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Unihockey: Der SV Chemie Genthin hat die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft verpasst Der unglückliche Moment des Keepers

03.06.2010, 05:15

Genthin (dhü). Nur gut, dass es quasi ein 20 Kilometer langer Katzensprung zwischen Genthin in Sachsen-Anhalt und Wusterwitz in Brandenburg ist, die Ansprachen der Franziska Mietzsch am vergangenen Sonntag hätten ihrem Team ganz sicher sonst gefehlt. Mietzsch bringt einiges an Unihockey-Erfahrung mit. Gesammelt hat sie diese nicht zuletzt in der Schweiz, neben Tschechien, Finnland und Schweden eine Hochburg dieses Sports. Nach dem Abitur war die Wustewitzerin als Aupair-Mädchen ins Land der Eidgenossen gegangen und hat zugleich die Chance genutzt, sich bei den Burgdorf Wizards weiterzuent- wickeln. Das sah man der jungen Frau dann bei der Vorrunde zur Deutschen Meisterschaft in der Halle an der Berliner Chaussee auch an. Sie konnte sich schnell der neuen Spielsituation, läuferisch wie in der Schlägerführung, anpassen. Und ihre neun Männer im Team des SV Chemie Genthin hörten ihren Anweisungen aufmerksam zu. Letztlich haperte es nicht einmal an der Umsetzung beim Gastgeber. Genthin hatte schlichtweg Pech. Mit einem 5:6 gegen Uphusen und mit einem 5:5 gegen Eintracht Berlin in der Staffel C verpasste das Team das Halbfinale und damit die Möglichkeit, sich für die Endrunde zu qualifizieren. "Trotzdem sind wir mit der Saison mehr als zufrieden", sagte Abteilungsleiter Sebastian Döring. Genthin wurde Meister der Regionalliga.

Das Schöne an dem Sport, erklärte Döring, ist: "Es geht kein Spiel 0:0 aus." Die Parallelen zum Eishockey sind groß. Genthin spielt derzeit personell bedingt auf verkleinertem Feld, ein Torwart und drei Akteure zählt das Team. Was Unihockey nicht bietet sind harte Fouls, die werden rigoros bestraft. Auch unerlaubte Weitschüsse und Abseits gibt es nicht. Unihockey lässt man laufen, neben den technischen Anforderungen macht genau das diesen Sport aus. Döring hätte gern selbst eine Rolle gespielt am Sonntag, allerdings hat er sich schon sechsmal die Schulter ausgekugelt, und das Gelenk und die Sehnen sind derart instabil, dass er sich einer Operation unterziehen wird.

Eine unglückliche Rolle spielte Keeper Daniel Flister. Im vergangenen Sommer, als Spieler und die Torhüterin Jacqueline Becker (Lübeck) studiumsbedingt Chemie verließen, suchten sie untereinander nach einer Alternative, jeder probierte sich auf Knien zwischen den Pfosten. "Und Daniel hatte es am besten gemacht", sagte Döring. Nach dem ersten Match gegen Uphusen war nun ein trauriges Lächeln im Gesicht des 24-Jährigen zu entdecken, der Dresdner, der in Brandenburg studiert, hat innerhalb weniger Sekunden die Extreme der Gefühlswelt durchlebt. Mit 3:5 lag Genthin nämlich zurück, zwei Minuten waren noch zu absolvieren (gespielt wird 2x20 Minuten). Nachdem zunächst die Kontervariante aufgegangen war, baute der Gastgeber in der Schlussphase selbst mehr Druck auf. 80 Sekunden vor dem Ende traf Eric Geue zum 4:5, dann agierte Genthin in Überzahl. 30 Sekunden vor Schluss nutzte dies Christoph Drohmann zum 5:5, die komplette Mannschaft stürmte aufs Parkett und feierte den Schützen. Und dann waren es noch sechs Sekunden, als nach einem eher harmlosen Schuss aus spitzem Winkel der Ball aus Flisters Hand in die Maschen rutschte zum 5:6. Ein kurzer Moment des Schocks, dann ging der Blick nach vorn: "Wir haben noch ein Spiel, um das Halbfinale zu erreichen", wusste Döring.

Dieses 5:5 gegen Eintracht Berlin hätte ja zum Halbfinale gereicht, wenn nur Berlin anschließend gegen Uphusen mit zwei Toren verloren hätte. Aber Berlin gewann, mit 7:2. Chemie agierte in der zweiten Partie nicht kreativ genug im Angriff, baute damit keinen Druck auf, die Tore resultierten aus Einzelaktionen. In der Abwehr verließ der Gastgeber einige Male seine Ordnung, Berlin nutzte seine Chancen eiskalt aus. Christoph Drohmann und Steffen Kalow trafen in der ausgeglichenen ersten Hälfte zum zwischenzeitlichen 2:3. Kalow markierte zudem das 3:3 (27.), aber mit einem Doppelschlag schaffte Berlin die erneute Führung (3:5/31.). Genthin antwortete prompt durch Niels Lütge (31.) und Tom Hartmann (38.) zum 5:5, ein letzter Treffer in den verbleibenden zwei Minuten wollte nicht mehr gelingen.

Die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft erreichten am Ende weder Uphusen noch die Eintracht, dorthin fahren am 19. Juni die Teams aus Kiel und Hamburg, die sich erst in der Staffel D und dann im Halbfinale durchsetzten.

Genthin: Daniel Flister – Franziska Mietzsch, Niels Lütge, Christoph Drohmann, Steffen Kalow, Eric Geue, Moritz Genzer, Martin Hoffmann, Leonhard Stottmeister, Tom Hartmann