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Olympia Westaltmärker holten sogar Goldmedaillen

Die westliche Altmark ist sportlich sehr breit aufgestellt. Knapp 20 Prozent der Bevölkerung sind in einem der 160 Sportvereine organisiert.

Von Thomas Koepke 25.05.2020, 05:00

Salzwedel l Dabei ist auch die Sportartenvielfalt beispielhaft. Doch auch in der absoluten Spitze sind die Altmärker vertreten. Sogar Olympia-Teilnehmer brachte die Region hervor.

Seit Bestehen des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) im Jahre 1957 und auch schon im Jahr davor, als noch der Deutsche Sportausschuss das federführende Gremium war, verzeichnete die westaltmärkische Region einige Olympia-Teilnehmer, Medaillengewinner und sogar Olympiasieger.

Sie alle fingen natürlich auch einmal klein an und machten die ersten Schritte in ihren heimischen Sportvereinen. So auch Friedrich Janke oder Christa Fischer (geb. Seliger, ehemals Stubnick). Beide gingen bei den Olympischen Sommerspielen in Montreal (Kanada) im Jahre 1956 an den Start und vertraten dabei nicht nur die Farben der DDR, sondern auch der damaligen Kreise des Bezirkes. Während Janke im Vorlauf ausschied und somit keine Chance auf eine Medaille hatte, sackte Fischer damals über 100 und 200 Meter jeweils die Silbermedaille ein.

Die gebürtige Gardelegenerin benötigte über 100 Meter 11,7 Sekunden und über 200 Meter 23,7 Sekunden. Hinzu kam ein toller sechster Platz mit der 4x100 Meter Staffel. Zunächst entwickelte sich Fischer in jungen Jahren bei Lok Stendal, ehe sie nach Potsdam zum Polizeiklub Dynamo wechselte. Dort fand sie beste Bedingungen vor, um sich sportlich weiter zu entwickeln und eine Spitzen-Athletin zu werden. Doch nicht nur im Sprint war sie talentiert, auch im Weitsprung. Die 1,60 Meter große Dame holte sich 1956 nämlich auch in dieser Disziplin den DDR-Meistertitel.

Und ohnhin waren die Leichtathleten der Altmark eine echte Macht. So startete Armin Lemme zum Beispiel 1980 in Moskau im Diskuswurf. Lemme, der in Packebusch geboren wurde und später für den SC Magdeburg in den Ring stieg, scheiterte damals nur ganz knapp am Endkampf und belegte den 13. Platz. Seine Bestleistung erzielte er dann zwei Jahre später in Karl-Marx-Stadt, als er die Scheibe auf starke 68,50 Meter schleuderte. Lemme begann seine sportliche Laufbahn allerdings nicht als Leichtathlet, sondern als Ruderer. Immerhin misst der Altmärker stolze 1,99 Meter. Auch im Kugelstoßen versuchte sich Lemme, schaffte dabei sogar eine Weite von 19,71 Meter.

Ebenfalls 1980 in Moskau mit dabei war für die Leichtathletik-Abteilung der DDR Sigrid Ulbricht (geb. Heinemann). Die Weitspringerin wurde 1958 in Klötze geboren und startete für den SC Magdeburg. Am Ende reichte es für sie mit 6,71 Metern zum siebten Platz. Allerdings erhielten ihre Leistungen einen bitteren Beigeschmack, als in der Abhandlung von Brigitte Berendonk (Doping. Von der Forschung zum Betrug) ihr Name hinsichtlich des DDR-Staatsdopings auftauchte.

Einige Jahre früher waren dagegen Heinz-Günter Schenk und auch Doris Maletzki (ges. Bachmann) olympisch unterwegs. Schenk startete zunächst 1968 in Mexiko und später 1972 in München (15,91 Meter) jeweils im Dreisprung. Der 1942 in Salzwedel geborene Schenk kam aber bei beiden Wettkämpfen nicht über die Vorrunde hinaus. Zumindest 1972 in München hatte man ihm den Endkampf zugetraut, denn kurz zuvor sprang er in Potsdam satte 16,94 Meter. Diese Weite hätte im Olympiastadion zu Platz vier gereicht.

