Interview der Woche Heiko Zänkert und Heiko Ziemann über die Mammutaufgabe "Klassenerhalt" "Ich bin kein Trainer, der ständig an der Seitenlinie steht und die Spieler anbrüllt"
Seit Jahresbeginn leiten mit Heiko Zänkert und seinem Assistenten Heiko Ziemann zwei Trainer-Neulinge die Geschicke bei den Landesklasse-Fußballern des SV 90 Parey. Im Interview mit Volksstimme-Volontärin Maria Kurth sprachen beide über die ¿Mission Klassenerhalt\', den Umgang mit Enttäuschungen und das heutige Derby gegen Borussia Genthin.
Volksstimme: Darf man Sie, Herr Zänkert und Herr Ziemann, ob der Mammutaufgabe, die Ihnen als neues Trainer-Duo in Parey bevorsteht, als Optimisten bezeichnen?
Heiko Zänkert: Ja, auf jeden Fall ...
Heiko Ziemann: ... sonst hätten wir das Amt nicht übernommen.
Zänkert: Man muss aber sagen, dass in den kommenden Spielen gegen Genthin, Güsen, Arneburg und Uchtspringe schon zwölf Punkte her müssen, sonst müssen wir uns über den Klassenerhalt nicht mehr unterhalten. Vielleicht holt man gegen die Teams aus der oberen Tabellenhälfte noch den ein oder anderen Punkt, aber die Trauben hängen gegen diese Mannschaften eigentlich zu hoch.
"Wir sind erwachsene Menschen und man sollte vernünftig miteinander umgehen."
Volksstimme: Zwei Optimisten, die auch Realisten sind?
Zänkert: Ich bin beides, aber ich erkenne auch Situation an, die ich einfach nüchtern zur Kenntnis nehmen muss.
Volksstimme: Herr Zänkert, wie würden Sie sich in ihrer neuen Funktion als Trainer beschreiben? Harter Hund oder eher Kumpeltyp?
Zänkert: Ich bin kein Trainer, der ständig an der Seitenlinie steht und die Spieler anbrüllt. Wir sind erwachsene Menschen und man sollte vernünftig miteinander umgehen. Es geht einfach darum, die richtige Mischung zwischen Zuckerbrot und Peitsche zu finden.
Volksstimme: Sie beide waren lange Zeit selbst aktiv. Verraten Sie unseren Lesern kurz die Stationen ihrer fußballerischen Laufbahn.
Ziemann: Ich habe in Genthin angefangen und spiele ungefähr seit zehn Jahren in Parey.
Zänkert: Angefangen habe ich mit dem Fußballspielen in Genthin, dort habe ich die gesamte Jugendabteilung durchlaufen. Durch meine Lehre bin ich dann nach Tucheim gekommen und habe den Fußball etwas nach hinten geschoben. Später habe ich in Stendal in der Bezirksliga und DDR-Liga gespielt, damals noch unter meinem Geburtsnamen Guhla. Dann hatte ich eine schwere Verletzung und musste aussetzen, ehe ich wieder in Genthin angefangen habe. Im Anschluss bin ich zu Germania Klietz gewechselt, weil ich nochmal höherklassig spielen wollte. Ich war immer so ehrgeizig, dass ich möglichst hochklassig spielen wollte. Volksstimme: Ein ehrgeiziger ehemaliger Auswahlspieler, der jetzt beim abstiegsbedrohten SV 90 Parey anheuert. Man darf Sie ohne Frage als mutig bezeichnen, oder?
Zänkert: Wenn ich kein Vertrauen gehabt hätte, diese Aufgabe meistern zu können, hätte ich sofort gesagt: "Nein, ich mache das nicht."
Volksstimme: Wie würden Sie sich gegenseitig beschreiben?
Zänkert: Wir kennen uns schon sehr lange und das, was Heiko sagt, meint er auch so. Wir ähneln uns charakterlich sehr, sonst würde das auch nicht funktionieren. Wir sprechen uns auch immer ab, was gemacht wird.
Ziemann: Heiko hat einen einwandfreien Charakter, ein Top-Typ. Wenn ich eine Frau wäre, hätte ich ihn genommen (beide lachen). Ernsthaft: Wir haben schon als kleine Kinder zusammen Fußball gespielt und harmonieren zusammen.
Volksstimme: Herr Ziemann, als Spieler der zweiten Mannschaft waren Sie auch in der Hinrunde nah am Geschehen dran. Hat sich an der Einstellung der Mannschaft etwas verändert?
Ziemann: Auf jeden Fall. Vorher wurden die Jungs nur getrimmt, da gab es keine freundlichen Worte. Deutlichere Worte sind auch mal angebracht, aber man muss den Jungs auch positiv zusprechen.
Zänkert: In der Hinrunde, in der ich mir einige Spiele angeguckt habe, gingen die Köpfe nach einem Gegentor sofort runter. Es war kein Selbstvertrauen mehr vorhanden, das hat sich schon geändert. Auch die Trainingsbeteiligung ist im Gegensatz zum Anfang besser geworden.
Volksstimme: Für Sie beide hätte es als erste Trainerstation im Herrenbereich sicher auch leichtere Jobs gegeben ...
