1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Mit Notbewegungsplan Krise überwinden

Reiten Mit Notbewegungsplan Krise überwinden

Die Corona-Pandemie trifft die Reitsportler der Region mitten ins Herz. Es herrscht das Prinzip Hoffnung.

Von Simone Zander 09.04.2020, 01:01

Zerbst l  Gerade hatte die Grüne Saison begonnen und nun herrscht Stillstand. Beim Voltigier- und Reitverein Civitas Zerbst hoffen die Verantwortlichen und die vielen Nachwuchs-Voltigierer, dass sich das Leben recht bald normalisiert und die Grüne Serie noch fortgesetzt werden kann. Das Wetter passt, die Pferde stehen auf der Koppel in der Sonne und lassen sich von einer warmen Frühlingsbrise streicheln. Wenigstens eine Streicheleinheit, wenn auch nicht wie gewohnt, von den sonst vielen Vereinskindern.

Jetzt sorgen vor allem Doris und Anja Aderholz für das Wohl der Pferde, die sich mit den älteren Nachwuchs-Voltigierern abwechseln. Der VRV hat mittlerweile 55 Mitglieder, davon sind 40 Mitglieder im Kinder- und Jugendalter. Das jüngste Kind ist drei Jahre alt. „Einige der Kinder sind hier aufgewachsen und nun schon selbst als Nachwuchstrainer tätig“, sagte Anja Aderholz, die selbst zwei der fünf Voltigier-Gruppen leitet und zugab: „Man muss es ein bisschen mit Herz machen."

Leider wurde die gute Saison nach einem harten Wintertraining erst einmal auf Eis gelegt. Nun dürfen nur die Jugendlichen kommen, denn die Pferde müssen trotzdem täglich gefüttert, gebürstet und bewegt werden. Auch die Ställe sind auszumisten. Dafür hat der VRV eine „gute Seele“. „Unser Nikolaj Schukowski kommt jeden Tag, macht die Ställe sauber und kümmert sich um alles“, sagte Anja Aderholz, die dem Vereinsmitglied sehr dankbar ist. „Er macht alles, ist sehr fleißig und kennt sich mit den Pferden super aus. Wir sind hier seine Familie“, fügte ihre Mutti Doris an.

Zur Zeit müssen die Voltigierer improvisieren. „Wir haben einen Notbewegungsplan aufgestellt“, erklärte die Kassenwartin. Sie hatte einen Plan zusammen gestellt, so dass „man immer in Zweier-Gruppen auf dem Hof ist und sich nicht mit anderen begegnet“. Dabei orientierte sie sich an dem Merkblatt, das die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) als „Information zur Ausbreitung des Coronavirus: Notfallplan für Reitschulen und Pensionsställe“ herausgegeben hatte.

„Wir haben nur sechs Vereinspferde und dürfen diese mit gewissem Abstand bewegen, das geht, zumal zwei davon schon Rentner sind und jeden Tag betüddelt werden.“

Auf dem Vereins-Gelände am kleinen Wall in Zerbst ist zum Glück genügend Platz und man sieht, dass sich die Pferde Sunny, Canabis, genannt „Kalle“, Venezia, genannt „Vicky“, Ranja, Fatima und Lennox sehr wohl fühlen. Alle Sechs wurden übrigens selbst von den Trainerinnen ausgebildet, Fatima und „Vicky“ sind dort geboren. „Man hängt schon dran“, sagte Anja Aderholz und strich dem erst zurückhaltenden und dann neugierigen „Kalle“ über die Nüstern.

So versuchen die Trainerinnen ihre Pferde „zwei- bis dreimal wöchentlich zu bewegen, mit den Leuten, die halt da sind“.

„Gerade jetzt könnten wir richtig loslegen“, bedauert Anja Aderholz die Situation. „Erst hat es geregnet, da konnten wir mit den Voltigierern nicht auf den nassen Platz, zumal wir auch keine Reithalle haben. Und jetzt ist der Platz schön und jetzt dürfen sie nicht. Für die Reiter ist das nicht so schlimm. Sie können auch bei Regen reiten, aber mit den Voltigierern ist das ein schlechter Start in die Saison.“

So hatte sich der VRV Civitas schon so viel vorgenommen, wäre von Sonntag bis Dienstag zum traditionellen Ausflug nach Allrode in den Harz gereist. „Da fahren wir seit 14 Jahren hin, immer mit zirka 40 Leuten“, sagte Anja Aderholz. Heute bis zum Samstag hätte das Trainingslager in Krumke angestanden und am 18. April das traditionelle Turnier im Herrenkrug in Magdeburg. Zum Glück konnten die Fahrten ohne Kosten storniert bzw. verschoben werden. Trotz der vielen Unannehmlichkeiten drückt die Zerbsterin ein anderer Schuh: „Bauchschmerzen bereiten mir die Landesmeisterschaften, die wir ausrichten wollten. Die sollten am 20./21. Juni wieder in Prussendorf sein. Doch das steht ja nun in den Sternen.“ Und sie erklärte, dass „man ja auch vorher trainieren müsste, um an der LM teilnehmen zu können“. Ein weiterer nicht unwesentlicher Punkt ist die Sponsorensuche. „Ob wir jetzt noch an die Betriebe herantreten können, ist fraglich, denn sie haben sicher alle andere Probleme. Da will ich das gar nicht machen“, gab sie zu.

Nun müssen die Zerbster sehen, wie sie es anstellen. „Wir haben das Glück, dass wir von Lotto Toto noch etwas kriegen. Wir werden bis nach Ostern abwarten, da wollen sich alle zusammen setzen und eine Entscheidung treffen.“

Es ist bei den Pferdesportlern also, wie auch in vielen weiteren Sportarten: Alle warten auf eine Entscheidung.

Mittlerweile sind die beiden diensthabenden Jugendlichen Lena Matetzky und Amelie Specht eingetroffen. Nun werden die Pferde gestriegelt und umsorgt. Beide sind froh, dass sie diese Aufgabe ausführen dürfen. Dennoch wünschen auch sie sich, dass die Krise bald ein Ende hat, dass sich das Leben recht bald normalisiert und die Grüne Serie noch fortgesetzt werden kann.