Mehr Erfolg hatte Doris Maletzki (geschiedene Bachmann). 1976 holte sie sich mit der 4x400 Meter Staffel der DDR sogar die Goldmedaille. Zusammen mit Brigitte Rohde, Ellen Streidt und Christina Brehmer benötigte die gebürtige Salzwedelerin nur 3:19,23 Minuten für die vier Stadionrunden. Zudem holte sie sich mit der 4x100 Meter Staffel der DDR die Goldmedaille bei den Europameisterschaften 1974 in Rom.

Der leichtathletische Olympiakreis schließt sich dann mit Rymond Hecht und Thomas Ulbricht. Hecht wurde 1968 in Gardelegen geboren und ist einer der erfolgreichsten Speerwerfer der damaligen Zeit. Zudem kam der Altmärker auch zu zwei Olympia-Teilnahmen. Sowohl 1996 in Atlanta, als auch vier Jahre später in Sydney scheiterte er jedoch knapp am Podium und belegte jeweils den vierten Platz.

Sein Deutscher Rekord, aufgestellt 1995 mit 92,60 Meter, hielt sogar 22 Jahre stand, ehe Thomas Röhler im Jahre 2017 besser war. Hecht startete unter anderem für den SC Magdeburg und den TV Wattenscheid.

Noch jünger ist die Geschichte des Salzwedelers Thomas Ulbricht. Er tritt in der Startklasse T12 (Athlet mit hochgradiger Sehbehinderung, Makuladegeneration) an. Der Altmärker begann im Alter von elf Jahren zuerst mit dem Schwimmen, dann mit Bosseln und kam schließlich zur Leichtathletik.

Bei seinem ersten großen Erfolg im Jahr 2003 holte Ulbricht bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften (IDM) in Berlin dreimal Gold, einmal Silber und einmal Bronze, woraufhin er vom Bundestrainer zum Bundesleistungszentrum Kienbaum zu einem Sichtungslehrgang eingeladen und anschließend auf dessen Initiative nach Berlin geholt wurde. Seitdem ist Ulbricht kontinuierlich national und international auf den vorderen Plätzen zu finden. Zu den absoluten Wettkampfhöhepunkten zählen sicher die beiden Teilnahmen an den Olympischen Spielen 2008 in China und 2016 in Brasilien. In Peking konnte der Salzwedeler im Fünfkampf die Silbermedaille erringen und in Rio de Janeiro kam acht Jahre später eine Bronzemedaille über 100 Meter hinzu.

Ähnlich stark vertreten waren auch die Reiter aus der Altmark. Hier taten sich besonders Karl-Heinz Fuhrmann (Recklingen), Uwe Plank, Helmut Gille oder auch Joachim Brohmann (Gardelegen) im Military hervor. Sie alle waren Teil der DDR-Mannschaft und zeigten hervorragende Leistungen. Während Fuhrmann zunächst bereits 1964 in Tokio am Start war, agierte er gemeinsam mit Uwe Plank im Team der Spiele 1968 in Mexiko. Hier belegten beide den siebten Platz.

Vier Jahre später nahmen Helmut Gille und Joachim Brohmann den Platz in der Military-Mannschaft ein und holten 1972 in München einen hervorragenden fünften Platz in die Altmark. In der Einzelwertung belegten beide die Plätze 26 und 25.

Gardelegens Brohmann ritt schon mit elf Jahren sein erstes Turnier. Das war im Jahr 1956. Mit 14 Jahren gewann er die Jugendreiterprüfung beim gesamtdeutschen Reit-, Spring- und Fahrturnier in Oebisfelde. 1969 nahm er an der Europameisterschaft in Frankreich teil. Wolfgang Müller war dagegen 1968 in Mexiko und 1972 in München im Dressurviereck unterwegs. Während es für ihn in der Einzelwertung zum 16. Platz reichte, holte er mit der Mannschaft den fünften Platz. Zu ihr gehörten auch Horst Köhler und Gerhard Brockmüller. Alle drei starteten für den ASK Vorwärts Potsdam.

