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Handball In aller Bescheidenheit

Wer beerbt TuS 1860 Magdeburg als Landesmeister? Die Magdeburger Frauenteams sehen sich jedenfalls nicht in der Favoritenrolle.

Von Daniel Hübner 26.09.2020, 12:35

Magdeburg l Der HSV empfängt TuS 1860, Post SV startet bei Askania Bernburg, Aufsteiger BSV 93 hat Heimrecht gegen Jessener SV: Am Wochenende ist Auftakt der Damen in der Sachsen-Anhalt-Liga. Und so unterschiedlich die personellen Veränderungen von Verein zu Verein sein mögen, so gleich ist der Ausblick auf die neue Serie, in dem sich die Trainer vor allem in Bescheidenheit üben.

Sein Satz zur Zielvorgabe in der neuen Saison ist kein Satz für die Ewigkeit, das weiß auch Wolfgang Matzat. „So komisch es klingt, aber wir wollen den Klassenerhalt schaffen“, erklärt der Trainer des amtierenden Landesmeisters. TuS 1860 hatte die coronabedingt abgebrochene Serie mit 26:8 Punkten nach 17 Spieltagen beendet, hatte Anfang September die Ehrung zur Meisterschaft nachgeholt. Trotzdem starten die Neustädterinnen in aller Bescheidenheit in die neue Saison. Nur kein Abstieg also: „So habe ich es mit den Frauen besprochen“, sagt Matzat.

Dabei hat sich das Team ja kaum verändert. Julia Ignaciuk sieht Mutterfreuden entgegen, Torfrau Karen Breitkopf hat ihre Karriere beendet, Jana Heine wird noch aufgrund eines Kreuzbandrisses ausfallen. Dafür hat Matzat zwei unge Damen neu begrüßt in dr Mannschaft: Laura Wachlin kommt von Fermersleben, Elisa Sergioli vom MSV 90.

Es soll also eine Saison werden, in der der Spaß im Vordergrund steht. „Natürlich wollen wir trotzdem jedes Spiel gewinnen“, sagt Matzat. Vor allem die Stadtderbys wie jenes zum Auftakt am Sonntag beim HSV Magdeburg (16 Uhr). Oder auch die Partie gegen den TSV Niederdodeleben II, „weil es ein Prestige-Duell ist“, betont er. Der Coach hat in der Vorbereitung auch gar nichts anderes gemacht, als in allen anderen Vorbereitung zuvor. Weil er natürlich höherklassige Erfahrung im Team hat, weil die Spielerinnen auch außerhalb des Handballs dem Sport frönen. Sogar beruflich im Fitnessclub. „Seit dem 1. September haben auch alle in den Ball in der Hand.“ Zuvor lag die Konzentration auf den athletischen Bereich: „Ohne Ausdauer läuft nichts“, betont Matzat.

Und wer sind dann seine Favoriten auf den Meistertitel, wenn nicht seine eigene Mannschaft: „Das Feld ist breit gefächert“, sagt Matzat. Vielleicht sogar so ausgeglichen besetzt wie selten zuvor. Er spricht damit irgendwie für alle Magdeburger Trainer.

Die Unterschiedsspielerin ist nicht mehr da. Und das ist nicht nur für Martin Schwerthfeger, sondern auch für die Mannschaft ein Verlust. Cindy Degen hat es zum VfL Wolfsburg verschlagen. Nicht nur aus sportlichen, vor allem aus privaten Gründen. Und nun? „Wir versuchen, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen“, sagt der Coach, der zum Auftakt am Sonnabend mit seinem Team bei Askania Bernburg antreten muss.

Womöglich hat er aber auch die eine Dame gefunden, die in Degens Fußstapfen treten kann: Christin Lübke vom HSV hat sich den Postlerinnen angeschlossen. „Sie kann ich auf allen Positionen einsetzen“, berichtet Schwerthfeger. Hinzu kam für den Rückraum Paulin Weiß aus Thüringen und Anna Bauer aus Ilsenburg. In dieser Reihe liegt also nicht Schwerthfegers Problem, zumal er mit Anja Muth die beste Liga-Torjägerin der vergangenen Saison im Team hat (119). Mit Laura Frank steht ihm derzeit eine sehr gute, aber eben nur eine Torhüterin zur Verfügung. „Das ist meine größte Baustelle.“

