Story Nicht nur Brüder, sondern Freunde
Den TSV Adler Jahrstedt kann man getrost als Familienunternehmen bezeichnen.
Jahrstedt l Blickt man in die Aufstellung des Fußball-Kreisoberligisten, fällt einem unter anderem gleich dreimal der Name Meyer-Roschau ins Auge. Die Brüder Willem (23), Fritz (21) und Carl (19) sind stets mit Herzblut dabei. Für mehrere Jahre war das Bruder-Trio nach dem zwischenzeitlichen Umzug nach Ristedt von der Bildfläche verschwunden, doch ohne Fußball ging es auf Dauer doch nicht. Willem, Fritz und Carl reisen an den Wochenenden extra aus Halle/Saale an, um die Adler-Elf von Trainer Andreas Kroggel im Abstiegskampf der Kreisoberliga zu unterstützen. „Wir sind nicht nur auf dem Platz elf Freunde“, sind sich die Meyer-Roschaus einig.
Willem und Fritz Meyer-Roschau begannen ihre Laufbahnen jeweils in der C-Jugend der SG Jahrstedt/Kusey. Im Nachwuchs hörten sie zunächst auf die Kommandos von Andreas Kroggel und später von Mirko Hanner. Carl stieg bereits als D-Jugendlicher ein, half aber auch mehrfach eine Altersklasse höher aus. Nach der Trennung der Eltern zogen die drei Brüder gemeinsam mit ihrer Mutter Britta nach Ristedt. Da beide Elternteile selbständig waren und Willem, Fritz und Carl noch keinen Führerschein besaßen, gestaltete sich die Fahrerei zum Training sowie zu den Partien schwierig. So legte das Bruder-Trio eine Pause ein. Willem, Fritz und Carl blieben ihrem Heimatverein – eine A-Junioren-Mannschaft gab es damals nicht – immerhin bis zur B-Jugend treu, ehe vorerst Schluss war. Sie nutzten ihre Freizeit zumeist, um ihrer Mutter auf dem Reiterhof zu helfen, legten sich allerdings gleichzeitig auch einen heimischen Bolzplatz an.
Fritz Meyer-Roschau machte 2013 den Anfang und kehrte zu den Adlern, besser gesagt in die dortige Herrenmannschaft, zurück. Wenig später folgten dann auch seine Brüder Carl (2015) und Willem (2016). „In der jetzigen Mannschaft spielen viele alte Schulfreunde“, berichtet der 21-jährige Fritz. Der bestach schon immer mit seiner Schnelligkeit, holte aber auch kämpferisch stets alles aus sich heraus. Letzteres gilt auch für seine Brüder, die vom Tempo her aber nicht mit dem 21-Jährigen, der aus Heimatverbundenheit in der Vergangenheit bereits mehrere Angebote von anderen Vereinen ablehnte und zwischenzeitlich übrigens auch mehrere Jahre Reitsport betrieb, mithalten können. Die drei Meyer-Roschaus sind allesamt in der Offensive beheimatet, werden zumeist im Angriff aufgeboten. Der Älteste, Willem, blickt in früheren Jahren auf „viele kuriose Tore“ zurück, während Carl auch schon immer eine Alternative für das Mittelfeld war.
Da Willem und Carl damals noch einer Band angehörten, stiegen sie erst später wieder ein. „Die Musik ging damals einfach vor“, berichten sie. Dazu kam, dass Willem Meyer-Roschau zuvor auch noch in Salzwedel eine Ausbildung absolvierte. Mittlerweile sind die drei Brüder, zumindest an den Wochenenden, wieder in Jahrstedt heimisch. Wenn sie zusammen auf dem Rasen stehen, genießen sie es. „Wir sind nicht nur Brüder, sondern auch Freunde. Wir verstehen uns auch mal ohne Worte“, verrät Fritz.
Mit den Rolles (Martin und Tobias) sowie den Schulzes (Chris und Justin) spielen übrigens noch weitere Brüder-Paare bei den Adlern. Diese werden seit gut einem Jahr von Andreas Kroggel, zugleich auch noch Abteilungsleiter, trainiert. „Er ist das Gesicht des Vereins und macht eigentlich alles“, loben die Meyer-Roschaus ihren Coach. Aber auch zu dessen Assistenten Marcus Klabis haben sie einen guten Draht. „Andreas Kroggel und Carmen Schulze haben uns schon früher im Nachwuchs bei fast jedem Spiel zugeschaut und unterstützt. Sie stehen absolut hinter diesem Verein“, sind sich die drei Brüder einig.