Auch in den Mannschsftssportarten hatten es einige Altmärker bis ganz nach oben geschafft. Für die damalige Handball-Nationalmannschaft der DDR lief 1980 in Moskau unter anderem auch Rainer Zimmermann auf. Der 1,76 Meter große Athlet spielte für den SC Dynamo Berlin. Im DDR-Trikot spielte Zimmermann bei der Weltmeisterschaft 1967 und bei der WM 1970, bei der er Vize-Weltmeister wurde. Bei Olympia 1972 erzielte er in drei Spielen für die DDR sogar acht Tore.

Ebenfalls mit im Moskau-Flieger saß damals auch der Fechter Frank-Eberhard Höltje. Der Salzwedeler qualifizierte sich durch den DDR-Meistertitel - insgesamt errang er vier davon - für Olympia in Moskau. Dort blieb ihm jedoch sowohl im Einzel, als auch mit der Mannschaft eine Medaille verwehrt. Wie im internationalen Sportarchiv vom 2. November 1981 nachzulesen ist, ist der Altmärker ehrlich genug zuzugeben, dass ihm und seinen Mannschaftskameraden die Erfahrung großer internationaler Turniere fehlte. Dennoch blieb die Teilnahme ein unvergessliches Erlebnis.

Auch im kühlen Nass hatten die Westaltmärker Starter bei Olympischen Spielen dabei. So holte die Salzwedelerin bei den Wettkämpfen 1976 in Kanada den 6. Platz über 200 und den 7. Platz über 100 Meter. Allerdings war Stille auch kurze Zeit Doppel-Weltrekord-Inhaberin über 200 Meter. Zunächst stellte sie die erste Bestmarke am 29. Februar 1976 mit 2:14:41 Minuten auf und löste damit Birgit Treiber ab, und wenig später verbesserte sie ihre eigene Leistung noch einmal auf 2:13:50 Minuten. Sogar über eine Goldmedaille durfte sich Behindertensportler Christian Fritsche freuen. Bei den Para-Spielen 1996 in Atlanta holte er über 50 Meter Brust die Goldmedaille und ließ über 50 Meter Schmetterling auch noch Silber folgen.

Der erfolgreichste Athlet unserer Region war aber Friedrich-Wilhelm Ulrich. Der Ruderer nahm 1976 und 1980 an den Spielen in Kanada und Russland teil und holte sich gleich zweimal Gold. Der Packebuscher bildete schon 1975 zusammen mit Harald Jährling und Steuermann Georg Spohr einen Zweier mit Steuermann. Dieses Boot konnte sich bei der Olympiaqualifikation 1976 gegen die amtierenden Olympiasieger und Weltmeister Wolfgang Gunkel und Jörg Lucke durchsetzen. Bei den Olympischen Spielen 1976 waren Jährling, Ulrich und Spohr deutlich überlegen und siegten mit fast drei Sekunden Vorsprung vor dem sowjetischen Boot. Ulrich erhielt für seine Leistungen 1976 und 1980 zudem auch den vaterländischen Verdienstorden in Silber überreicht.

Und wer weiß, wieviele Sportlerinnen und Sportler noch vor 1956 den Sprung zu den Olympiaden schaffen konnten. Vielleicht waren auch Teilnehmer/innen in den wintersportlichen Wettkämpfen dabei. Möglich ist das sogar.

Diese, und sicher noch viele weitere Informationsschätze, liegen begraben in den Tiefen des Traditionskabinetts des Kreissportbundes in Klötze. Ein Blick in die sportliche Vergangenheit lohnt sich immer und offenbart die eine oder andere Überraschung. Die Volksstimme bleibt am Ball.