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Rudern Wieder eine Fahrt ins Ungewisse

Die Ruderer des SCM dürfen trainieren. Glücklich macht die aktuelle Situation trotzdem niemanden.

Von Daniel Hübner 05.11.2020, 17:09

Magdeburg l Es gibt derzeit auch positive Nachrichten aus dem Ruderhaus des SCM. Zum Beispiel die Nachricht vom „Grünen Band“ der Commerzbank, mit dem die Abteilung der Skuller und Riemer für ihr Engagement rund um den Nachwuchs ausgezeichnet wurde und damit einher 5000 Euro erhalten hat, „die wir sinnvoll in der Beschaffung von Bootsmaterial einsetzen werden“, sagte Bernd Stumpe, der Bundesstützpunktleiter. Am kommenden Montag sollte die feierliche Übergabe am Bootshaus Seilerwiesen erfolgen, aber wegen Corona wurde der Empfang vertagt. Auf irgendwann.

Irgendwann hat sich derweil Paul Zander, der Trainer der Magdeburger U-19-Ruderer, gesagt: „Ich muss mich für einen meiner beiden Jobs entscheiden.“ Des (zu) hohen Aufwandes wegen. Er hat also zum 1. September den Job als Landestrainer aufgegeben. „Ich bin seither nur noch Juniorentrainer beim SCM“, was in Anbetracht seiner Erfolge mit Titeln und Medaillen bei U 19-Weltmeisterschaften ziemlich unterprivilegiert klingt, es aber in keinem Fall ist. Sein Nachfolger steht bereits fest: Ab dem 1. Dezember übernimmt der Rostocker Paul Heinrich, einst Doppelvierer-Europameister, das Zepter – oder vielmehr das Ruder als übergeordneter Coach in Sachsen-Anhalt. Der Mann ist übrigens noch ein Jahr jünger als der erst 30-jährige Zander.

Es könnte also alles seinen gleichmäßigen Verlauf mit Blick auf die neue Saison nehmen. Das nimmt es aber nicht: „Alle ausstehenden Wettkämpfe in diesem Jahr sind bereits abgesagt“, so Zander. Alle Großboot-Lehrgänge des deutschen Verbandes (DRV), alle Herbstregatten, auch die traditionelle Langstrecke in Dortmund am letzten November-Wochenende kurz vor Ende des derzeitigen Corona-Lockdowns.

Nun könnte Zander frohlocken: Wenigstens dürfen die Olympia-, Perspektiv- und auch Nachwuchskader, die das Sportgymnasium und die Sekundarschule besuchen, trainieren. „Und das ist was Gutes“, sagt Zander auch, um quasi im gleichen Atemzug allerdings zu ergänzen: „Die Situation stellt für uns Ruderer ein arges Problem dar. Viele aus dem Nachwuchs drohen in ein Motivationsloch zu fallen. Unsere Sichtung an den Schulen wird immer schwieriger, zumal wir niemanden hier zum Training einladen können.“

Hörbar brodelt in Zander die Ungewissheit darüber, ob die neue Saison tatsächlich eine normale wird. „Wie im Frühjahr“, sagt er, „wissen die Athleten gar nicht, worauf sie hintrainieren.“ Wie im Frühjahr beim ersten Lockdown. Wenn sie überhaupt nach üblichem Standard trainieren.

„Das können aus Zanders Gruppe nämlich nicht viele. Sieben Athleten zählt seine Riege, von Gabriela Wölfer hat er zur neuen Saison Tom Hesse, Malwin Grosser und Victoria Roloff übernommen. Aber die beiden Herren sowie Leonie Wöllmer und Elena Carius befinden sich aufgrund eines positiven Corona-Falls in ihrer elften Klasse am Sportgymnasium in Quarantäne. „Bis zum 11. November müssen sie zu Hause ein indivdiuelles Training absolvieren“, so Zander. Lena Wölke, Roloff und Adrian-Nick Bastian arbeiten derweil auf der Elbe an ihrer Form.

An Trainingslager ist auch nicht mehr zu denken. Zuletzt war Zander mit seiner Gruppe in Prieros südlich von Berlin auf den Seen unterwegs. Derweil musste U-23-Coach Roland Oesemann sein geplantes Trainingscamp absagen. Er wollte mit seinen Damen und Herren in Breisach in Baden-Württemberg neuen Schwung holen. „Das wäre unsere Vorbereitung auf die Langstreckenregatta in Dortmund gewesen“, berichtet der 60-Jährige. „Jetzt machen wir eben ein Heimtrainingslager, dafür haben wir hier gute gute Bedingungen“, berichtet Oesemann.

In diesem Lager hat Carlotta Wolff, zuletzt noch bei Zander in Obhut, nun ihr Zelt aufgeschlagen. Tabea Kuhnert indes nicht mehr. Die 20-jährige Skullerin studiert seit zwei Wochen Psychologie in Berlin und trainiert dort mit dem A-Kader des DRV. Die positive Nachricht: Sie startet weiterhin für den SCM. Und ist als Vizeweltmeisterin und Europameisterin der vergangenen Jahre auch ein gutes Beispiel dafür, warum die Ruderer mit dem „Grünen Band“ ausgezeichnet wurden.