Nationalteam in tiefer krise Wie geht es nach Japan-Debakel weiter für Bundestrainer Hansi Flick?
Die Luft für Hansi Flick als Bundestrainer wird nach dem 1:4 gegen Japan immer dünner. Sorgt der DFB für ein Novum? Namen von Nachfolgern werden bereits gehandelt.

Hansi Flick hat am Sonntagvormittag wie geplant das öffentliche Training der Fußball-Nationalmannschaft auf dem Gelände des VfL Wolfsburg geleitet.
„Wir haben uns das alle sicherlich ein bisschen anders vorgestellt. Aber nichtsdestotrotz ist es für uns selbstverständlich, dass wir mit allen Spielern und allen Trainern hier sind und uns hier stellen“, sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler in einer Durchsage an die anwesenden Fans am Morgen nach dem heftigen 1:4 gegen Japan zum Start in die EM-Saison.
Die DFB-Auswahl trifft am Dienstag (21 Uhr/ARD) in Dortmund auf den WM-Zweiten Frankreich. „Wir müssen uns drauf vorbereiten, dass wir am Dienstag ein wichtiges Länderspiel haben“, sagte Völler.
Hansi Flick will als Bundestrainer weiterkämpfen
Flick steht nach der 1:4 (1:2)-Blamage gegen Japan vor dem Aus, ein Rauswurf wäre allerdings ein Novum in der 123-jährigen Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Keiner der zehn Vorgänger Flicks wurde vom Verband entlassen.
Hansi Flick selbst sieht seinen Job anscheinend nicht mehr als sicher an. Im Profi-Fußball sei „vieles schwer vorherzusagen“, sagte Flick am Sonntagvormittag. Fans rief er bei der Autogrammstunde am Spielfeldrand zu: „Ja, ja, ich fighte weiter. Es geht weiter. Das ist so.“
DFB-Team im freien Fall: Wie geht es weiter mit Hansi Flick als Bundestrainer?
DFB-Sportdirektor Völler, der sich nach den Enttäuschungen im Juni noch deutlich vor Flick gestellt, vom festen Vertrauen und dem richtigen Weg gesprochen hatte, vermied am Samstagabend ein weiteres Bekenntnis.
„Wir tun alle gut daran, erstmal eine Nacht darüber zu schlafen“, sagte der einstige Teamchef. „Hansi Flick tut mir ein bisschen leid, wie das jetzt gelaufen ist.“ Das 1:4 sei eine Blamage. „In drei Tagen spielen wir gegen die beste Mannschaft Europas, das wird natürlich schwierig. Aber wir dürfen uns auch nicht in die Hose machen“, sagte Völler.
Der bei weitreichenden Entscheidungen und Aussagen zunächst immer zurückhaltende DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußerte sich spontan nicht - im Profifußball-Geschäft an sich kein gutes Zeichen für Trainer. Die Berufung und Abberufung des Bundestrainers sind beim DFB keine Entscheidungen Einzelner, sondern immer Angelegenheit der Gremien. Dennoch: Tonangebend wird Völler sein.
Die Handlungsoptionen: Neuendorf, Völler, das Verbandspräsidium, die Task Force mit den alten Granden des deutschen Fußballs - sie müssen die Grundsatzentscheidung treffen: Mit oder ohne Flick gegen Frankreich. Einen EM-tauglichen Nachfolger innerhalb weniger Stunden zu finden, ist fast unmöglich. Denkbar wäre eine Übergangslösung für Frankreich und ein Neustart für die anstehende USA-Reise im Oktober. Bleibt Flick, braucht er gegen Frankreich ein überaus überzeugendes Erfolgserlebnis. Aber auch dann wird die Japan-Blamage hängen bleiben.
Bundestrainer Flick vor dem Aus? Diese Nachfolger werden gehandelt
Die Namen: Als mögliche Nachfolger waren zuletzt mehrere Kandidaten genannt, alle mit Einschränkungen. Der frühere Bayern-Trainer Julian Nagelsmann (36) wäre teuer. Jürgen Klopp (56), seit Jahren Wunschkandidat, wird beim FC Liverpool verehrt. Reformer Ralf Rangnick (65) ist bei Österreichs Nationalteam gebunden und im Nachbarland sehr erfolgreich. Stefan Kuntz (60) trainiert die Türkei. Der einstige U21-Erfolgstrainer könnte aber nicht abgeneigt sein, zum DFB zurückzukehren, auch wenn der Verband einst Flick ihm vorzog.
Auf dem Markt ist der Österreicher Oliver Glasner (49), der Eintracht Frankfurt zum Europa-League-Triumph geführt hatte. Matthias Sammer (56) sitzt in der DFB-Task-Force, hatte ein Trainer-Comeback aber immer ausgeschlossen. Ließe er sich im nationalen Notstand überzeugen? Was ist mit dem als TV-Experten geschätzten Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (62), der Trainererfahrung hat? Ein Comeback von Weltmeister-Coach Joachim Löw wäre eine extrem gewagte DFB-Lösung.