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Frauenfußball Osterburger Frauenfußball zehn Jahre aktiv

Im Jahr 2001 gründete sich der Osterburger Fußballclub. Gespielt wurde um das Runde Leder aber jeher.

Von Stefan Rühling 22.06.2020, 06:00

Osterburg l In den 1990er Jahren machte auch der Frauenfußball-Boom nicht vor der Hansestadt halt.

„Da muss ich erst einmal tief graben“, sagte Doreen Melms kürzlich auf die Anfrage, woran sie sich an den Frauenfußball in Osterburg noch erinnert. Heute ist sie im Vorstand des Osterburger FC, doch schon ihr Leben vor dessen Gründung war sie eng mit dem Fußball verbunden.

Es war das Jahr 1991, als Melms – damals noch unter ihrem Mädchennamen Würke – einer Gründung beiwohnte. Sie zählte neben Heike Dinter (geborene Veit), Doreen Metzlaff (geb. Pefestorff), Ina Drehn (geb. Schulz) sowie sieben weiteren Frauen zu den Pionierinnen des weiblichen Fußballs in Osterburg. Dieser entstand mehr oder weniger aus einer Wette heraus. Die in Osterburg bei den Kickern bekannten Manfred „Manni“ Arns sowie Gundolf Wegner hatten den „Spielerfrauen“ der ersten Mannschaft des SV Eintracht Osterburg angeboten, jeder eine Kiste Sekt zu spendieren, wenn zehn Frauen sich zum Fußball-Training einfinden und aktiv werden. Für die zwei Urgesteine durfte dies ein teurer Spaß geworden sein, denn mehr als elf Frauen sorgten für den Sieg der Wette.

Natürlich war die Bedingung hinter dem Erlös, dass die jungen Frauen auch am Ball blieben, was sie auch taten und daraus entwickelte sich eine feste Truppe, deren Ehrgeiz von Training zu Training und von Spiel zu Spiel zunahm. „Dennoch stand für uns der Spaß im Vordergrund. Wir waren nicht so verbissen, wie manche Spielerin anderer Mannschaften“, erinnert sich Doreen Melms, die zu Beginn noch zwischen den Pfosten stand.

Melanie Behrendt (geb. Ruby), Doreen (geb. Epler) und Gabi Cierpinski sowie Christine Magerin, Anned Werner, Simone Wiesner (geb. Estedt) und Renate Lieprecht und Co. wurden zu Beginn von Georg Stenzel, einem echten Osterburger Urgestein, trainiert. Einmal pro Woche bat er die Frauen auf den grünen Rasen, immer sonntags wurde gespielt. „Samstag haben ja die Männer gespielt und da wir teilweise schon Familien hatten, mussten ja die Kinder betreut werden“, weiß Melms. „Die Männer haben im alten Fuchsbau immer eine schöne Kaffeerunde gemacht und nach den Spielen gab es Kuchen.“

In unserem Gespräch machte es also den Anschein, Doreen Melms war bei ihren Ausflügen in die tiefen der Vergangenheit erfolgreich. Einen ganzen Hefter von Zeitungsartikeln hatte sie – im normalen Leben Schulleiterin an einer Osterburger Sekundarschule – vor sich. „Den hat mir meine Mannschaft zum 30. Geburtstag geschenkt.“ Ihre früheren Mitspielerinnen hat sie aber mit einbezogen. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, in der ich nach Bildern und Erinnerungen gefragt habe, um mich vorzubereiten.“

In der Folge wurde der Chat mir Zeitungsartikeln gefüllt. Einer fiel Melms besonders auf: „Stenzel-Elf schockte die gesamte Konkurrenz“ stand in einer altmärkischen Tageszeitung geschrieben. Der Artikel stammte aus dem Jahr 1993, in dem die Osterburger Fußballerinnen ihren größten Erfolg feierten: Sie wurden Altmark-Meister.

Der in Turnierform ausgetragene Wettbewerb in Walsleben endete im Finale zwischen den favorisierten Gastgeberinnen und der Eintracht aus Osterburg. Zum Ende der regulären Spielzeit stand es 0:0 im Eichengrund, so dass die Entscheidung vom Punkt fallen sollte. Hier hatten die Osterburgerinnen das Glück auf ihrer Seite und setzten sich letztlich mit 4:3 durch.

Einen besseren Moment, als einen Titel, hätte es für Trainer Georg Stenzel dann wohl kaum geben können, um zurückzutreten. Die Fußballerinnen konnten – mit Ausnahme einiger Vize-Titel, aber nie mehr daran anknüpfen.

