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Kinderturnen Erste Schritte der neuen Meister

Olympia-Sieger, Weltmeister, DDR-Meister, Kreismeister: Eine Generation von Salzwedler Athleten hat beim Kinderturnen das Sport-Abc gelernt.

Von Marco Heide 18.07.2020, 08:00

Salzwedel l Einige von ihnen haben es später auf die internationale Bühne geschafft.

„Doris Maletzki hat bei uns das Laufen gelernt“, erzählt die 91-jährige Salzwedelerin Ingeborg Böhme. Die Olympiasiegerin von 1976 ist die bekannteste Sportlerin, die als junges Mädchen beim Kinderturnen des TuS Salzwedel ihre ersten Schritte im Vereinssport gemacht hat. Hinzu kommen weitere Sportler, die später auf nationaler und internationaler Ebene Erfolge feierten.

Das Kinderturnen des TuS Salzwedel richtete sich an Kinder zwischen vier und zehn Jahren. Geräteturnen, Laufen, Weitsprung und vieles mehr standen auf dem Trainingsprogramm. „Im Prinzip haben wir einen erweiterten Sportunterricht angeboten“, erklärt Ingeborg Böhme, die die Sektion beim TuS bis 1986 leitete. Vom Kinderturnen aus ging es dann später für viele der kleinen Sportler in die Sektionen des TuS oder anderer Vereine in Salzwedel.

Entstanden ist das Angebot für Mädchen und Jungen ab vier Jahren 1956 aus einer Diplomarbeit. Ingeborg Wojcik, mit der Ingeborg Böhme sehr gut befreundet war, studierte an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig und begann für ihre Diplomarbeit mit dem Kinderturnen an der Comenius-Schule. Daraus entwickelte sich dann sie Sparte beim TuS Salzwedel.

Während sich Böhme von Beginn an um die Organisation der Sektion kümmerte, war Wojcik, die hauptberuflich Sportlehrerin an der Berufsschule war, für die sportlichen Belange verantwortlich. Über die Jahre wuchs der Bereich auf etwa 370 Kinder an, die von etwa 30 Übungsleitern trainiert wurden.

„Da gab es immer etwas zu organisieren. Wenn ein Übungsleiter ausfiel, musste ich Ersatz beschaffen oder ich habe die Gruppen selbst angeleitet“, erinnert sich Ingeborg Böhme. Um selbst immer auf der sportlichen Höhe zu bleiben, trafen sich die Übungsleiter einmal pro Woche zum gemeinsamen Training. Dazu kamen regelmäßige Weiterbildungen in der Landessportschule in Osterburg.

Zu den Höhepunkten beim TuS-Kinderturnen zählten in jedem Jahr die Sommer- und Wintersportfeste. Während in der warmen Jahreszeit die Leichtathletik-Disziplinen im Fokus standen, ging es im Winter hauptsächlich an den Geräten zur Sache. Beide Veranstaltungen bedeuteten für Ingeborg Böhme und ihre ehrenamtlichen Mitstreiterinnen viel Arbeit. Beispielsweise bastelte Böhme die Anstecknadeln oder Siegerkränze für die kleinen Sportler.

Einmal im Jahr spendierten die Trägerbetriebe des TuS Salzwedel, die Post und Energiewirtschaft einen Wochenendausflug für die Übungsleiter. Dresden, Berlin, Leipzig und weitere Städte steuerte die Gruppe an und bekam bei den Ausflügen auch immer reichlich Unterhaltung geboten.

In den Anfangsjahren trainierten die Mädchen und Jungen in der Turnhalle der Comenius-Schule. Später wechselte der TuS in die Agricola-Halle. „Dort standen die Eltern der Kleinsten oft auf der Galerie und haben ihren Kindern beim Sport zugeschaut“, erinnert sich Böhme und erzählt weiter: „Mittwochs und donnerstags war Trainingstag. Es haben viele Gruppen parallel geturnt. Die einen waren am Kasten, die anderen an den Ringen und dann wurde getauscht.“ Die Gruppen durften aber nicht zu groß sein, erklärt Ingeborg Böhme, da bei den Kleinen die Verletzungsgefahr etwas größer war.

Bis 1986 organisierten Ingeborg Böhme und Ingeborg Wojcik das Kinderturnen beim TuS Salzwedel. Mit ihrem Ausscheiden begann auch das Ende des Kinderturnens beim TuS. Heute bietet die Wohnsportgemeinschaft „Jenny Marx“ Salzwedel Sport für Kinder ab einem Jahr an.

Ingeborg Böhme hält die Zeit beim TuS weiterhin in Ehren und hat zu Hause Bilder und Zeitungsartikel über das Kinderturnen aufbewahrt. Darüber hinaus versucht sich die 91-Jährige immer noch in Bewegung zu halten und steigt regelmäßig auf ihren Ergometer.