Schwerthfeger hofft, dass seine Mädchen die Euphorie der vergangenen Serie mitnehmen können, in der sie auch Landesmeister TuS 1860 bezwangen. „Das war ein Erlebnis, das in vielen Köpfen hängen geblieben ist“, sagt er. Und dass sie nicht nur wie zuletzt vom Klassenerhalt träumen. Der Trainer gibt vor: „Wir haben den fünften Platz in der Vorsaison erreicht, den wollen wir auch in der neuen Serie bestätigen.“

Auch für den HSV wird es nicht nur um den Klassenerhalt gehen. Nicht nach dem vierten Platz, den die Mädchen von Harry Jahns in der vergangenen Saison erreicht haben. Allerdings hat auch er eine seiner Leistungsträgerinnen verloren: Lucie Müller hat sich nämlich dem SC Makranstädt angeschlossen, einem Drittligisten also, für den die zuletzt beste HSV-Werferin (97 Treffer) nun auf Torejagd geht. Und sie ist nicht die einzige Veränderung: „Wir haben einen komplett neuen Rückraum“, sagt Coach Jahns.

Die Mundpropaganda hat zwei Damen aus der Bundeshauptstadt zum HSV geführt: Franka Schramm (Berlin-Tegel) und Lena Beumker (Narva) laufen also ab Sonntag, wenn die Jahns-Mädchen sogleich gegen Stadtrivalen TuS 1860 antreten, für Magdeburg auf. Außerdem sind Joan Voigt (HC Salzland) und Luisa Moderzinski (Union Halle III) zum HSV gewechselt. Derweil muss Jahns noch auf Eileen Geue, die sich für ein Jahr ins Ausland verabschiedet hat, verzichten.

Über einen Aufstieg will Jahns gar nicht reden, wenngleich durch die Neuzugänge auch mehr Erfahrung in die ansonsten junge Mannschaft, in die Jahns Charlene Paul und Anne-Lotte Kramß aus dem Nachwuchs hochgezogen hat, gekommen ist. Spielerisch muss sich noch vieles finden: „Die Automatismen stimmen bei Weitem noch nicht“, sagt der 68-Jährige. „Wir trainieren seit vier Wochen, suchen noch unseren Rhythmus“, ergänzt der Coach. Um diesen zu finden, „werden wir die ersten Punktspiele brauchen“. Dennoch „wollen wir am Ende im vorderen Feld der Liga stehen“, betont Jahns.

Vom freiwilligen Rückzug aus der Oberliga über einen Neustart in der 1. Nordliga zum Aufstieg in die Sachsen-Anhalt-Liga: Die Geschichte des BSV 93 war in den zurückliegenden Jahren „stürmisch“, wie es Trainer Frank Eckstein beschreibt. Am Sonntag beginnt nun ein neues Kapitel, wenn die Olvenstedterinnen um 15 Uhr den Jessener SV zum Saisonauftakt im Oberhaus des Landes empfangen.

Dafür sieht Eckstein seine junge Mannschaft startklar. „Im Rahmen der besonderen Umstände haben wir uns bestmöglich vorbereitet“, ist er sich sicher. Ein Vorteil war es da naturgemäß, dass die BSV-Damen keine schmerzhaften Abgänge verzeichnen mussten und so weiterhin auf denselben Stamm setzen können.

Nichtsdestotrotz macht Eckstein sein Team darauf gefasst, dass der Erfolgslauf der Vorsaison, in der zum Zeitpunkt des Abbruchs zwölf Siege bei nur einem Remis standen, nicht ungebremst weitergehen wird. „Im Vergleich zur Nordliga ist die Sachsen-Anhalt-Liga ein ganz anderes Kaliber. Die Spiele werden schneller und aggressiver, die Gegner sind individuell besser besetzt“, erklärt der Trainer. Das Saisonziel ergibt sich so von alleine: „Nichts anderes als der Klassenerhalt zählt. Über jeden Punkt mehr freuen wir uns aber natürlich.“ Bestenfalls sollen schon frühzeitig die ersten Zähler eingesammelt werden, um die „noch präsente Aufstiegseuphorie in die Liga voller Unbekannte“ mitnehmen“ zu können.