Zur Saison 1993/1994 hat dann Hubert Werner die Geschicke bei der Eintracht übernommen. Dieser fand eine Truppe vor, in der er zunächst Spitznamen üben musste, um die drei Doreens auseinander zu halten. Er übernahm auch eine Mannschaft, in der einige Handballerinnen spielten, denen es also nicht schwerfiel, sich mit dem Fußball zu bewegen. Andere wiederum, die zuvor weniger sportlich unterwegs waren, lernten beim Fußball stetig dazu.

„Bei uns hat immer jede dort gespielt, wo sie gut hinpasste“, erinnert sich Doreen Melms. „Wer gut laufen konnte, war im Mittelfeld, Frauen mit einem guten Schuss im Angriff.“ Sie selbst habe alles einmal durchlaufen: „Einmal bis in den Angriff und dann wieder zurück“, beschreibt Melms ihre Positionen. Im Jahr 1995 kam es zum großen Knall bei den Eintracht-Fußballerinnen. In einem Treffen, in dem die Vorbereitungen für die neue Spielzeit getroffen werden sollten, verkündete Werner seinen Wechsel nach Erxleben – und die halbe Mannschaft folgte ihm.

„Damals muss es Differenzen zwischen Verantwortlichen und Trainer gegeben haben. So richtig habe ich das nicht herausbekommen“, sagt Melms. „Aufgrund meines Studiums war ich in dieser Zeit auch meist nur zu den Spielen da und habe weniger mitbekommen.“ Kein Wunder, denn eine WhatsApp-Gruppe, so wie heute, gab es damals natürlich noch nicht.

Es musste nach nur zwei Jahren ein neuer Übungsleiter her. Im Ehemann von Ute Gauter, die mittlerweile auch zum Team gehörte, wurde er gefunden: Ralf. Er wurde unterstützt von Rene Strach, der noch heute über die Stadtgrenzen hinaus im Fußball aktiv ist – allerdings bei den Männern. Die Mannschaft konnte, wenn auch schwer, am Leben gehalten. Die zahlreichen Abgänge konnten nur mit erhöhtem Aufwand, Spielerinnen zu finden, kompensiert werden.

„Wir haben dann einfach kleinere Brötchen gebacken“, so Melms. „So haben wir auch schon einmal Spiele verloren – allerdings mit Würde, Anstand und Schönheit“, so die Spielerin der ersten Stunde weiter. Es war also kaum verwunderlich, dass das Team 1998 freiwillig aus der Landes- in die Kreisliga abgestiegen ist.

Aus privaten Gründen zog sich auch Ralf Gauter nach der Saison 1997/1998 von seinem Ehrenamt zurück. „Ich habe dann die Funktion der Trainerin übernommen, weil ich die Mannschaft am Leben erhalten wollte.“ Letztlich erging es dem Osterburger Frauenfußball aber ähnlich dem anderer Orte: Mangels Spielerinnen wurde es weniger. „Die nachfolgenden Generationen hatten nicht mehr so eine Gemeinschaft wie wir“, vermutet Melms als einer der Gründe für den Rückgang des Frauenfußballs in der Altmark um die Jahrtausendwende.

Denn im Jahr 2001 war das Kapitel nach zehn Jahren in Osterburg beinahe beendet. Für eine eigenständige Mannschaft reichte es nicht mehr, so dass die Eintracht eine Spielgemeinschaft mit dem Klädener SV einging. Doreen Melms hat diesen Weg nicht mehr mit bestritten, sondern zusammen mit anderen Fußballern den heutigen Osterburger FC gegründet. Doch lange hielt die Beziehung mit den Klädenerinnen auch nicht.

Was heute vom Osterburger Frauenfußball geblieben ist, sind zahlreiche Erinnerungen und Anekdoten. „Einmal haben wir in Schinne auf einem spiegelglatten Platz gespielt. Es war so kalt, dass wir alle in Feinstrumpfhosen gespielt haben“, so Melms mit einem Schmunzeln. „Einmal sind wir auch einen Tag nach dem Karneval noch mehr oder weniger geschminkt zu einem Turnier gefahren.“ Für die Strecken zu den Auswärtsspielen erhielten die Osterburgerinnen auch häufig Unterstützung vom Blumenhaus Würke, welches einen kleinen Bus zur Verfügung stellte.

Neben schönen Duellen mit Eintracht Walsleben weiß Melms auch heute noch um die Rivalität mit den Frauen aus Tangerhütte. „Die waren so etwas wie ein kleiner Angstgegner von uns. Annett Wilhelm musste man immer im Auge haben, sonst traf sie aus allen Lagen“, erinnert sich Doreen Melms.

Was aber die gesamte Zeit überlebt hat, ist die Gemeinschaft. Denn diese wird seit zwei Jahren unter dem Dach des Osterburger FC wieder wahrgenommen. „Wir haben eine Fußball-Yoga-Gruppe gegründet, in der wir auch ab und an einmal kicken.“ Ein neuer Angriff im Frauenfußball-Spielbetrieb sei aber nicht geplant.