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Fußball Wird die Vorfreude schnell getrübt?

Durch den Re-Start der Bundesliga kamen vermehrt Stimmen auf, dass sich diese in einer Art Sonderstellung befindet. Ein Unding - oder nicht?

Von Kevin Sager 13.05.2020, 23:01

Schönebeck l Es geht wieder los, die Fußball-Bundesliga steht in den Startlöchern und startet mit einem wahren Kracher. Das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund bildet das Highlight des ersten Bundesliga-Spieltages nach der Corona-Pause. Auch wenn von einem echten Derby nicht die Rede sein kann. Keine Zuschauer und das ganze wirkt noch leicht surreal. Ob der Ball am kommenden Sonnabend wirklich rollt? Als Sportredakteur der Schönebecker Volksstimme nimmt Sport, insbesondere Fußball, einen Großteil meines Lebens ein. Als glühender Anhänger von Schalke 04 gibt es also doppelten Grund zur Freude auf den Re-Start der Bundesliga.

Alles begann vor gut 20 Jahren mit einem Trikot von Emile Mpenza, als dieser zum Ruhrgebietsclub wechselte. Und die Liebe zum Fußball hat nie aufgehört, wurde im Gegenteil immer größer. Klamotten, Schals, Fahnen, Wimpel – alles wurde gesammelt. Die Liebe geht sogar bis unter die Haut, für Außenstehende verrückt und kaum nachzuvollziehen. Fanatismus ist wohl das richtige Wort dafür. Passend dazu fiel mir vor kurzem die DVD „Fußball ist unser Leben“ in die Hände. Der Streifen mit Uwe Ochsenknecht alias Hans Pollak und Kult-Kicker Pablo Antonio „Dios“ Di Ospeo vermittelt alles, was zu einem Leben als „positiv bekloppter Fußball-Fan“ gehört. Mit allen Ecken und Kanten. Ein Film nicht nur für Schalke-Fans, sondern für Fußballromantiker.

Reisen nach Madrid, Salzburg, Nürnberg, Sandhausen oder Freiburg standen schon auf der persönlichen Reiseroute. Aktiv reichte es hingegen nur für die Kreisliga. Daher ging es als „Schreiberling“ im Salzandkreis weiter. Freie Wochenenden werden so gelegt, dass den großen Idolen zugejubelt werden kann. Der Familienurlaub wird so geplant, dass den Schalker Knappen ins Trainingslager nach Österreich gefolgt werden kann. Fußballverrückt ist meine Familie durch und durch. Daher war die Erleichterung groß, als es hieß, dass die Bundesliga wieder startet. Gemischte Gefühle, denn Stadien besuchen ist bei Geisterspielen nicht möglich. Fußball ist mehr als 90 Minuten Spiel. Ein ganzes Wochenende kann „versaut“ werden. Sprüche von Arbeitskollegen oder Freunden inklusive. Doch das alles hat mich nicht abgehalten, immer zu meinem Verein zu stehen. Auch in der Corona-Pause.

Ich freue mich riesig auf den Beginn der Liga, auch wenn das viele nicht verstehen. Vor allem nach dem Video von Salomon Kalou, der von seinem Verein Hertha BSC suspendiert wurde, gab es für Kritiker reichlich Stoff, um gegen den Fußball zu argumentieren. Von einem Alleinstellungsmerkmal, etwas Besonderem, war die Rede. Auch zahlreiche Fanclubs sprachen sich kritisch aus, allerdings eher bezüglich des finanziellen Weges. Gehälter sind überzogen, Transfersummen weitab von gut und böse. Geld regiert schon lange den Fußball. Vereine sind Wirtschaftsunternehmen, welche Einnahmen generieren müssen. Die Kicker sind Arbeitnehmer, welche jedoch derzeit ihrem Job nicht nachgehen. Millionen andere dürfen es, von einem Alleinstellungsmerkmal ist da jedoch nicht die Rede.

