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Fußball Von der Ringermatte auf den Rasen

Wer in Magdeburg Altherren-Fußball meint, kommt um die Oldies des MSV Börde und ihrem Kapitän René Thierau nicht herum.

Von Roland Schulz 29.11.2018, 00:01

Magdeburg l Aktuell ist in der Fußball-Stadtliga der Alten Herren bis auf einige Nachholspiele bereits die Herbstrunde passé. Titelverteidiger MSV Börde führt die Tabelle mit neun Punkten Vorsprung auf den MSV 90 Preussen an.

Die Stadtfelder haben mit 37 Toren den treffsichersten Angriff. Zudem stellt die Elf von Trainer Lothar Schumann gemeinsam mit dem SV Irxleben, dem FC Zukunft und dem Fermersleber SV mit nur zwölf Gegentreffern die beste Abwehr der Liga.

Noch eines ist bemerkenswert: Die letzte Meisterschafts-Niederlage kassierte der MSV Börde am 1. November 2014 mit 0:1 bei der TSG Calbe. Seitdem sind mehr als vier Jahre ins Land gezogen. Die Stadtfelder blieben danach in 73 Meisterschaftsspielen siegreich, spielten nur sieben Mal remis.

Niederlagen kennen die Börde-Oldies nur von den Spielen im deutschen Altherren- Super-Cup, der inoffiziellen deutschen Ü-32-Meisterschaft. Bei diesen Titelkämpfen, an denen die Schumann-Elf schon neun Mal teilnahm, muss sie oftmals ihrem Durchschnittsalter von aktuell fast 46 Jahren gegen die meist bis zu 14 Jahre jüngere Konkurrenz Tribut zollen.

Einer der Protagonisten der erfolgreichen blau-roten Elf ist Mannschaftskapitän René Thierau. Obwohl sportlich noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, steht hinter dem 46-Jährigen bereits eine bewegte Sportlerlaufbahn. Dabei hatte der gelernte Maschinen- und Anlagenmonteur zunächst wenig mit dem organisierten Fußball im Verein am Hut.

Im Alter von sieben Jahren schloss sich er sich den Ringern der SG Dynamo Magdeburg an. Neun Jahre lang war Thierau auf den Ringermatten zu Hause, feierte mehrere Erfolge. Werte wie Fairness, Willenskraft und Disziplin lernte der Heranwachsende dabei kennen. Werte, die ihm später im Fußball zugute kamen.

„Mein Interesse für Fußball war schon immer groß. Ich war oft mit meinem Cousin Sven Potyka in den Fußballkäfigen Magdeburgs unterwegs. Wir haben viel im FCM-Fanclub oder in Freizeitteams beim TuS gespielt“, erzählt er.

Erst mit 16 Jahren entschied sich Thierau, aktiv Fußball zu spielen, schloss sich dem heutigen TuS 1860 Magdeburg an. Nach einer gewissen Zeit an der Zielitzer Staße wechselte Thie-rau mit einige Mannschaftskameraden zur SG Handwerk an den Umfassungsweg.

Hier setzte dann ein unglaublicher Karrieresprung ein. Der Club verpasste 1993 den Sprung in die neugegründete Regionalliga, wollte eine neue Mannschaft aufbauen. So fragte Bernd Tiedge, damals einer der Verantwortlichen beim FCM, bei Thierau an. Dieser folgte dem Ruf seines Lieblingsvereins. „Der Club stand damals vor dem Abgrund, hat eine verschworene Truppe zusammengewürfelt“, erinnert er sich. „Neben dem Respekt vor der Aufgabe, in relativ kurzer Zeit von der Landesliga in die Oberliga aufzusteigen, hat mich die Verpflichtung unglaublich stolz gemacht. Diese Herausforderung, ab sofort auf der anderen Seite des Zaunes im Stadion zu stehen, hat mich gereizt und beflügelt.“

Zu seinen schönsten Erinnerungen beim Club zählt der Kicker die „blau-weiße Liebe der Fans, egal, in welcher Liga der Verein spielt“. Prägend waren auch der „Zusammenhalt, der Ehrgeiz und der Einsatz der Spieler, mit denen ich zusammengespielt habe“.

Für den Jungen von nebenan war es etwas Besonderes, den „Verein und unsere früheren Helden hautnah kennenzulernen“. Verschmitzt fügt er hinzu, dass es für ihn zudem etwas ganz Besonderes war, „von den goldenen Händen eines Hans Weber massiert zu werden“.

Im dritten Jahr Oberliga gelang dann 1997 der Aufstieg in die Regionalliga Nordost, damals die dritte Liga im deutschen Fußball. Thierau hatte maßgeblichen Anteil am Klassenerhalt, auch wenn er mit dieser Spielzeit sein schlimmstes Erlebnis mit dem Club verbindet. „Immer wieder werde ich auf das 0:1 gegen Stendal angesprochen“, erzählt er. Heute kann Thierau darüber lachen. Doch ein Missverständnis zwischen ihm und dem damaligen Keeper Mark Mewes führte zum Eigentor und einer 0:1-Niederlage.

Nach seiner Zeit beim FCM kickte Thierau zunächst beim Schönebecker SV und dem MSV 90 Preussen in der Verbandsliga, ehe er aus persönlichen Gründen bei den Sudenburgern Abschied nahm. „Um mich fit zu halten, hatte ich beim MSV Börde mittrainiert. Nach zwei Wochen hat mich dann mein damaliger Trainer Heiko Weniger gedrängt, zu Börde zu wechseln.“

Statt abzutrainieren, kickte Thierau noch bis 2007 bei den Stadtfelder Männern, schaffte mit dem Verein 2004 den Aufstieg in die Verbandsliga.

Doch aufhören wollte Thierau noch nicht. Also schloss er sich den Alten Herren des MSV an, die zu dieser Zeit schon eine Hausnummer im „Oldie-Fußball“ der Stadt waren.

In den bisher elf Jahren mit den MSV-Oldies gewann der „Capitano“, wie er von seinen Mitspielern genannt wird, 34  Titel in vier Wettbewerben. „Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Neben sehr guten, ehrgeizigen und erfolgsorientierten Fußballern und einer überragenden Mannschaftsharmonie gehört natürlich auch immer eine Portion Glück dazu.“

René Thierau ist heute Logistikleiter eines bekannten Magdeburger Unternehmens. Trotz seines Jobs will er die Fußballschuhe aber noch nicht ganz an den Nagel hängen. „Erst wenn meine Frau und mein Körper Stopp sagen“, meint der Fußballer, der zudem auch noch in der Traditionsmannschaft des 1. FC Magdeburg zu den Leistungsträgern zählt.