Handball Trainer Carstens beklagt "Disziplinlosigkeit" / Hauptsponsor Hasseröder geht von Bord Der SCM und die Frage nach dem Warum
Die Gedulds- und Leidensfähigkeit der Magdeburger Handball-Fans wird momentan auf eine harte Probe gestellt. Nach der enttäuschenden Vorstellung am Mittwoch gegen TuS N-Lübbecke (29:29) werden Wind und Ton rauer. Zudem macht die Nachricht vom Absprung von "Hasseröder" als Hauptsponsor die Runde.
Von Janette Beck
Magdeburg l Dieser Gang nach Canossa - sprich zur Pressekonferenz - nach dem wenig erbaulichen Spiel war für Frank Carstens sicher kein leichter. Da brauchte man dem 41-jährigen Trainer nur in die Augen zu schauen: Aus ihnen sprachen Sorge, Enttäuschung und Ärger. In Worte gekleidet klang das Ganze dann so: "Natürlich bin ich nicht zufrieden, denn wir sind hier angetreten, um zu gewinnen. Am Ende müssen wir sogar noch froh sein über den einen Punkt, denn diese Partie war eigentlich schon verloren."
Das Ärgerliche daran war, dass "wir über weite Strecken die Möglichkeit dazu hatten", die Partie gegen den personalgeschwächten Tabellenzwölften zu dominieren und siegreich zu gestalten. Beim 22:18 ( 37.) oder 24:21 (42.) verpassten es van Olphen Co. aber, den Sack zuzumachen. Viele eroberte Bälle seien nicht in Tore umgemünzt worden. Der Grund: "Das Tempospiel war überhastet, und die Möglichkeiten wurden nicht geduldig genug herausgespielt", kritisierte der Trainer.
Dabei hatte er "genau das" bei der Vorbereitung besprochen. Und deswegen ärgerte ihn die "Disziplinlosigkeit" maßlos. Ebenso das Unvermögen der SCM-Abwehr, Nettelstedts gefährlichste Waffe, Kreisspieler Frank Loke, zu entschärfen. Der 33-jährige Norweger erzielte acht Treffer, (zu) viele davon in der zweiten Halbzeit, als es eng wurde. Warum seine Spieler sich nicht an das taktische Konzept gehalten hatten, "ist im Moment nicht zu erklären, darüber müssen wir reden", war Carstens, dessen Wirken an der Seitenauslinie gestern von den SCM-Fans im Forum auf der Vereins-Homepage oder bei "Facebook" sehr kritisch beleuchtet und hinterfragt wurde, ratlos.
So wie die Anhänger sehnen sich auch die Spieler selbst nach der Lockerheit und Leichtigkeit, mit der sie in der vergangenen Saison noch für so manche Überraschung gesorgt hatten. "Wir sind im Moment einfach nicht gut drauf. Jetzt sind wir als Mannschaft gefordert. Wir müssen uns selbst aus dem Loch rausziehen", erklärte Gerrie Eijlers, den die Pfiffe nach der Partie "natürlich an die Nieren gegangen sind, aber ich kann die Leute verstehen, sie bezahlen viel Geld für die Tickets und gehen enttäuscht nach Hause, weil wir nicht gut gespielt haben."
Allerdings hadert der Keeper auch mit seiner eigenen Form: "Wenn ich wüsste, woran es liegt, dass es nicht so richtig läuft, würde ich es abstellen. Aber es gibt nun mal nicht immer auf alle Fragen eine Antwort," so der Holländer, dessen Lösung für das Problem pragmatisch ist: "Wir müssen nicht reden, sondern endlich mal rausgehen und einfach machen."
Auch Stian Tönnesen beklagte "viele unnötige Fehler und viel Pech". Allerdings hält der Spielmacher nichts davon, "sich mit der Frage nach dem Warum den Kopf zu zermartern". Zumal auch nicht alles schwarz sei: "Wenn wir schon in vier Tagen wieder ran müssen, dann hilft es, weder den Kopf in den Sand zu stecken noch die Fehler beim anderen zu suchen. Das A und O ist jetzt, dass wir zusammenstehen und uns gemeinsam ein Erfolgserlebnis verschaffen. Am besten, gleich am Sonntag in Nantes."
Absprung von drei Sponsoren macht rund 350 000 Euro aus
Mit Sorgen ganz anderer Art schlägt sich momentan Manager Marc Schmedt herum. Ihn ereilte vor zwei Tagen die Hiobsbotschaft, dass Brustsponsor "Hasseröder", seit 15 Jahren beim SCM im Boot, aussteigt: "Wir wurden von der Geschäftsleitung darüber informiert, dass der regulär zum Saisonende auslaufende Vertrag nicht verlängert wird. Natürlich war das auch für uns eine unangenehme Überraschung", so Schmedt, der betonte, dass dies eine "konzerngesteuerte Entscheidung" aus wirtschaftlicher Sicht gewesen sei: "Das hat nichts mit unserer sportlichen Leistung zu tun."
Nach Volksstimme-Informationen sollen mit "Dong" und den Bio-Ölwerken noch zwei weitere Geldgeber angekündigt haben, ihre Unterstützung nach Saisonende einzustellen. Somit fehlen dem SCM für 2013/14 rund 350 000 Euro. Schmedt wollte dies nicht bestätigen: "Es gibt jedes Jahr Abgänge und Zugänge von Sponsoren, das ist normal. Außerdem reden wir hier über fünf Prozent des Gesamtbudgets für die kommende Saison. Dadurch, dass wir mit 280 Sponsoren sehr breit aufgestellt sind, geraten wir wirtschaftlich nicht ins Wanken."