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Heute beginnt Weltchampionat in München Jana Beckmann: "Zum Schießen bin ich eigentlich zu doof"

Von Janette Beck 31.07.2010, 05:43

Magdeburg/München. Jana Beckmann braucht heute Abend vor allem drei Dinge: ihre Frankonia-Flinte, eine ruhige Hand und ein Adlerauge. Die Trapschützin aus Magdeburg steht nämlich gleich zum Auftakt der heute beginnenden Weltmeisterschaften der Sportschützen in München im Fokus, sprich am Schießstand – und will nur eines: "Mich von meiner besten Seite zeigen."

Im Visier hat die 27-jährige Mannschafts-Europameisterin, die der Schützengilde Nienburg angehört, eine Endkampfplatzierung. Kein unmögliches Unterfangen, schließlich hat sie vor dreieinhalb Wochen bei der EM in Kasan, die quasi als Generalprobe für die Heim-WM galt, mit 87 Treffern hinter der Deutschen Susanne Kiermayer (93) und der Slowakin Zuzana Stefecekova (88) Bronze geholt.

"Meine erste Einzelmedaille bei den Frauen hat mir natürlich viel, viel Selbstvertrauen gegeben. Nun will ich auch bei der WM vorn mitmischen und peile das Finale der besten Sechs an", so Beckmann, die in Kiermeyer eine der großen Favoritinnen auf Gold sieht. "Susanne ist schon lange dabei und mit ihren 42 Jahren wettkampferfahren. So wie ich das einschätze, hat sie es drauf, für einen Auftakt nach Maß zu sorgen. Aber auch die Chinesinnen sind nicht zu unterschätzen", skizziert die gebürtige Magdeburgerin den Kreis der Medaillenkandidatinnen in der olympischen Disziplin.

Was für Außenstehende ein ungewöhnliches Hobby ist, ist für die Studentin der Bildungswissenschaften ("Von dem Sport kann man natürlich nicht leben, aber als Kaderathletin werde ich von der Sporthilfe gefördert und erhalte eine Grundförderung vom Bund") "ganz normal". Schließlich gehörte der Umgang mit Waffen seit eh und je zum Alltag der Familie Beckmann. "Sowohl der Opa als auch mein Vater und mein Bruder sind passionierte Jäger, da wollte ich halt auch irgendwann schießen", erinnert sich die junge Frau.

Allerdings zog es die damals 14-Jährige vor, nicht auf lebende Objekte, sondern auf Tontauben zu schießen. "Mein älterer Bruder war Sportschütze, und irgendwann nahm er mich mit. Und weil das Trap irgendwie spektakulär ist, mir das Ganze von Anfang an viel Spaß gemacht hat und ich auch ganz gut mit der Flinte zurechtkam, bin ich dabei geblieben", blickt Beckmann zurück zu den Anfängen.

Inzwischen hat sie eine eigene Waffe und bekommt 9000 Schuss Munition vom Deutschen Schützenbund gestellt. Die 3000 Euro teure Waffe, deren Schaft individuell an Beckmanns Bedürfnisse angepasst wurde und die Flinte deshalb so wertvoll macht, bekam die Schützin von der Firma Frankonia gesponsert: "Mein Arbeitsgerät hüte ich natürlich nicht nur aus Sicherheitsgründen wie meinen Augapfel. Wenn die Flinte mal wegkommt, das wäre eine Katastrophe, denn man braucht ein bis zwei Jahre, bis man sich an eine neue gewöhnt hat", erklärt Beckmann.

Zwei- bis dreimal die Woche hat sie die letzten Monate daheim den Waffenschrank aufgeschlossen, die Flinte herausgenommen, Ohrenschützer, Patronen und Weste eingepackt, um sich zum Schießstand in Nienburg oder Schönebeck ("Magdeburg hat ja keinen Trainingsstand für Trapschützen") zu begeben. Hier fanden zur Vorbereitung auf die WM Techniktraining, Einzelschießen oder Simulationen von Wettkampfabläufen statt. "Dazu kamen noch mehrtägige zentrale Lehrgänge", so die Schützin, die ihre Zunft in zwei Kategorien einteilt: "Entweder du bist ein Naturtalent, dem die Treffsicherheit in die Wiege gelegt wurde, oder du musst dir alles hart erarbeiten. Das erfordert Zeit und Geduld."

Sie selbst zähle zur letzten Gruppe: "Eigentlich bin zu doof zum Schießen, denke viel zu viel nach", nimmt die Linkshänderin kein Blatt vor den Mund. "Als Schütze musst du aber Banane im Kopf sein und abschalten können. Erst dann greifen Routine und Automatisierung richtig", so Beckmann, die sich aber auch damit tröstet, dass sie noch Zeit hat, da man den Sport verhältnismäßig lange ausüben könne. "Eigentlich sind erst die richtig gut, die schon länger dabei sind. So ab 30 geht‘s los, denke ich."

Doch vielleicht gelingt ihr ja doch schon in München ein Volltreffer. Und wenn nicht, dann eben mit 29 Jahren bei den Olympischen Spielen 2012 in London, die sie das nächstes großes Ziel anpeilt.

Bis dahin will die Magdeburgerin auch über ihren Schatten gesprungen sein: "Bis jetzt konnte ich mich noch nicht dazu durchringen, mit einem Psychologen zusammenzuarbeiten. Aber wer weiß, vielleicht ist das ja genau der Schlüssel zum Erfolg ..."