Auf dem Platz läuft es bei den Adlern in dieser Saison zwar bislang nicht wirklich rund, doch noch ist ja nicht aller Tage Abend. Nach 13 Partien überwintert Jahrstedt mit lediglich neun Zählern am Tabellenende. „Wir sind eine junge Truppe und spielen noch nicht lange zusammen. Wir gehen zusammen durch Höhen und Tiefen“, erklärt Fritz Meyer-Roschau. Die Mannschaft versteht sich untereinander gut – und das nicht nur auf dem Platz. „Oft sitzen wir am Freitag nach dem Training noch zusammen bei uns im Partyraum
Nicht selten kommt es vor, dass wir auch sonntags bis 3 Uhr nachts aktiv sind und uns gegen 12 Uhr schon wieder zum Platzbau treffen“, berichtet Willem, um hinzuzufügen: „Selbst wenn wir nicht gemeinsam Fußball spielen würden, würden wir uns trotzdem treffen. Wir sind nämlich elf Freunde.“ Der Spaß kommt bei den Adlern also nicht zu kurz. Was jetzt noch fehlt, sind die Erfolge. „Wir haben es auch in den letzten Jahren oft irgendwie geschafft, drin zu bleiben. Alte Freunde sind zurückgekehrt und haben eine Menge Qualität mitgebracht. Wir müssen aber erst noch richtig zusammenfinden“, so Fritz Meyer-Roschau. Die Erwartungshaltung in Jahrstedt ist womöglich meist nicht die allergrößte. „Wir schätzen unsere Chancen realistisch ab. Zumeist können wir nur gewinnen“, ergänzt der 21-Jährige.
Auch bei Niederlagen stellt sich Coach Kroggel schützend vor sein Team und baut es auf. „Er geht voran, doch wir lassen uns ohnehin nicht unterkriegen“, gibt Carl Meyer-Roschau zu verstehen. Zusammenhalt und Kampf sind die Grundelemente des Jahrstedter Fußballs. In der zweiten Halbserie müssen dann auch noch die nötigen Punkte dazukommen, damit die Adler die Klasse noch halten können. Dabei mithelfen werden natürlich auch die drei Meyer-Roschau-Brüder.
Diese sind übrigens nicht nur Fans von Werder Bremen und Hard-Rock-Musik, sondern wohnen auch allesamt in Halle/Saale. Fritz und Carl teilen sich dort sogar eine Wohnung. Willem zog es bereits 2016 nach Halle, 2017 folgten dann auch seine beiden jüngeren Brüder. Sie toben sich oft gemeinsam auf einem Bolzplatz in der Saalestadt aus, einen Verein zum Mittrainieren haben die Westaltmärker noch nicht gefunden. Am Freitagabend machen sie sich dann auf den Weg in Richtung Heimat. „Wir würden vielleicht auch öfter mal über das Wochenende in Halle bleiben, doch allein schon wegen unserer Spiele kommen wir fast immer nach Hause. Ohne uns würden schließlich schon allein drei Spieler fehlen“, verrät Willem Meyer-Roschau. „Hier im Ort besteht zwischen fast allen Personen irgendeine Verbindung, jeder kennt jeden und alle verstehen sich“, so Fritz.
Genauso fußballverrückt wie das ganze Dorf (Willem: „Viele Leute stellen sich hier nach Feierabend hin, um Kinder zu trainieren“) sind auch die Meyer-Roschaus. Sie hoffen nicht nur, dass die Adler-Elf („Von Titeln sind wir sicherlich weit entfernt“) der Kreisoberliga dauerhaft erhalten bleibt, sondern auch, dass das Team in dieser Besetzung zusammenbleibt, zusammenhält und Spaß am Spiel hat. „Es wäre schön, wenn der Sport hier in der Altmark allgemein besser gefördert werden würde“, bemängelt der 19-jährige Carl.
Womöglich könnten die Jahrstedter dann auch mehr hoffnungsvolle Nachwuchstalente halten. Nicht wenige davon mussten sie in der Vergangenheit zu höherklassigen Vereinen ziehen lassen. Nicht aber die drei Brüder, die nach ihrer Zeit in Halle wieder gänzlich auf ihren heimischen Hof nach Jahrstedt ziehen wollen. Dann können Willem, Fritz und Carl Meyer-Roschau noch regelmäßiger trainieren und ihrer großen Liebe TSV Adler Jahrstedt sicherlich noch mehr weiterhelfen.