Ebenfalls kritisch beäugt werden die Tests, welchen sich die Spieler der Profivereine stellen müssen. Zu hören war, dass die Kapazitäten nicht ausreichen. In den vergangenen Tagen stieg die Zahl der Corona-Tests in Deutschland, wobei die Kapazitäten nicht mal ansatzweise ausgeschöpft sind. Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) sind 40 Prozent genutzt worden. Ein Spielraum für weitere Tests ist also gegeben. Dennoch muss der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auch dafür sorgen, dass es so bleibt, also auch selbst Geld in die Hand nehmen, um weitere Tests zu ermöglichen, denn man will „nicht zulasten des Gesundheitssystems weiterspielen“, so DFB-Präsident Fritz Keller.

Ein Hygiene- und Sicherheitskonzept wurde auf die Beine gestellt mit verschiedensten Szenarien. Von der Anreise bis zu den Interviews nach dem Spiel wurde alles geregelt. Selbst wenn eine ganze Mannschaft in Quarantäne muss, wurde über Notfallpläne gesprochen. Am härtesten getroffen hat es Zweitligist Dynamo Dresden. Anders als die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat das Gesundheitsamt Dresden verordnet, die gesamte Mannschaft zu isolieren. „Und wenn jetzt 14 Tage Quarantäne angesetzt sind, dann müssen wir uns nächste Woche im Sinne des Spielplans damit befassen – und das werden wir. Aktuell bringt das unseren Zeitplan aber nicht ins Wanken. Die DFL hat an diesem Konzept lange gearbeitet - und wir haben immer betont, dass das die Gesundheitsämter vor Ort für jeden einzelnen Fall, für jedes Team bestimmen. Wir ändern aber nichts an unserem Ziel, die Saison sportlich beenden zu wollen. Ich interpretiere das nicht als Rückschlag“, sagte DFL-Chef Christian Seifert am Wochenende.

Für die fanatischen Fans des runden Leders also positiv, doch die kritischen Stimmen gegen die Bundesliga wurden lauter, denn Kitas und Schulen öffnen vorerst nur bedingt. Klar sind die Kicker Vorbilder, sollen die richtigen Werte vermitteln. Aber machen sie das nicht, indem sie ihrem Beruf nachgehen und somit dazu beitragen, dass wieder Normalität einkehrt? Die DFL hat ein klares Konzept ausgearbeitet, mit sämtlichen Szenarien. Der Plan wurde geprüft und dann mit einer Zusage versehen. Ähnlich könnte es bei Schulen ablaufen. Konkrete Pläne für den Alltag können erstellt werden. Der DFL hat es geschafft, warum schaffen es die zuständigen Gremien nicht? Und seien wir ehrlich, wenn die Kids und vier Freunde ihren Stars zujubeln können, werden sie gespannt vor dem TV mitfiebern und auch garantiert keinen Ärger machen.

Die Diskussionen werden auch nach dem Re-Start bestehen bleiben, denn ein gewisses Risiko besteht bei einem Kontaktsport wie Fußball eben. Selbst die Spieler sind sich uneinig, wie es weitergehen soll. Natürlich haben sie Angst, sich anzustecken. Folgeschäden nicht ausgeschlossen. Allerdings stehen die Profis unter genauer Beobachtung, werden mehrmals getestet, um bereits bei den kleinsten Anzeichen bestens versorgt zu werden. Das ein mulmiges Gefühl zurückbleibt, ist klar. Das kommt in mir aber auch hoch, wenn ich einkaufen gehe.

Etwas komisch ist es schon, doch die Vorfreude überwiegt. „Die Bundesliga darf wieder spielen. Ich glaube, das entspricht nicht der Realität. Was Sie da sehen werden, ist ein absoluter Notbetrieb. Der Eindruck, der erweckt wurde, die Bundesliga wird jetzt wieder so sein wie vorher, das wird nicht so sein“, äußerte DFL-Chef Seifert. Und hat damit Recht. Ich werde mich auf diese Änderungen einlassen, denn Fußball ist eben mein Leben, auch wenn die Vorfreude schnell getrübt werden kann.