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Handball Fieseler: Wir müssen uns gegenseitig helfen

Zur Lage des TSV Wefensleben, aber auch zu den Plänen für die Zukunft unterhielt sich Sportredakteur Florian Bortfeldt mit Torsten Fieseler.

Von Florian Bortfeldt 27.04.2020, 05:00

Wefensleben l Seit einem Monat ruht aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie der Vereinssport in allen (kleinen) Vereinen des Landes, so auch beim TSV Wefensleben.

Bortfeldt: Die Bundesregierung hat die Einschränkungen kürzlich bis in den Mai verlängert. Was genau heißt das für den TSV Wefensleben und seine Sektionen Fußball, Handball, Kegeln und Gymnastik? Immerhin fällt für viele Einwohner und Kinder damit ein wichtiger Teil des Alltags weg.

Torsten Fieseler: Der TSV hat bereits an dem Tag, nachdem die ersten Maßnahmen wegen der Corona-Pandemie verkündet wurden, intern Maßnahmen beschlossen. Dies betraf den Trainingsbetrieb in und auf unseren Sportstätten. Der Trainingsbetrieb wurde sofort bis zum 31. März eingestellt. Einen Tag später erfolgte dann die Einstellung des Spielbetriebes in einzelnen Sportarten auf unbestimmte Zeit. Einhergehend wurde dies auch im Bereich des TSV so kommuniziert und umgesetzt.

Das ist aber nur sekundär zu betrachten, weil es bei den getroffenen Maßnahmen um den Schutz von Menschenleben geht. Sport ist an dieser Stelle absolut zweitrangig, wenn nicht sogar drittrangig. Auch der TSV hat aktive Sportgruppen, in welchen Aktive teilnehmen, die den Risikogruppen zuzuordnen sind. Unser oberstes Ziel war und ist es, dass wir alle unsere Mitglieder nach der Corona-Zeit gesund wieder beim Sport begrüßen wollen. Fakt ist eins: Wir haben jetzt einen anderen Alltag als vor dieser Situation!

Im Handball und Fußball haben in der Saison 2019/20 diverse Wefensleber Teams am Punktspielbetrieb teilgenommen. Der Trainingsbetrieb ist ausgesetzt, da das Betreten vorhandener öffentlicher sowie privater Sportanlagen bekanntlich nicht erlaubt ist. Der Landesverband Handball (HVSA) hat die Saison bereits beendet, der Fußballverband FSA hat beschlossen, die Saison bis auf weiteres nicht fortzusetzen. Wie gehen die Leistungssportler des TSV damit um? Wie ordnen Sie das ein?

Wie schon erwähnt ist der Sport aktuell absolute Nebensache. Die absolute Mehrheit unserer Sportlerinnen und Sportler geht mit der Situation sehr professionell um. Sicherlich schwingt bei vielen auch großer Wehmut mit, weil der TSV wieder eine sehr intensive Saison absolviert hatte bis zu dem Zeitpunkt, als uns die Pandemie eingeholt hat. Wir hatten einige „Heiße Eisen“ im Feuer, wo wir um Titel mitgespielt haben bzw. es zu sportlichen Wettkämpfen gekommen wäre, die einige Sportlerinnen und Sportler und der Verein wohl so nur einmal hätten miterleben können. Sei es wie es sei. Wichtig ist, dass wir als Verein diese Zeit überstehen werden und unsere Mitglieder dann irgendwann im Training vollzählig wiedertreffen. Dann haben wir den größten Sieg errungen.

Bei der Neujahrsbegrüßung Anfang Januar hatten Sie bekanntgegeben, dass einige Sanierungsarbeiten anstehen. Konnten diese trotz Corona-Krise begonnen bzw. fortgesetzt werden? Falls ja, geben Sie uns bitte einen konkreten Überblick.

In der Tat war das eine sehr interessante Konstellation. Wir waren mitten in den Planungsprozessen und einige Themen waren schon in der Ausführung als wir sämtliche Aktivitäten ruhen lassen mussten. Nach Rücksprache mit der Verwaltung konnten wir aber vieles in geänderter Konstellation trotzdem umsetzen. Alles was geplant war, das heißt Wartungs- und Installationsmaßnahmen, konnten durchgeführt und beendet werden. Gleichzeitig wurden die Vorbereitungen zur Umsetzung der Förderprojekte aus dem Landessportstättenbau abgeschlossen, so dass sich alles im Soll-Zustand befindet.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei all diejenigen, die uns dabei so unterstützt haben und uns mit Rat und Tat zur Seite standen. Insbesondere dem Verbandsgemeinde-Bürgermeister Frank Frenkel, unseren Unterstützern aus der Wirtschaft und den sehr fleißigen Akteuren aus den Reihen des TSV möchte ich an dieser Stelle einmal danken, dass so sachlich und konstruktiv gehandelt werden konnte.