Zänkert: Das stimmt, aber wir haben eigentlich beide nichts zu verlieren. Ich hatte aber auch schon Anrufe von anderen Trainern und ehemaligen Weggefährten, die gesagt haben: "Heiko, du versaust dir damit deinen Namen." Aber unter dem Namen Zänkert kennen mich noch nicht viele Leute (lacht). Die Mannschaft hat in der Hinrunde fünf Punkte geholt. Das heißt, wenn wir in der Rückrunde nur zehn Zähler holen, haben wir mit der Mannschaft schon Erfolg gehabt. Für mich ist im Moment nur wichtig, dass die Jungs wieder nach vorn schauen, die Köpfe wieder frei bekommen und den Spaß am Fußball zurückfinden.
Ziemann: Ich glaube, dass der Klassenerhalt absolut möglich ist, deshalb mache ich das. Ich will nicht, dass die erste Mannschaft wieder in der Kreis- oberliga herumdümpelt.
Volksstimme: Welcher Aspekt stimmt Sie beide positiv, dass der angestrebte Klassenerhalt doch noch realisiert werden kann?
Ziemann: Der Zusammenhalt innerhalb des Teams ist jetzt einfach wieder da und man sieht, dass die Jungs wieder lockerer sind und einfach auch Spaß im Training und am Fußball haben.
Zänkert: Die Leistungsdichte in dieser Landesklasse-Staffel ist sehr eng. An guten Tagen kannst du als Letzter den Tabellenführer schlagen und an schlechten Tagen verlierst du eben beim Tabellenvorletzten. Man benötigt eben auch das Quäntchen Glück, um dann das Tor zur erzielen. Es gibt natürlich auch ein paar Dinge, die wir so schnell noch nicht abstellen konnten, einfach weil das so in den Köpfen der Jungs drin ist.
Ziemann: Wir machen das ja erst seit ungefähr fünf Wochen.
Zänkert: Ich wollte mit einem 4-4-2-System spielen, aber dafür haben wir einfach nicht das Spielermaterial. Deswegen spielen wir weiterhin mit einem klassischen Ausputzer, aber davor mit vier Spielern. Sowie es in den Angriff übergeht, schließt sich einer der beiden Sechser mit ins Angriffsspiel ein. Meine Philosophie lautet: Fußball spielen. Die Jungs sollen den Ball nicht einfach nach vorne schlagen.
Volksstimme: Wie ist der Kontakt mit dem Verein zustande gekommen?
Zänkert: Da ich einst eine Saison in Parey gespielt habe, kennt man sich. Zudem ist der Vereinsvorsitzende des SV 90 Parey bei mir auf der Arbeit Bauleiter, dadurch unterhält man sich grundsätzlich öfter über Fußball. Dann kam in der Winterpause der Anruf, ob ich mir vorstellen könnte, das Traineramt zu übernehmen.
Ziemann: Ich war in Parey schon der C-Junioren, spiele in der zweiten Mannschaft und wurde gefragt, ob ich als Co-Trainer anfangen will.
Volksstimme: Könnten Sie sich vorstellen, die Mannschaft auch im Falle eines Abstieges weiter zu trainieren?
Zänkert: Ich könnte mir das vorstellen, aber darüber muss man sich dann ganz locker und sachlich unterhalten. Wenn mir zu viele Spieler wegrennen würden und uns würde vom Spielermaterial nur noch eine Mannschaft auf Kreisliga-Niveau zur Verfügung stehen, dann würde ich es nicht machen. Der Kern der Mannschaft müsste schon zusammenbleiben, auch weil die Kreisoberliga im nächsten Jahr natürlich ein ganz anderes Niveau haben könnte wie bisher. Ich konnte als Spieler nie verlieren, das würde ich mir dann auch als Trainer nicht antun.
"Ich kann mit Anstand verlieren oder so wie in der letzten Woche in Krevese unteriridisch Fußball spielen."
Volksstimme: Befinden Sie sich aber nicht gerade in so einer Situation?
Zänkert: Ja, aber ich habe dieses Amt ja übernommen, weil die Jungs einfach wieder Fußballspielen sollen. Wenn die Mannschaft jetzt den ein oder anderen Punkt holt, wovon ich auch überzeugt bin, haben wir alles richtig gemacht.
Volksstimme: Heute geht es ausgerechnet gegen Borussia Genthin um wichtige Punkte im Abstiegskampf. Schlagen immer noch zwei Herzen in Ihrer Brust?
Zänkert: Nein, eher nicht mehr. Sicherlich hat man zu dem ein oder anderen Spieler von Borussia noch einen sehr guten Draht, aber man telefoniert nicht mehr miteinander oder trifft sich explizit. Ich gucke mir auch noch Spiele in Genthin an, aber ansonsten bin ich jetzt voll auf Parey eingestellt.
Volksstimme: Wie gehen Sie mit Enttäuschungen um?
Zänkert: Ich gehe mit Enttäuschungen eigentlich relativ nüchtern um. Im Fußball gewinnt man nicht nur, sondern man verliert auch mal. Es geht aber immer um das ¿Wie\'. Ich kann mit Anstand verlieren oder so wie in der letzten Woche in Krevese unterirdisch Fußball spielen. Ich war natürlich auch negativ überrascht, dass der erste Rückschlag, mit dem wir auch gerechnet haben, so schnell gekommen ist.
Volksstimme: Wie schlimm wäre es für Sie persönlich, wenn ihr Team heute im Derby gegen Genthin eine ähnlich schwache Leistung abliefert?
Zänkert: Ich glaube, dass das nicht passiert. Die Stimmung unter der Woche war schon angeheizt. No nach dem Motto: "Jetzt erst recht."