1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. "Man sitzt nicht nur einfach auf dem Motorrad und gibt Gas"

Das Interview der Woche Endurosportler Mario Reinhold vom MC Schönebeck über Erfolge und Draufgängertum "Man sitzt nicht nur einfach auf dem Motorrad und gibt Gas"

18.08.2012, 03:21

Heute wird in Neugattersleben der vierte von sechs Läufen in der Sachsen-Anhalt-Enduro (SAE) ausgetragen. Mit dabei ist Mario Reinhold vom MC Schönebeck, der bereits seit 1982 auf zwei Rädern unterwegs ist. Sportredakteur Frank Nahrstedt sprach mit dem 46-jährigen KTM-Piloten über Draufgängertum und Erfolge.

Volksstimme: Herr Reinhold, wieso haben Sie sich für die Enduro entschieden?

Mario Reinhold: Es gab ja nicht sehr viele Möglichkeiten, was man damals machen konnte. Ich hatte aber als Jugendlicher großes Interesse daran, auf zwei Rädern unterwegs zu sein, und zwar etwas mehr als nur auf der Straße. Angefangen habe ich mit 16 Jahren bei der GST, der Gesellschaft für Sport und Technik. Damals betrieben wir Motorrad-Mehrkampf auf Serien-Maschinen. Da der Vorläufer im militärischen Bereich beheimatet war, gehörten Schießen und Handgranaten-Weitwurf zu den Disziplinen. Für die damaligen Verhältnisse war dies eine billige Möglichkeit, Motorrad zu fahren, wo auch mal etwas kaputt gehen durfte. Als ich mit dem Studium angefangen hatte, habe ich allerdings zehn Jahre pausiert. Im Jahr 1995 habe ich dann mit dem Motorradfahren wieder angefangen und bin ein Jahr später in den MC Schönebeck eingetreten.

Volksstimme: Wie sind Sie zum MCS gekommen?

Reinhold: Ich wohnte damals noch in Schönebeck. Ich kannte den Hummelberg, war dort mehrfach unterwegs, teilweise auch illegal (lacht). Das möchten natürlich weder der Club noch die Anwohner, so dass ich Mitglied wurde, um dort fahren zu dürfen.

Volksstimme: Sind Sie ein Draufgänger?

Reinhold: Als Draufgänger möchte ich mich nicht bezeichnen. Allerdings gehört eine gewisse Risikobereitschaft dazu. Das habe ich wohl in der Veranlagung. Mein zweites Hobby ist Snowboardfahren, das ist nicht weniger gefährlich. Allerdings kann ich auch über die Straße gehen und vom Auto erfasst werden. Das ist genauso gefährlich. Es kommt immer auf die Art und Weise an, wie man sein Hobby betreibt. Mit den Jahren bin ich ruhiger geworden. Das hat nicht nur mit dem Alter oder den Gebrechen zu tun, sondern mit der Tatsache, dass man anfängt nachzudenken: Man hat Familie, am Montag muss man wieder zur Arbeit gehen. Wenn man jung ist, dann fährt man einfach drauflos.

Volksstimme: Haben Sie es früher auf der Piste ¿richtig krachen\' lassen?

Reinhold: Früher gab es die Technik nicht so her, große Sprünge zu machen. Ich bin zwar gern mal gesprungen, aber im Vergleich zum richtigen Motocrosser sind diese weiten Sätze nicht mein Ding. Enduro bedeutet schließlich Zuverlässigkeitsfahren. Ziele sind das Ankommen und zur bestimmten Zeit an bestimmten Punkten sein.

Volksstimme: Sind Sie bisher immer angekommen?

Reinhold: Nein. Es gab auch schon Ausfälle, die waren allerdings oftmals technisch bedingt. Bisher habe ich nur einmal aufhören müssen, weil ich mir drei Rippen gebrochen hatte.

Volksstimme: Was hält Sie seit 1982 bei der Enduro?

Reinhold: Den größten Spaß bereitet es, die eigenen körperlichen Grenzen zu finden und vielleicht sogar einen Schritt weitergehen zu können. Der schönste Moment ist, wenn das Rennen beendet ist, wenn man ins Ziel gekommen ist und man sich selbst bewiesen hat, dass man durchgekommen ist. Die Platzierung spielt dabei keine wichtige Rolle.

Volksstimme: Sie verausgaben sich also gern. Ist der Sport ein wichtiger Ausgleich?

Reinhold: Ja, das kann man so sagen. Wobei ich das Motorradfahren früher mehr gebraucht, es intensiver betrieben hatte. Damals hatte ich mehr Zeit dazu. Es ist natürlich schön, sich auszupowern, mit Freunden unterwegs zu sein. Inzwischen endet das Training mit einem gemütlichen Bierchen und Zusammensein. Das sind auch schöne Aspekte.

Volksstimme: Welches war Ihr schönster Erfolg?

Reinhold: Die größten Erfolge waren die Siege bei der Landesmeisterschaft im Motorrad-Biathlon 2001 und 2002 in unterschiedlichen Klassen.

Volksstimme: Wie anstrengend ist Endurofahren wirklich?

Reinhold: Es ist anstrengender als es aussieht. Man sitzt nicht nur einfach auf dem Motorrad und gibt Gas. Vergleichbar ist es vielleicht mit dem Fahrradfahren, wenn man damit den Brocken erklimmen möchte und im Rucksack einen Kasten Bier mitschleppt. Es wird mit der Zeit immer schwerer. Motorradfahren hat viel mit Technik zu tun, zudem muss man sich die Kräfte einteilen. Am meisten beansprucht sind Oberarme und Beine.

Volksstimme: Haben Sie eine Lieblingsstrecke?

Reinhold: Schwer zu sagen. Ich weiß, was ich nicht gerne fahre. Das sind sandige Strecken, bespielsweise in Dolle oder in Coswig. Unsere Heimstrecke, der Hummelberg, ist eine sehr schöne Anlage, es kommen auch viele zum Training zu uns, beispielsweise aus Niedersachsen, die davon begeistert sind. Der Hummelberg ist sehr anspruchsvoll und hat sehr schöne Passagen wie den Abschnitt im Wald oder die Sonderprüfungen mit Crosscharakter. Schön ist es auch in Rumänien, wo mehrere Leute vom MCS einmal im Jahr hinfahren. In der Gegend finden die Romaniacs (ein mehrere Tage dauerndes Enduro-Event, Anm. d. Red.) statt. Das wäre mal eine schöne Veranstaltung, an der man teilnehmen könnte. Sie ist allerdings recht kostspielig. Ein Traum ist die Teilnahme an einer Rallye, beispielsweise mit dem Motorrad in Afrika unterwegs zu sein.

Volksstimme: Wieviele Rennen fahren Sie pro Jahr?

Reinhold: Das sind relativ wenige, da ich arbeitsbedingt sehr eingebunden bin. Neben der SAE fahre ich vielleicht zwei Rennen, viele Wochenenden gehen nicht drauf.

Volksstimme: Was nehmen Sie sich für die Sachsen-Anhalt-Enduro vor?

Reinhold: Ich habe das erste Rennen auf unserer eigenen Strecke leider verpasst, damals war ich noch snowboarden. Ich fahre aber bei der Enduro nicht mit, um Titel zu gewinnen. Es geht mir vornehmlich um den Spaß, darum, mich zu beweisen und mit den anderen zu messen.