Wie nutzen Sie als Vereins­chef die Zeit, im Grunde müssten Sie ja nun auch mehr Freiraum haben oder ist das eine Fehlinterpretation?

Das mit dem zeitlichen Freiraum ist ein Trugschluss. Die Aufgaben haben sich verschoben. In erster Linie dienen der geschäftsführende und der erweiterte Vorstand als zentrale Ansprechpartner im Rahmen der Corona-Pandemie für alle TSV-Mitglieder und die Partner wie z. B. Landessportbund (LSB) und Kreissportbund (KSB). Das hat sich aber problemlos eingespielt. Insgesamt betrachtet haben wir jetzt auch wieder unser Tagesgeschäft, nur halt anders. Wir können mal die Dinge erledigen, welche sonst nach hinten gestellt wurden. Wir haben unsere Planungen für das weitere Vorgehen im Projekt Landessportstättenbau 2021 geschärft und 2020 detaillierter ausgeplant. Zum anderen haben wir durch unsere strategisch wichtigen Partner, wie den Landkreis Börde, erneut Fördermittel erhalten, welche es galt unverzüglich umzusetzen.

Die Grünkohlwanderung Ende Februar war der vorerst letzte gesellschaftliche Vereinshöhepunkt. Geplant war in diesem Jahr deutlich mehr, unter anderem das 30. Jubiläum des TSV. Welche Veranstaltungen können durchgeführt werden, auf welche müssen die Vereinsmitglieder und Gäste verzichten?

Die Grünkohlwanderung war in der Tat ein würdiger Höhepunkt, ehe uns gezwungener Maßen die Pause ereilte. Durch die aktuelle Situation ist der gesamte Veranstaltungsplan für das Jahr 2020 komplett außer Kraft gesetzt. Auf der letzten außerordentlichen Vorstandssitzung im März wurden der Umwelttag am 18. April und die Festwoche vom 19. bis 27. Juni inklusive der Festveranstaltung am 27. Juni 2020 abgesagt, da eine strukturierte Ausplanung nicht mehr möglich war. Gerade die Festwoche zum 30-jährigen Jubiläum des TSV Wefensleben schmerzt natürlich sehr. Aber verschoben ist nicht aufgehoben.

Hier sind wir gewillt, die große Feier im Jahr 2021 nachzuholen. Gleichzeitig wurde der gesamte Trainingsbetrieb bis zum 30. April eingestellt. Hier entscheiden wir monatlich wie es weitergeht. Ersatzveranstaltungen sind jetzt erst einmal nicht geplant, weil uns diese Gesamtsituation unserer Meinung nach noch mindestens bis zum Jahresende 2020 beschäftigen wird. Auf der nächsten außerordentlichen Vorstandssitzung ist davon auszugehen, dass wir unsere Teilnahme am Maibaumaufstellen am 1. Mai absagen und die Einstellung des Trainingsbetriebes bis zum 31. Mai 2020 verlängern werden.

Sie sagen es, das A und O in einem Verein sind die Abteilungs- und Vorstandssitzungen. Wie organisieren Sie derzeit diese Treffen? Bleibt der TSV handlungsfähig?

Die wichtigsten Entscheidungsträger stehen im regelmäßigen telefonischen Kontakt. Auch finden Techniken Einsatz, um eine regelmäßige Korrespondenz zwischen den Abteilungen und den Vorständen möglich zu machen. Das funktioniert wirklich sehr gut. Auch gibt es monatliche Treffen in kleinen Gruppen und im Rahmen der Sicherheitsbestimmungen, um uns nicht unnötigen Risiken auszusetzen. Diese werden aber dann nur auf das Notwendigste reduziert und auf maximal 60 Minuten begrenzt.

Apropos handlungsfähig: Für zahlreiche Vereine auch im Profibereich bedeutet die Corona-Pandemie erhebliche finanzielle Einbußen, viele kämpfen ums Überleben. Wie ist die Situation diesbezüglich beim TSV: Hat der Verein auch nach 2020 eine realistische Perspektive und Zukunft?

