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HandballSCM und die Last mit der Belastung

Es ist ein Dauerthema im professionellen Handball: die (Über-)Belastung der Spieler. Auch beim SC Magdeburg ist es präsent.

Von Anne Toss 18.04.2019, 01:01

Magdeburg l Sonntag: Abreise vom Final Four aus Hamburg nach Magdeburg. Montag: Von Magdeburg zum Berliner Flughafen und mit dem Flieger weiter nach Zagreb. Dann per Bus nach Osijek und von dort aus zum EM-Quali-Spiel am Mittwoch nach Belgrad. Donnerstag zurück nach Kroatien, wo Sonntag in Zadar das nächste Spiel stattfand. Und am Montag folgte dann die Rückreise nach Magdeburg.

So sah der Reiseplan von SCM-Abwehrspieler Zeljko Musa vergangene Woche für die Länderspiele mit Kroatien aus. „Ich spiele schon so lange Handball und habe dadurch genug Erfahrung, wie ich mit der Belastung umgehen muss“, meint Musa dazu, „die vielen Spiele selbst sind da auch eher das geringere Problem. Anstrengend sind vor allem die vielen und mühevollen Reisen.“

Stress- und Belastungssituationen wie diese haben Anfang April etliche bekannte Handball-Profis wie Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer zur Veröffentlichung eines Videos bewegt, das sich unter dem Stichwort „Spielt nicht mit den Spielern“ schnell im Netz verbreitete. Eine Forderung sind beispielsweise mehr Ruhetage bei internationalen Turnieren.

Voll hinter dieser Initiative steht Jannick Green. Auch der SCM-Torhüter empfindet den Stress als belastend. Er pendelte in beschriebener Woche mit der dänischen Nationalmannschaft zwischen Dänemark und Montenegro, um EM-Qualifikationsspiele zu absolvieren. „Es ist einfach anstrengend, zu reisen. Am schlimmsten ist es, wenn es erst ins Flugzeug und dann noch mit dem Bus weitergeht“, erzählt Green. Danach brauche man eigentlich erst einmal einen kompletten Tag, um sich richtig zu erholen.

Nur: Das erlaubt der straffe Zeitplan äußerst selten. „In dieser Saison trifft uns zwar nicht die volle Wucht, da wir im EHF-Cup ausgeschieden sind. Aber die Saison geht von August bis Juni, über diesen langen Zeitraum hinweg muss ich immer einsatzbereit sein.“ Für ihn und Musa ist das größte Manko die kurze Sommerpause. „Wenn wir im Sommer auch mal fünf Wochen Pause hätten. Da kann man die vielen Blessuren am Körper viel besser auskurieren“, sagt Musa.

Den häufigsten Kritikpunkt, dass die breite Masse der Handballer davon gar nicht betroffen sei, sondern nur wenige Spitzen-Profis, kann Green nicht nachvollziehen. „Es betrifft vielleicht nur die Spieler, die international und mit ihren Nationalmannschaften unterwegs sind. Aber für mich geht es darum, sich mit ihnen zu solidarisieren. Denn jeder will doch mal in der Nationalmannschaft spielen – und dann steckt man selbst in dieser Situation“, erklärt Green.

Physiotherapeut Andreas Grote, der die SCM-Handballer seit über 20 Jahren betreut, kennt die Misere ebenfalls. Und er weiß um die Folgen der Dauerbelastung. „Die Weltmeisterschaft im Januar hat im positiven Sinne gepusht, auf dieser Welle sind wir bis jetzt geritten“, meint Grote. Und zwar mit Blick auf die mentale und körperliche Verfassung der Spieler. Doch nach der Pokal-Endrunde, die noch einmal ein Höhepunkt war, tritt jetzt eine schwierige Phase ein. Stichwort Müdigkeit. „Meistens gibt es innerhalb einer Saison zwei kritische Abschnitte. Einmal vor Weihnachten und dann die Monate, in denen wir jetzt gerade sind“, berichtet Grote.

Spieler werden unkonzentrierter, kleinere und größere Blessuren kommen hinzu. „Aber die Events geben den Plan vor“, stellt Grote klar. Auch er würde den Handballern eine längere Sommerpause gönnen. „Nächstes Jahr stehen dann ja aber auch noch die Olympischen Spiele an. Das heißt wiederum noch weniger Urlaub“, sieht er wenig Chancen für eine grundlegende Änderung.

Das hat Mads Christiansen 2016 als dänischer Nationalspieler selbst erlebt. Christiansen: „Der Olympiasieg bleibt unvergessen. Aber dadurch hatte man fast zwei Jahre lang kaum Urlaub.“ Was Matthias Musche für Tokio 2020 gerne in Kauf nehmen würde. Mit bisher 54 Spielen führt der 26-Jährige die interne SCM-Einsatzliste an. „Die nötige Regeneration ist sehr individuell. Und mit einer gewissen Erfahrung weiß man natürlich, was für einen am besten ist. Um mich aufzulockern, gehe ich gerne mal für mich allein joggen. Und wenn ich den Kopf frei bekommen will, dann gehe ich am liebsten mit meiner Freundin gemütlich essen“, erzählt Musche.

Auch der SCM-Trainer hat eine klare Meinung zum Video. Bennet Wiegert: „Das Thema müssen die Spieler selbst aufgreifen. Und da ist es schon wichtig, wenn da die Top-Leute vorangehen.“

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