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Zum 50. Geburtstag des einstigen Weltklasse-Sprinters Frank Emmelmann "Börde-Blitz" auf Krabbeltour im Sportschul-Internat

Von Willi Olfert 17.09.2011, 04:29

Unzählige Male musste sich Frank Emmelmann in seiner langen Leistungssportlaufbahn nach dem Kommando "Auf die Plätze, fertig" in Bruchteilen von Sekunden auf den Pistolenschuss konzentrieren. Allerdings galt der Ästhet unter den Sprintern nicht als Schnellstarter.

Magdeburg. Der 1961 in Großbörnecke geborene Frank flitzte zunächst dem Fußball hinterher und begann dann dort bei Karl-Heinz Richardt mit der Leichtathletik. Erst 15-jährig zog es ihn in die Kinder- und Jugendsportschule Magdeburg und zu SCM-Sprinttrainer Jürgen Ludewig in eine ungewöhnlich leistungsstarke Trainingsgruppe. Mit dem Olympiazweiten An-dreas Knebel, dem 400-m-Hürdenass Hans-Jürgen Ende und dem vorher von Trainer Alfred Papendieck betreuten Sprint-Europameister Olaf Prenzler hatte er die Weltspitze jeden Tag vor Augen. Zu gern hätte Emmelmann bereits mit 19 Jahren das russische Startkommando "Na start, wnimanije, marsch!" 1980 in Moskau bei den Olympischen Spielen vernommen. Eine schwere Muskelverletzung verhinderte diesen Jugendtraum.

Nervlich gestärkt, physisch und taktisch bei zwei- bis dreimaligem täglichen Training von Erfolgscoach Ludewig bestens vorbereitet, freute er sich nun auf Los Angeles 1984 und ein Wiedersehen mit den US-amerikanischen Sprintstars. Im Höhentrainingslager von Mexiko hatte der SCM-Sprinter mit handgestoppten 9,7 sek. und 19,6 sek. über 100 m bzw. 200 m die Weltelite erschreckt. Einem Keulenschlag gleich kam dann in der Vorbereitungsphase die Boykotterklärung für Olympia 1984 durch die DDR-Sportführung.

Trotz allen Frustes wollte es der "Börde-Blitz" nochmal wissen. Wieder bereitete er sich akribisch auf die internationalen Höhepunkte bis 1988 vor, um schließlich in Seoul mit langer aufgestauter Motivation und inzwischen erworbener Abgeklärtheit an den Start zu gehen. Alles lief normal! Plötzlich, völlig überraschend, unterband DDR-Sportchef Manfred Ewald die Teilnahme der Sprinter wegen fehlender Endlaufchancen. "Wie ein Donnerschlag traf uns diese ungerechte Entscheidung", ist Emmelmann noch heute empört. Damit platzte auch der Familientraum von einem gemeinsamen Olympiastart mit Ehefrau Kirsten, die mit Bronze heimkehrte.

Dennoch lockte Barcelona 1992 den eleganten Ausnahmesprinter. Nur fiel es ihm nun - fast 31 Jahre alt - schwerer. Ob er wohl ahnte, dass er es wieder nicht schaffen würde oder hätte er lieber das Angebot als Anschieber von Bobpilot Wolfgang Hoppe annehmen sollen?

Viermal hatte sich "Emmel" vergeblich auf Olympische Spiele vorbereitet. Umso erfolgreicher war er in den Zeiträumen dazwischen. Er bestimmte in diesen Jahren die internationale Spitze mit, besiegte einen Großteil der Welt-elite und brachte es auf Europarekorde über 100 m (10,06 sek.), 200 m (20,23 sek.) sowie mit der 4x100-m-Staffel der DDR (38,29 sek.), fünf Europa- und Vize-Europameistertitel, elf Gold,- Silber- und Bronzemedaillen bei Welt- und Europa-Cups und viele DDR-Championate. Optimismus, Ehrgeiz, Ausdauer, Fleiß und eine große Portion Humor machten ihn zum "Stehauf-Emmel-Mann"! Mit einem Abstecher in die American Football-Profiliga beendete der Leichtathlet seine sportliche Laufbahn.

Frank gilt auch als ein Gentleman(n), was sich vor allem in seinem höflichen Verhalten gegenüber der Damenwelt zeigt. So zu seiner Mutter, die ihn immer unterstützte, zu seiner Frau Kirsten, die ihn nicht nur mit ihren guten Trainingsergebnissen und notwendigen Aufmunterungen stets motivierte, zur Jenenser Olympiasiegerin Marlies Göhr, die ihm oft mit Rat und Tat zur Seite stand, zu seinem Sonnenschein, Tochter Lisa und seinen Arbeitskolleginnen in einem Magdeburger Sportfachgeschäft.

Besonders dankbar ist er seiner einstigen Physiotherapeutin Regina Ludewig: "Sie hat mich auch mental in Schwung gehalten, mit ihrem Ehemann Jürgen, meinem Trainer, menschlich sehr geprägt und wie ein Familienmitglied behandelt."

Lachend meinte die Frohnatur, dass auch Krabbeln zu seinen Stärken gehörte: "Nach einem feuchtfröhlichen Ausflug half mir mein Freund, der FCM-Fußballer Frank Liebe-ram, unbemerkt am Pförtner vorbei ins Internat zu gelangen. Hinter Lieberams Rücken krabbelte ich vorbei. So schnell konnte ich es nie wieder!"