Das ist die eigentliche Gretchenfrage. Viele Vereine haben erhebliche Schwierigkeiten, den Wegfall von Veranstaltungen, seien es Sport- oder Gesellschaftsveranstaltungen, so einfach zu kompensieren. Der TSV Wefensleben hat ja unabhängig von dieser Situation in den vergangenen Jahren viel Wert darauf gelegt, seine wirtschaftlichen Strukturen so auszugestalten, dass wir mittelfristig auf Krisen, ganz gleich welcher Art, nicht nur reagieren können, sondern auch weiter agieren können. Das zahlt sich nun aus. Somit wird der TSV Wefensleben auch nach dieser Situation weiter präsent sein, um zukünftig für seine Mitglieder weiter handlungsfähig sein zu können.

Hier gilt es zu beachten, dass der TSV Wefensleben mit seinen weit mehr als 400 Mitgliedern eine solide Basis hat. An dieser Stelle richtet sich natürlich mein Dank an alle Mitglieder des TSV, die uns in dieser Situation die Treue gehalten haben. Nach den gemachten Erfahrungen in dieser Situation, dass man gerade im organisierten Sport – ganz gleich ob Amateur oder Profi – sehr anfällig ist auf solche Art von Situationen, muss das Fazit sein, dass ein Umdenken stattfinden muss. Und das verstehe ich nicht nur als Worthülse, sondern vielmehr als gesamtgesellschaftlichen Auftrag.

Ich sehe das als eine Art Paradigmenwechsel, der vollzogen werden muss. Nicht als Zäsur des Gesamtsystems, in dem wir alle leben. Sport hat und wird eine gewichtige Kernaufgabe im gesellschaftlichen Zusammenleben in Deutschland aber auch in Europa behalten. Was ich in dem Rahmen wahrnehmen konnte ist, dass die Sportstrukturen, über den DOSB, LSB und KSB sehr ruhig und besonnen, aber doch sehr hilfreich agiert haben. So wurden sofort unter anderem Maßnahmen eingeleitet, welche zum Beispiel die wirtschaftlichen Engpässe beleuchten sollten, um dann gegebenenfalls durch Hilfestellungen entgegenwirken zu können. Es bringt keinem was, wenn reihenweise Sportvereine, die einfach mal die Breite im Sport darstellen, liquidiert werden müssen, weil ihre wirtschaftliche Basis sich in dieser Situation neutralisiert hat. Das würde einen Prozess nach sich ziehen, welcher einen nicht reversiblen gesamtgesellschaftlichen Schaden darstellen würde.

Der Ausgang ist offen, aber jede Krise hat irgendwann ein Ende. Nach der aktuell anhaltenden Situation, wie sieht Ihrer Meinung nach der Weg des TSV aus? Da der Verein wirtschaftlich offenbar gesund da steht, gibt es schon konkrete Ideen, um mittelfristig erfolgreich in den Vereinsalltag zurückzukehren?

Wir haben Konzepte, wo wir mit dem TSV 2025 stehen wollen. Diese sind klar formuliert und haben zum jetzigen Zeitpunkt auch ihre Gültigkeit. Es wäre vermessen zu sagen, dass diese in Beton gegossen sind. Nein, wir müssen nach dieser Situation ganz klar überlegen, was zu tun ist. Aber das ist nicht nur Thema der Sportvereine, sondern der gesamten Vereinswelt. Ich sehe aber viel mehr den Fokus darin, dass wir als kleine Vereine uns noch viel mehr solidarisieren müssen.

Wir müssen uns gegenseitig helfen und unterstützen. Das passiert schon in einigen Bereichen, muss aber noch viel engmaschiger praktiziert werden. Der TSV Wefensleben ist da nur ein Zahnrad im Gesamtsystem. Ansatzpunkte sehe ich hier sehr deutlich in der wirtschaftlichen Ausgestaltung der Sportvereine gerade im ländlichen Raum, wo es keine großen Unternehmen gibt, die uns fördern.

Sportvereine untereinander sind klar sportliche Konkurrenten. Aber im Gesamtkontext sind wir Partner des Sports im Rahmen des Gemeinwesens. Und das muss noch viel deutlicher kommuniziert werden und als Leitgedanke der Vereine und ihrer Strukturen gelten. Aber dies alles braucht Zeit, um dann so vollumfänglich wie möglich strategische Entscheidungen präsentieren zu können.