

Damit Salzwedels Einrichtungen in der Coronakrise arbeiten können, sind digitale Kanäle nötig, von neu geschaffen oder reaktiviert werden.

14.04.2020, 12:59

Salzwedel l Einkaufen, Arbeiten, Filme schauen – große Teile des Alltags werden ins Digitale verlegt, das schon seit vielen Jahren. Die bisher eher schrittweise Entwicklung wurde durch die Coronakrise aber schlagartig beschleunigt. Wer sich zu Hause isoliert, muss vieles auch von dort abwickeln können. Für Salzwedeler Einrichtungen, die wegen des Virus‘ geschlossen sind, wurde das Online-Angebot dagegen von einem kleinen Aspekt des Geschäfts zu seinem neuen Kern – mit unterschiedlichen Herangehensweisen.

Läden, die keine Lebensmittel oder Medizin verkaufen, gehören zu den schwer getroffenen in der Coronakrise. Der Verkauf im Geschäft ist seit fast einem Monat nicht mehr möglich, dafür boomen die Online-Shops.

Um das auszunutzen, wurde das Branchenbuch altmark-live um Funktionen erweitert, mit denen Geschäfte ihre Waren auch online ausstellen können. Der Anfang verlief schleppend – viele mussten sich komplett neu einarbeiten –, aber das Angebot wächst.

Für Maximiliane Völks „Fruchtmanufaktur Altmark“ etwa war auf der eigenen Webseite schon ein Online-Shop angekündigt, der kam dann aber kurzfristig auf altmark-live. Es war eine frühe Umstellung für das noch junge Unternehmen, das erst im vergangenen Jahr gegründet wurde.

Doch das Online-Einkaufen ist längst ein alter Hut, anderen Gewerben fällt der Umzug ins Internet schwerer. Die Geräte im Fitnesscenter zum Beispiel können auch nur dort benutzt werden, aber Beratungen können noch telefonisch erfolgen und zumindest das Training ohne Extra-Ausrüstung lässt sich verlagern. So wurde der Youtube-Kanal von „Fit und Fun“ nach Monaten wieder reaktiviert. Die Trainer zeigen dort Übungen, die es sonst in den ausgefallenen Kursen gegeben hätte – so angepasst, dass sie auch in den eigenen vier Wänden machbar sind.

Für die Trainer war das erstmal eine Umgewöhnung, da sie sich in den Videos nicht mehr einer bestimmten Zahl an Kursteilnehmern, sondern Dutzenden, vielleicht Hunderten Zuschauern präsentieren müssen. Auch Yogalehrerin Jacqueline Waldhausen gab an, zunächst von der Umstellung überwältigt worden zu sein: „Da war man auch gedanklich nicht so weit.“ Der Youtube-Kanal könnte jetzt aber länger gepflegt werden, etwa für neue Videoreihen oder „Challenges“, also kleine Herausforderungen für die Zuschauer.

Auch der Salzwedeler Märchenpark ist in erster Linie zum Besuchen gedacht. Auf unbestimmte Zeit kann er aber nur aus der Ferne betrachtet werden, was die Mitarbeiterinnen über Facebook erleichtern. Denn während da vorher nur sporadisch Beiträge veröffentlicht wurden, hat deren Frequenz nun stark zugenommen.

Kleine Aufnahmen aus dem Park zeigen den Leuten etwa die neue Oster-Deko, die trotz der Schließung angebracht wurde. So sehen frühere und künftige Besucher, was sie verpassen – oder auf was sie sich freuen können, wenn der Märchenpark wieder geöffnet hat.

Der Filmpalast hat seine Fans während der Corona-Krise gleich direkt eingebunden. Unter dem Motto „Alles wird gut“ wurden Regenbögen per Post und per E-Mail gesammelt, die nun an der Eingangstür des Kinos hängen und bessere Zeiten versprechen. Die Aktion wurde über Facebook ins Leben gerufen, über das das Kino weiter mit seinen Kunden in Kontakt bleibt.

Die Leute sollen „sehen, dass es uns noch gibt“, sagt dazu Geschäftsführerin Barbara Bode. Außerdem habe sie nun „viel Muße und Zeit“, sich um Social Media zu kümmern, während der Filmpalast still steht. Dort wird auch regelmäßig für die Option geworben, Gutscheine für die Zeit nach der Schließung zu kaufen – eine der wenigen Einnahmequellen, die Kinos derzeit haben. Dies wird aber weniger genutzt als sonst zur Osterzeit, wie Bode angibt.

Manche Kinos oder Verleiher sind bereits dazu übergegangen, Filme früher als ursprünglich geplant im Internet zu streamen. Das ist beim Filmpalast aber nicht geplant – allein schon, weil Kino ein Gemeinschaftserlebnis bleiben soll, sagt Bode. Dass es damit weitergeht, damit rechnet sie allerdings nicht vor Ende Juni.

Aus einem ähnlichen Grund wird auch das Kunsthaus erstmal keine Konzerte oder andere Veranstaltungen übertragen. Überlegungen habe es laut Vorstandsvorsitzenden Dietrich von Gruben zwar schon gegeben. Aber die Qualität ähnlicher Projekte fand man nicht so berauschend, weshalb davon ausgegangen wurde, dass das Kunsthaus so nicht das bieten könne, was es bieten will.

Bibliotheken waren eigentlich schon ganz gut auf die Coronakrise eingestellt. Die Gebäude selbst sind zwar geschlossen, und „unsere Leser fehlen uns, das können Sie mir glauben“, sagt Kerstin Gromeyer, stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek Salzwedel. Aber ein Bibliotheksausweis ermöglicht mehr, als nur Bücher vor Ort auszuleihen. Er bietet auch Zugriff auf die „Onleihe“, aus der Bücher, Comics, Audiobücher und andere Medien aus dem Internet geladen werden können.

Hier gibt es aber einen Haken: Wer die Datenbank während der Coronakrise nutzen will, muss sich schon vorher einen Bibliotheksausweis besorgt haben – oder jemanden kennen, der einen besitzt. Manche Bibliotheken nehmen noch neue Anmeldungen an und übermitteln zunächst nur die Login-Daten, aber in der Stadtbibliothek Salzwedel ist ein persönlicher Besuch nötig, um die Daten zu kontrollieren.

Das ist wegen der Schließung nicht möglich, neue Ausweise können also derzeit nicht ausgestellt werden. Wer schon einen Ausweis hat, nutzt ihn dafür umso intensiver, wie eine Auswertung der Onleihe zeigt: Im März – dem Monat der Corona-Verordnungen – wurden mehr als 42 000 Medien bundesweit herunter geladen. Das waren mehr als in irgendeinem Monat des vergangenen Jahres.

Es gibt nun auch ein paar mehr Sachen zum Laden, da die Sammlung während der Pandemie aufgestockt wurde – das bestätigte Cornelia Poenicke, stellvertretende Leiterin des Landesverbands Sachsen-Anhalt der deutschen Bibliotheken. Salzwedel wehrte sich da allerdings gegen den Trend, tatsächlich gab es im März mit 876 Downloads noch etwas weniger als im Februar. Ein ungewöhnlich hoher Wert für die Region, vielleicht wurde da schon ein Vorrat für die drohende Quarantäne angelegt.